Coburg - Jean Paul kann mehr als zufrieden sein mit seinen Coburgern, mit denen er doch gerade mal 15 Monate seines Lebens teilte. Seit seinem 250. Geburtstag am 21. März haben sie seiner nach Leibes- und Geisteskräften gedacht, nicht nur mit warmen Worten und kaltem Bier, sondern auch mit kundigen und (ganz wichtig!) nicht immer ganz bierernsten Betrachtungen, kunstfertigen Illustrationen und theatralischen Reflexionen seines Werkes und Wirkens als Sprachakrobat, Gehirnkitzler, Pädagoge, Heilkundler und Womanizer. Wenn denn etwas fehlen sollte, so ist es die Gedenktafel an jener Hauswand nahe des Steintores, gegen die der trinkfeste Tausendsassa am Neujahrsabend 1804 in seiner Not grob ordnungswidrig sein Wasser abschlug.

Gleichwohl: Viele dürften in diesem Jahr, ermutigt von des Dichters plötzlicher Allgegenwart, erstmals zu einem seiner ehedem sehr populären Werke gegriffen haben, und so manchem mag es dabei ergangen sein wie Gertrud Plescher: "Ich habe angefangen zu lesen, nichts verstanden und es weggelegt." Doch die Coburger Künstlerin, als gebürtige Hoferin gewissermaßen Landsfrau des Lehrerssohnes aus Wunsiedel, gab nicht auf, fand über Sekundärliteratur doch noch den Schlüssel zu Jean Pauls fabulösen Romanen, die sie mittlerweile "liest wie ein normales Buch".

Skurriler Kosmos

Die Ergebnisse ihrer sichtlich inspirierenden Lektüre sind nun in der Coburger Stadtbücherei zu bewundern. Acht Monate, nachdem hier mit Radierungen von Stephan Klenner-Otto das Jean-Paul-Jahr für Coburg eingeläutet wurde, begann pünktlich am 188. Todestag des Literaten an selber Stelle des Gedenkens letzter Akt: 43 Zeichnungen, Gemälde und exzellenten Radierungen von Gertrud Plescher beschwören bis zum 23. Dezember auf drei Etagen nicht nur titelgebend das vom Ergrauen bedrohte "Himmelblau in uns".

Vielfältig sind die Stile, variantenreich die Techniken, in denen die mittlerweile pensionierte Kunsterzieherin Zitate von und über Jean Paul bildlich umsetzt. Mal realistisch, mal fantastisch, mal abstrahierend durchstreift sie den skurrilen Kosmos des kauzigen Fabulierers und seinen "immerblühenden Zaubergarten der Gedankenwelt". Einfühlsam erfüllt sie sein Postulat: "Nicht ist schwerer, als einen Gegenstand der Betrachtung ... zu einem Gegenstand der Empfindung zu machen". Ganz im Geiste des Dichters ("Bücher sind die stehende Armee der Freiheit") lässt Plescher eine friedfertige literarische Kompanie keineswegs in Reih' und Glied antreten, und mit Vergnügen greift sie Jean Pauls Sottisen über Hof auf, "wo ich das Schlimmste gelitten habe und das Beste geschrieben". Auch in bewegten Bildern feiern Gertrud Plescher und ihr Mann Karl Fahnler Jean Paul: Die filmische Hommage stand allerdings zur Vernissage noch nicht zur Verfügung und wird nachgereicht. Dafür begaben sich Autoren der vhs-Schreibwerkstatt auf Jean Pauls Fährte und präsentierten fantasievolle eigene Deutungen seiner Romantitel.

Dass die Jean Paul-Litfasssäule, die seit 21. März vor der St.-Morizkirche stand, Coburg erhalten bleibt, verriet der Leiter des Kultur- und Schulamtes, Klaus Anderlik: Vor der Jean-Paul-Schule erhält sie ihren dauerhaften Ehrenplatz. Einweihung: pünktlich am 21. März 2014 - dem 251. Geburtstag.