1975 zog Sigi Hirsch nach Coburg und arbeitete als Verlagsleiter beim Coburger Tageblatt . 1981 übernahm er die Albrecht’sche Hofbuchhandlung, verfiel dem Reiz alter Bücher, eröffnete ein Antiquariat in der Steingasse, wurde zum Experten für Coburgensien und schließlich selber eine. Jeder kannte ihn, den quirligen Macher mit dem Berliner Akzent.
Dabei blieb es auch, als er 1996 weiterzog nach Bamberg: "Da hatte ich mehr Kunden aus Coburg als vorher", witzelte Hirsch. 1999 gelang ihm ein außergewöhnlicher Fund. Er entdeckte und erwarb ein Album, das die englische Königin Queen Victoria für ihre Erzieherin Baronin Lehzen zusammengestellt und dieser zum Abschied geschenkt hatte. Darin waren unter anderem Zeichnungen und abgeschnittene Haarlocken sowie Hochzeitsandenken der Queen enthalten. Der Coup verschaffte Hirsch überregionale Publicity - und ein Date im Hause Windsor.
Nach einem Schlaganfall wagte Sigi Hirsch 2002 einen Berufswechsel. Beim Bamberger Impro-Theater wurde sein Bühnentalent entdeckt und der spätberufene Spaßmacher stürzte sich als Kabarettist mit "surrealem Nonsens" in die Kleinkunstszene. Er trat mit Solo-Programmen ("Bitte nicht küssen - Anleitung zur erotischen Unzufriedenheit") und bei Lesungen auf und nahm an Poetry Slams teil. Zudem war er Moderator des Poetry Slams Coburg.
2004 gewann Sigi Hirsch den Krimi-Slam beim Krimifestival München, 2006 nahm er als Finalist im Team-Wettbewerb der deutschsprachigen Poetry Slam-Meisterschaften in München teil. Ab 2004 betätigte er sich zudem als Maler und nahm an zahlreichen Ausstellungen teil. Er verfasste mehrere absurde Kriminalromane ("Ich hab so Sehnsucht nach Gewalt") und veranstaltete in seiner Poetry Art-Galerie in Bamberg die Lesebühne "Wort:Laut!".
Sigi Hirsch war ein kreativer Künstler, der Zeit seines Lebens zahlreiche und herzliche Freundschaften pflegte, darunter zu Musikern und Schriftstellern wie Uwe Timm, Konstantin Wecker und Gunter Gabriel, dessen ersten öffentlichen Auftritt er organisiert hatte. Neben seinem künstlerischen Schaffen wird vor allem seine Lebensfreude und sein Humor in Erinnerung bleiben, den er sich auch in den letzten drei Jahren bewahrte, als er unter einer unheilbaren, chronischen Lungenerkrankung litt.
Oder wie es der Bamberger Schriftsteller Thomas Kastura in einem Beitrag auf Facebook treffend formuliert hat: "Sigi war einer der heitersten, liebenswürdigsten und versöhnlichsten Menschen, die ich je kennenlernen durfte. Er hat mein Leben in einer Weise bereichert, die schwer in Worte zu fassen ist."
Frank Gundermann / Dieter Ungelenk