Coburg - Im 19. Jahrhundert war er einer der wichtigsten Brückenbauer zwischen Okzident und Orient. Am gestrigen Freitag Abend wurde in seinem Namen der bedeutendste Coburger Literaturpreis verliehen: mit dem Friedrich-Rückert-Preis 2013 wurde der syrische Schriftsteller Nihad Siris in der Großen Hofstube der Veste Coburg ausgezeichnet.

In einem Gespräch mit der Neuen Presse betonte der Autor, dass er ganz besonders stolz sei, diesen Preis im Namen Rückerts zu erhalten. "Seit ich Coburg ein bisschen kenne, ist meine Verehrung für ihn noch gestiegen. In Coburg spüre ich Friedrich Rückert nach", versicherte Siris.

Kulturamtsleiter Klaus Anderlik und die Leiterin der Kulturabteilung, Michaela Hofmann, begrüßten neben Nihad Siris auch Jury-Mitglied Dr. Claudia Ott, die als Übersetzerin fungierte. "Ali Hassans Intrige" heißt der Roman, der die mit 7500 Euro dotierte Auszeichnung erhält. Siris schildert mit viel Witz und Ironie die Zustände in einem totalitären Staat. Angesprochen auf autobiografische Aspekte in seinem Buch erzählt Siris, dass er seit dem Jahr 2000 einer Bewegung von Intelektuellen angehörte, die die Reformierung der Zivilgesellschaft vorantreiben wollten. Ihnen wurde ein Schweigegebot auferlegt: "Die Reaktion auf dieses Redeverbot war mein Roman", blickt Nihad Siris zurück. Intensiv beschäftigte er sich mit dem Ursprung von Despotismus und Tyrannei, doch Siris betont: "Der Protagonist ist nicht identisch mit meiner Person." 2004 erschien das Buch, seit 2008 liegt eine deutsche Übersetzung vor. 2011 verließ Siris wegen der zunehmenden Repressalien sein Heimatland und lebt seitdem in Ägypten im Exil.

Seit dem Beginn des Arabischen Frühlings und der Zuspitzung der Ereignisse in Syrien wird die Literatur aus dieser Region in Europa viel stärker beachtet. Seitdem sind Übersetzungen von "Ali Hassans Intrige" ins Englische und ins Französische erschienen, eine Übertragung ins Niederländische ist in Arbeit. Zahlreiche große Zeitungen - so beispielsweise die "Neue Zürcher Zeitung" - baten Nihad Siris um Stellungsnahmen zur Situation in Syrien. Er steht eindeutig auf der Seite der Aufständischen, doch, so betont er: "Ich bin kein politischer Schriftsteller."

"Ali Hassans Intrige" ist in Syrien verboten, aber lächelnd berichtet Siris, dass die allgemein grassierende Korruption doch auch ihr Gutes habe: nur so sei es möglich, dass sein Roman in den Buchhandlungen unter dem Ladentisch erhältlich sei. Siris ist überzeugt, dass Humor und Ironie "unglaubliche Kraft und Wirkung" haben. Der Diktator umgebe sich mit Macht und Terror, "und diese Aura kann ich nur zerstören, wenn ich das Thema mit Ironie behandle."

Nach Jahrzehnten des Stillhaltens seien seine Landsleute auf die Straße gegangen. Siris: "Der Aufstand gegen Gewalt, Morden, Korruption und Bespitzelung hört nicht eher auf als bis das Regime gestürzt ist." Die Zukunft seines Landes sieht er im Aufbau einer neuen demokratischen Regierung.

"Weltpoesie allein ist Weltversöhnung", war Friedrich Rückert überzeugt. Nihad Siris versteht heute das Rückert-Zitat wie eine Prophezeiung für die gegenwärtige Situation der arabischen Poeten: "Ich danke Rückert für dieses geniale Dichterwort."

Ich bin kein politischer Schriftsteller

Nihad Siris