Er sieht sich als „zeitkritischen Nomaden“ oder auch als „eingebürgerten Ersatz-Teutonen“, einer, der – wie er selbst sagt – „sprachlich wahrscheinlich nirgendwo zu Hause ist“. Die Rede ist von Ota Filip, der 1930 in Schlesisch-Ostrau (heute Tschechien) geboren wurde. 1974 wurde er mit seiner Familie aus der Tschechoslowakei ausgewiesen und lebt seitdem als freier Schriftsteller in Oberbayern.

Am Sonntag war Ota Filip im Rahmen der Reihe „Kultursonntage in der Alten Vogtei“ in Burgkunstadt zu Gast. Bevor der Schriftsteller einige seiner Romane vorstellte, las er zwei Texte, die sich kritisch-ironisch mit Leben und Schreiben im Exil auseinander setzen. In „Ohne meine Heimat“ bekennt Filip, dass ihn, wenn er deutsch schreibt oder liest, bisweilen eine metaphysische Angst befällt, sein Tschechisch zu verlieren, es ihm umgekehrt aber genauso geht. Und so hält er inzwischen seine beiden Sprachen für Fremdsprachen.

In dem Essay „Oh Du mein liebes fremdsprachiges Land“ wird das Exil-Thema mit pointierter Ironie behandelt. Hätte ihn der Schöpfer vor seiner Geburt gefragt, wo er zur Welt kommen wolle, so hätte er für die Toscana oder Kalifornien, für die Schweiz oder Wien votiert, aber nicht für Mähren, bekennt augenzwinkernd Ota Filip, der von sich sagt: „Ich bin zu Hause in der Fremde.“ Bei all jenen, die sich auf die tiefe Verwurzelung zu ihrer Heimat berufen, fragt er sich, ob dies nicht vielmehr Angst vor der weiten Welt ist.

Was das Thema Exil angeht, so wehrt sich Ota Filip gegen Pathos und hohle Phrasen. Ota Filip weiß, dass das Exil oftmals als Grund fürs Scheitern herhalten muss: „So mancher literarische Messias kann sich als Gescheiterten inszenieren“, bemerkt er böse und betont, dass keiner gezwungen wurde, Deutschland und somit die deutsche Sprache für sein Exil zu wählen. Und seine kritische Abrechnung mit in Deutschland lebenden Exil-Schriftstellern gipfelt in der Feststellung: „Ich will kein Istanbul in Berlin, kein Kurdistan am Rhein. Ich will als Ausländer so leben wie mein deutscher Nachbar!“.

Mit Auszügen aus seinen Romanen „Die Sehnsucht nach Procida“, „Café Slavia“ und „Der siebente Lebenslauf“ gab Ota Filip einen kleinen Einblick in sein reiches literarisches Schaffen. Zum Schreiben kam er aus Langeweile, denn der Zeitungs- und Rundfunkredakteur wurde als „bourgeois-dekadentes Element“ von 1960 bis 1967 zum Hilfsarbeiter degradiert. In dieser Zeit begann er den Roman „Café an der Straße zum Friedhof“, für den er 1967 den Großen Preis der Stadt Ostrau erhielt. 1969, ein Jahr nach der Okkupation des Landes, wurde er wegen „Unterwühlung der sozialistischen Gesellschaft“ zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt. Bis zur Ausweisung 1974 arbeitete er dann als Möbelmonteur, Lastwagenfahrer und Bauarbeiter.

Und so ist es denn kein Wunder, dass Ota Filip am Ende dieses literarischen Nachmittags in Burgkunstadt bekennt: „Ich habe von der Geschichte die Schnauze voll. Ich wünsche mir nur, dass sie mich in Ruhe lässt!“