Coburg - "Nichts als ein Mensch" lautet der Titel eines Gedichts von Doris Marr-Plasil, und es erzählt in schlichten klaren Worten von einer Haltung, die aus der Mode zu geraten droht. Es ist eine Demut ohne Pathos, ohne theatralische Geste - und ohne esoterischen Beigeschmack. "Tritt ein..." appelliert das Cover des ersten Büchleins der Coburgerin, und wer der Einladung folgt, begibt sich in den Gedanken- und Gefühlskosmos einer lebensweisen Frau, die sich und die Welt mit hellwachen Sinnen wahrnimmt und reflektiert.

Aus ihrer Lyrik spricht eine freudige Wertschätzung des Lebens, die auf der bewussten Erfahrung der Höhen und Tiefen des Daseins und dem gelassenen Wissen um seine Endlichkeit gründet: "Wenn ich den langen Weg gegangen bin / und komm' am Ende an / möcht' ich zufrieden sein mit dem, / was um mich und was in mir war / woran ich denken kann" .

Auch Melancholie, Trauer, Schmerz und Resignation haben ihren Platz in den Gedichten und Sinnsprüchen der 74-Jährigen, doch immer wieder keimt Hoffnung auf und der Wille, die Herausforderungen anzunehmen und das Leben in seiner ganzen Widersprüchlichkeit auszuschöpfen. Nicht von ungefähr liegt der Autorin ihr Gedicht "Sommergewitter" besonders am Herzen, zu dem sie von Vivaldis "Vier Jahreszeiten" inspiriert wurde: Mit feinem Sprachgefühl beschreibt sie das dramatische Naturschauspiel als Metapher auf die Wechselfälle des Lebens.

Aus sensiblem Naturerleben speisen sich viele Poeme Doris Marr-Plasils, und sie versteht ihre Wahrnehmung nicht nur in Worte zu kleiden: Stimmungsvolle Farbfotos illustrieren die Gedichte, mit Gespür für Atmosphäre fängt die fotografierende Autorin das Erwachen der kleinen Stadt ebenso ein wie das Gefühl der Verlassenheit oder tiefer Liebe.

Die Kreativität wurde Doris Marr-Plasil gewissermaßen in die Wiege gelegt, die 1942 in Halberstadt stand. Beide Elternteile waren Schauspieler, ihr Vater nach dem Krieg auch als Sänger am Coburger Landestheater engagiert. "Von ihm habe ich die Begabung zum Malen und Schreiben bekommen", sagt die Autorin. Mit 15 Jahren begann sie mit dem Schreiben, zum Publizieren fehlte freilich die Zeit: "Es hieß, eine große Familie durchs Leben zu bringen, für viele Enkelkinder da zu sein und in ,Notzeiten' einzuspringen".

Im vergangenen Jahr holte sie ihre "Sachen" aus der Schreibtischschublade und stellte sie spontan bei einer Lesung der Coburger Autorenvereinigung "Schreibsand" öffentlich vor. Nicht nur die Reaktion des Publikums war ermutigend: Auch der Sonnefelder Iatros-Verlag, wurde hellhörig. Ein halbes Jahr später liegt nun das Lyrikbändchen vor, das ganz aufrichtig vom Menschsein und -bleiben erzählt. Nicht mehr, und nicht weniger.

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Doris Marr-Plasil: Tritt ein...

Iatros-Verlag, ISBN: 978-3-86963-017-5

78 Seiten, 12 Euro. Erhältlich in der Buchhandlung Riemann, Coburg