Zu fragen bin ich da, nicht zu antworten" sinnierte schon Henrik Ibsen, was ihm die Sympathien ganzer Schülergenerationen eingetragen haben würde - hätten ihnen arglistige Lehrer dieses Diktum nicht vorenthalten. Noch einen kühnen Schritt weiter geht der österreichische Autor Robert Seetaler mit dem Bonmot "Wir kommen nicht auf die Welt, um Antworten zu finden, sondern um Fragen zu stellen", das er vorsichtshalber dem wehrlosen Sigmund Freud in den Mund legte, um nicht selbst dafür haftbar gemacht zu werden. Denn dem großen Satze wohnt ein paradoxer Zauber inne, auf dem man tagelang herumdenken kann, ohne zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen.

Immerhin bringt die Sentenz sehr prägnant das Geschäftsmodell einer Firma auf den Punkt, die von der Wissbegierde ihrer Kunden lebt, und das gar nicht schlecht: Google. Drei Milliarden Fragen prasseln täglich auf den Info-Dealer ein und geben zuverlässig Auskunft über die Fragesteller - sowie den mentalen Zustand der Spezies Mensch.

Der soeben veröffentlichte deutsche Google-Jahresrückblick 2019 wartet diesbezüglich mit erhellenden bis erschütternden Informationen auf: Gewalt (Rebecca Reusch) und Katastrophen (Notre Dame) verwiesen den Sport (Handball-WM) auf Platz 3 der Suchanfragen - was nicht wirklich überrascht. Dass die Charts der meistgegoogelten Persönlichkeiten Greta Thunberg (Klima) vor Evelyn Burdecki (Dschungelcamp) anführt, deutet jedoch auf eine ernste Krise der Spaßgesellschaft hin. Eine erschreckende Entfremdung zwischen Mensch und Automobil offenbart die in den Top-10 der Was-Fragen auftauchende Recherche: "Was heißt SUV?", während die meistgestellte Wo-Frage von der konfessionellen Zerrissenheit der Republik zeugt: "31.10 - Feiertag wo?".

Die wirklich essenziellen Fragen des Seins fehlen auch in diesem Jahr im Google-Ranking und

werden sorgsam unter Verschluss gehalten, obwohl sie jeder kennt:

1. Was haben die Briten im Tee?

2. Warum stehe ich immer in der langsamsten Warteschlange?

3. Wieso mästen wir freiwillig eine monströse Datenkrake?