Coburg Die gläserne Schatzkammer

Die Kunstsammlungen der Veste Coburg präsentieren ihre hochkarätige Sammlung historischer Gläser in neuem Glanz. Veneziansiche Kostbarkeiten stehen im Mittelpunkt.

 
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Coburg - "Darum haben sich die Höfe in Europa gerissen!" erzählt
Dr. Sven Hauschke. Auch bei Fürsten kam nicht alle Tage auf den Tisch, was der designierte Direktor der Kunstsammlungen stolz präsentiert: Prunkvolle Kelche, prächtige Schalen, filigrane Kandelaber, gravierte Pokale, Scherzgläser und Trinkbrunnen - Meisterwerke aus edlem Glas, die vor allem repräsentativen Charakter trugen, zu festlichen Gelegenheiten freilich auch verwendet wurden.

Die historische Glassammlung

Die historische Glassammlung auf der Veste Coburg gehört zu den bedeutendsten ihrer Art in Europa. Ein Großteil der Objekte geht auf die Sammeltätigkeit von Herzog Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha (1844 - 1900) zurück, der als Admiral viel im Mittelmeerraum unterwegs war. Den Schwerpunkt bilden Werke des 15. bis 17. Jahrhunderts aus Venedig. Daneben sind Gläser des Barock zu sehen, die ebenfalls aus dem Besitz der Coburger Herzöge stammen dürften. Objekte des 19. Jahrhunderts sowie aus Jugendstil und Art Déco runden die Auswahl ab.

Besucher/innen der Veste Coburg mussten zwei Jahre lang auf ihren Anblick verzichten, doch dafür erwartet sie nun eine umso apartere Dauerausstellung: Die völlig neu gestaltete "Schatzkammer Glas" bietet den rund 700 Exponaten aus der insgesamt etwa 2000 Objekte zählenden Sammlung historischen Glases einen ebenso würdigen wie einladenden Rahmen: "Wir können die Bedeutung der Sammlung durch die Architektur und Inszenierung jetzt sichtbar machen", freut sich Hauschke. Dafür wurde der einstige Kongresssaal restauriert und der bislang als Lager genutzte Vorraum mit seinen Säulen in seinen früheren Zustand versetzt.

"Solche Räume sind der Traum jedes Gestalters" schwärmt Josef Starkl, der für das neue Design verantwortlich zeichnet. Der Innenarchitekt hat bereits mehrere Ausstellungsbereiche der Kunstsammlungen neu gestaltet, auch das Europäische Museum für Modernes Glas in der Rosenau trägt seine Handschrift. Eine feinsinnige Handschrift, wie Dr. Klaus Weschenfelder, der scheidende Direktor der Kunstsammlungen, anmerkt: "Er rückt die Gestaltung nicht in den Vordergrund", arbeitet subtil mit Licht und Farbe, Blickachsen und Proportionen. Und kümmert sich um die "Laufkundschaft" ebenso wie um den interessierten Gast, der an vier Medienstationen historische Hintergründe erfahren kann.

Hightech ist allgegenwärtig, aber gut verborgen: Der Betrachter ahnt nicht, wieviel modernste Technik - für Brandschutz, Klimatisierung, Schadstofffilterung - sich in der "aufgeräumten" Präsentation verbirgt, die die fragilen Schätze dezent ins rechte LED-Licht taucht. "Es gibt weltweit keine eleganteren und filigraneren Vitrinen" bemerkt Starkl mit Blick auf die maßgefertigten Schaukästen, in denen die Objekte unter optimalen Bedingungen anschaulich gezeigt werden.

Den veränderten Sehgewohnheiten des Publikums tragen die Ausstellungsmacher dabei Rechnung: "Zuviel überfordert die Besucher", weiß Hauschke, der deshalb auf Klasse statt Masse setzt, und lieber das eine oder andere sehenswerte Stück im Depot lässt, um andere umso wirkungsvoller in Szene setzen zu können. So demonstrieren zwei Schaubüfetts, wie repräsentative Gläser einst bei Hofe drapiert wurden.

Erstmals laden Einzelvitrinen dazu ein, sich mit den Highlights der Schau intensiver zu befassen. Die mittelalterliche Moscheelampe (deren Pendant im British Museum in London steht) erzählt bei näherer Betrachtung von der Kunstfertigkeit der Restaurateure, die sie aus 40 Scherben wiederherstellten. Und von der Sorgfalt koptischer Mönche, die sie einst von den aufgetragenen Suren "befreiten".

Eine "Solo-Bühne" ist auch der in ihrer Größe einzigartigen Millefiori-Kugel vorbehalten, auf der die Bronzefigur, eine "Mohren", thront. Sie gehört zum "Kernschatz" der Coburger Sammlung, dem Venezianischen Glas. Neben frühen, emaillierten Schalen und Tellern sowie Achatgläsern zählt dazu auch der geschickt illuminierte Kronleuchter, der als "Hingucker" die Besucher in die Schatzkammer lockt.

Unweigerlich fällt ihr Blick dabei auf den Star der Schau, dem ein Ehrenplatz ganz am anderen Ende gebührt. Es lohnt, ihn aus der Nähe zu betrachten, denn dieser Herr ist aus Glas: Das Porträt von Prinz Albert wurde 1865 aus mosaizierten Glassteinen in der Werkstatt von Antonio Salviati, der dem venezianischen Glas im 19. Jahrhundert zu einer Renaissance verhalf, gefertigt. Das nach einer Fotografie gestaltete Mosaik fand wohl keinen Käufer, wurde 2005 schließlich versteigert und kam über einen britischen Kunsthändler nach Coburg, wo es an historisch idealer Stelle nun erstmals und dauerhaft öffentlich gezeigt wird.

Der Weg durch die Ausstellung führt von der Antike bis in die Moderne und vom Orient bis nach Thüringen. Hier entstanden beispielsweise die geschnittenen und gravierten Barockgläser und Pokale vom Hofe Herzogs Friedrich II. von Sachsen-Coburg und Altenburg (1676 - 1732). Bildergeschichten aus dem Fichtelgebirge erzählen die "Ochsenkopfhumpen", die neben Reichsadler- und Kurfürstenhumpen den Bestand barocker Emailgläser vertreten. Über den Biedermeier-Becher und die Pâte de Verre-Vase aus dem Jugenstil spannt sich der Bogen bis zur Studioglasbewegung des 20. Jahrhunderts. Aber das ist eine andere Geschichte - und die wird bekanntlich in einer anderen Schatzkammer ebenso faszinierend erzählt: Im Europäischen Museum für Modernes Glas in Rödental.

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