Coburg - Mit einem Paukenschlag wird am 24. September der Coburger Bücher-Herbst eröffnet: Der renommierte Historiker Christopher Clark stellt seinen Weltbestseller "Die Schlafwandler" vor. Die Veran-
staltung, die um 20 Uhr im Saal
des Gemeindezentrums St. Augustin beginnt, ist ein Gemeinschaftsprojekt der Buchhandlung Riemann und der Initiative Stadtmuseum Coburg e.V.

In einem Pressegespräch stellten die Verantwortlichen gestern Vormittag den Autor und sein Werk vor, nicht ohne auf die Bedeutung eines Stadtmuseums für Coburg hinzuweisen. Seit 20 Jahren setzt sich der gemeinnützige Verein für die Realisierung ein, doch ein Domizil für die umfangreiche Sammlung und die Archive gibt es bislang nicht.

"Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog" lautet der Untertitel von Clarks Sachbuch. Auf über 800 Seiten legt der Historiker die vielschichtigen Entscheidungsprozesse offen; er entwirft ein breit gefächertes Panorama des Vorkriegseuropas und versucht, das Geflecht der ständig wechselnden Machtverhältnisse innerhalb Europas zu entwirren. Was dieses Buch auch für Laien durchaus lesenswert, ja unterhaltsam macht, sind die fast belletristisch anmutenden Kapitel, in denen der Autor die damals handelnden Personen anschaulich beschreibt.

Der große Erfolg der "Schlafwandler" vor allem in Deutschland ist sicher auch darauf zurückzuführen, dass Christopher Clark die lange Zeit als sakrosankt geltende Schuldzuweisung an Deutschland einer differenzierenden Betrachtung unterzieht. Dies wurde und wird in Talkshows und Feuilletons ausgiebig diskutiert und wird sicher auch bei der Coburger Veranstaltung das "Salz in der Suppe" sein: Nach Christopher Clarks Vortrag und einer kurzen Pause besteht die Gelegenheit, mit dem Autor - der übrigens fließend Deutsch spricht - ins Gespräch zu kommen.

"Der Erste Weltkrieg ist das Schlüsseldatum der Geschichte des 20. Jahrhunderts", betonte Rupert Appeltshauser bei der Pressekonferenz, und der Vorsitzende der Initiative Stadtmuseum Coburg verweist denn auch gleich auf eine Ausstellung, die man für das kommende Jahr im Foyer des Staatsarchivs plant und die sich mit dem Ersten Weltkrieg in Coburg und der Region beschäftigen wird: Die große Weltpolitik wird aus der Anonymität gehoben, wenn man sie auf die lokale Ebene projiziert. Dr. Hubert Habel und Andreas Lindemann, Appeltshausers Mitstreiter in Sachen Stadtmuseum, heben die enge verwandtschaftliche Verknüpfung des Coburger Herzogshauses zu den Monarchien Europas hervor und bekräftigen, dass man zum Aufarbeiten von Geschichte die genauen Details brauche. "Clark nimmt die europäischen Mächte in den Blick, wie sie als Schlafwandler in die Katastrophe getaumelt sind", fasst Dr. Habel zusammen und ergänzt: "Durch den kritischen Blick auf die anderen Mächte relativiert Clark die Schuldzuweisung an Deutschland."

Donnerstag, 25. September, 20 Uhr, Gemeindezentrum St. Augustin. Eintrittskarten sind im Vorverkauf zum Preis von zehn Euro (für Schüler und Studenten ermäßigt fünf Euro) in der Buchhandlung Riemann erhältlich, an der Abendkasse kostet die Karte 13 Euro.

Es ist ein durchaus kontroverses Buch.

Hubert Appeltshauser, Initiative

Stadtmuseum Coburg e. V.

Clark relativiert die Schuldzuweisung an Deutschland.

Dr. Hubertus Habel, Historiker

Der Autor

Christopher Clark wurde am 14. März 1960 in Sydney geboren. Er studierte Geschichte in Sydney, der FU Berlin und in Cambridge und wurde 1991 in Cambridge promoviert; seitdem lehrt er Europäische Geschichte an der dortigen Universität. Clark ist Experte für preußische Geschichte: Für sein Buch "Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600-1947" wurde er vom historischen Kolleg ausgezeichnet. Seine Biografie über Wilhelm II. ("Wilhelm II. Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers") fand in der Fachwelt ebenfalls große Anerkennung. 2013 erschien "Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog" in Deutschland, wo es bislang über 200 000 Mal verkauft wurde.