Coburg Gehobener Verbal-Unsinn

Gehobener Verbal-Unsinn Quelle: Unbekannt

Improvisieren und höchst amüsant dumm schwätzen: Die Redner des ersten Powerpoint-Karaoke beherrschen es perfekt und werden begeistert gefeiert.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Coburg – Nun, wahrscheinlich haben Sie, werter Leser, auch nur eine geringe bis gar keine Vorstellung davon, was es mit der Varroaproblematik, den chladnischen Klangfiguren oder der Murpel auf sich hat. Es mag noch bekannt sein, dass die Varroamilbe ein bienenähnliches Insekt ist, das dem zufolge auch Honig produzieren könnte (oder stimmt auch das schon nicht mehr?), aber was sie, laut Fabian Eckstein, mit dem Haupt-Trump-eltier Donaldus zu tun hat, das es als Parasit auf alles abgesehen hat, das ist gewiss den meisten von Ihnen fremd.

Doch - neben Wikipedia - gibt es nun "Aufklärung" auch in Coburg: In der Kneipe "Toxic Toast" fand unter der Moderation von Kai Lanzke "der abgefahrenste VHS-Kurs dieses Semesters" statt: Powerpoint-Karaoke. "Improvisationstalent, Mut, Kreativität, rhetorische Fähigkeiten und natürlich Humor", dies sind die Eigenschaften, die Lanzke den Rednern zuschreibt und die sie vorweisen sollten. Fünf furchtlose Verbalgladiatoren und eine Quotenfrau, die kurzfristig erkrankte, haben sich für die Premiere angemeldet, das "Toxic" ist brechend voll, die Neugierde seitens des Publikums groß. Unter den Bühnenhelden wird die Auftrittsreihenfolge genau wie das Thema, ausgelost. Dann erhalten sie sieben Minuten Redezeit und dürfen zu Folien, die mit Stichpunkten und Fotos versehen sind, los schwätzen. Sinnlos, komisch und unterhaltsam. Für die Auswahl der ungewöhnlichen, und an sich schon zum Lachen reizenden, Themen zeichnen Oliver Heß, Programmbereichsleiter Kultur der Coburger VHS, und Moderator Kai Lanzke verantwortlich. Die beiden hatten Powerpoint-Karaoke in Erfurt gesehen und wollten das Spektakel nun auch in die Vestestadt bringen. Und dies gelang mit einem Bombenerfolg.

Denn wer konnte schon ahnen, dass "chladnische Klangfiguren" schon immer die Welt bewegten und neben der Überflutung des Nils das größte Problem der alten Ägypter darstellten? "Unter Einsatz seines Lebens" macht sich Matthias Ertl mit Erich von Däniken auf zum Fotografieren der Artefakte und trifft auf Hieroglyphen....

Da liegt die Lebensgeschichte der "Murpel" doch wahrlich näher an der heutigen Zeit, obwohl "aus kunsthistorischer und sozialer Betrachtung" es durchaus seltsam anmutet, den "Murpel" (auf der Folie ein knuddeliger Teddy) als engen Vertrauten Sigmund Freuds zu sehen, der auch noch kuscheliger und puscheliger Vorreiter der Kunst Salvador Dalìs wurde. Bernd Frittrang kann aufklären (und die Zuhörer vor Lachen von den Stühlen kullern lassen).

Ganz nahe am alltäglichen Wahnsinn gestaltet sich Nicholas Bartons Vortrag über Füße, deren Hygiene und den fünf Anhängseln. Was banal und profan erscheinen mag, entpuppt sich als das zentrale Sujet, denn wer hätte schon gedacht, dass Hornhaut und Fersenrisse durchaus etwas mit dem trockenen Sommer zu tun haben? Nicht verzagen; Barton fragen: Er hat die passenden Tipps zur Fußhygiene auf Lager.

Dass Schlaf und vor allem fehlender, oftmals mit Problemen verbunden ist, ist an sich nichts sensationell Neues, dass dies vor allem die Frauen betrifft, die seit der Emanzipation "nicht mehr den ganzen Tag rumschlafen können, weil sie arbeiten", dürfte allerdings das überraschende Ergebnis einer sehr sinnfreien, von Ula Aqualioglu "durchgeführten", Studie sein, die zudem auf die Könige früherer Zeiten zurückgeht. Damals wurden diese von Aliens mit Planeten beworfen, nachdem sie sich im Reich der Träume befanden.

Da ein Rednerplatz krankheitsbedingt frei wurde, gab es die Chance für weitere tapfere Impro-Schwätzbasen, die Bühne zu erobern. Tim Westhäuser machte davon Gebrauch und erklärte die Funktionen der Kakaofrucht, wobei er besonderen Bezug auf deren spirituelle und kulturelle Bedeutung für die Kuna-Indianer nahm. Hätten Sie gewusst, dass man Kakao rauchen muss, damit er seine volle Wirkung entfalten kann?

Auch er bietet einen weiteren Angriff auf die Lachmuskeln, die an diesem königlich amüsanten Abend nicht zum Entspannen kommen. Quatsch, Klamauk und Komik pur und dies auf sinnentleertem und doch gehobenem Niveau. Lachtränen kullern über die Gesichter, die "Schaulustigen" applaudieren begeistert und müssen den Sieger küren. Wer den kräftigsten Beifall erhält, bekommt Ruhm und Ehre und – einen aufblasbaren Pokal. Die Entscheidung fällt schwer, das Ergebnis ist knapp, doch am Ende steht Bernd Frittrang, Leiter der Logopädie an der Coburger Medau-Schule und sein Vortrag über die "Murpel" als Ober-Quasselstrippe fest. "Meine Schüler sind sicher nicht überrascht", meint er trocken, "ich mache vor ihnen ja den ganzen Tag nichts anderes." Und fügt noch einmal ernst hinzu: "Dies ist eine sehr begrüßenswerte Veranstaltung, ich hoffe, dass sie noch öfter stattfindet."

In die zweite Runde geht es am 16. Januar. Anmeldung bei: Oliver Heß

Telefon: 09561/8825-60 oder Mail: oliver.hess@vhs-coburg.de

Autor

Bilder