Feuilleton It'z Jazz: Meisterhafte Klangmaler im Landestheater

Draußen wärmt der Glühwein, drinnen die glutvolle Weltmusik: Quadro Nuevo eröffnet das Festival It’z Jazz im Landestheater.

 
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Coburg - Ein Hauch von Schlossplatzfest - und eine Duftnote vom Weihnachtsmarkt: Glühwein gibt’s am Bierstand, und die Gäste greifen dankbar zu. Allzuviele sind es nicht, die da am regnerischen Freitagabend unter den Partyzeltdächern vor dem Landestheater auf den Start ins It’z Jazz-Festival anstoßen. Aber Peter Aisher lässt sich davon nicht entmutigen: Mit geschmeidigen Standards aus dem Great American Songbook stimmt er das Publikum auf das swingende Wochenende ein - ohne einen einzigen Ton zu singen: Der lyrische Tenor zeigt diesmal sein Talent als Barpianist. Und seinen britischen Humor: "Stormy Weather" passt doch recht gut zur schauerlichen Wetterlage.

Die trübt den weiteren Verlauf des Abends nicht, denn das Landestheater ist (noch) wasserdicht und zu den betörenden Klängen von Quadro Nuevo wird einem ohnehin rasch warm ums Herz. Der VW-Bully, der startklar für "Globe Songs" (deren für Samstag geplante Premiere aus Krankheitsgründen verschoben werden musste) auf der Bühne parkt, passt prima zu dieser polyglotten Band, die mit offenen Sinnen durch die Musikwelt reist und ihre Inspirationen auf allen Kontinenten sammelt.

Oft schon war das Quartett in seiner fast 25-jährigen Erfolgsgeschichte im Coburgischen zu Gast, auch in anderen Konstellationen jazzt der Bandgründer und Saxophonist Mulo Francel immer mal wieder im "Leise am Markt", zuletzt unmittelbar vor dem Lockdown im März. Gern ließen sich die Vier nun von Antoinetta Bafas ins schönste Haus der Vestestadt locken, zu einem recht kurzfristig arrangierten Abend, wie man ihn in diesen Zeiten erst richtig zu schätzen lernt: "Kein Live-Stream, ein richtiges Konzert mit richtigem Publikum!", freut sich Mulo Francel, und auch die Fans im "Corona-ausverkauften" Haus sind spürbar beglückt von diesem Start in den Kulturherbst.

Sanfter Edel-Samba (aus der Feder des Bassisten und Perkussionisten D. D. Lowka) stimmt sie ein auf eine Reise durch sonnige Gefilde; maghrebinisches Flair und exotische Aromen liegen in der Luft, mediterrane Leichtigkeit wechselt mit südamerikanischer Melancholie, jedes Lied beschwört neue Stimmungen, Assoziationen, Erinnerungen, Sehnsüchte.

Die Musiker sind meisterhafte Klangmaler und Geschichtenerzähler mit Gespür für Spannung und Dynamik. Mit Saxophon und Klarinette, sechssaitigem Kontrabass und internationaler Perkussion, mächtigem Akkordeon und kuriosem Vibrandoneon sowie Klavier (statt der Harfenistin Evelyn Huber ist bei diesem Programm der Pianist Chris Gall an Bord) zaubern sie intensive Atmosphären von hypnotischer bis euphorisierender Wirkung.

Es ist Teamwork in Vollendung, was dieses eingespielte Ensemble auszeichnet, die virtuosen Soli sind nie eitler Selbstzweck, sondern die jazzige Seele der Songs.

Dass zwischen dem neapolitanischen Canzone und der orientalischen Rhapsodie der argentinische Tango nicht zu kurz kommt, versteht sich, schließlich haben die Musiker seine Wurzeln in Buenos Aires erkundet. Und so zelebrieren sie mit Humor und Hingabe das Klang gewordene Lebensgefühl, dem sie ein eigenes Album gewidmet haben.

Dass dieser Konzertabend schon nach 90 Minuten zu Ende gehen soll, passt weder Fans noch Musikern, doch in Corona-Zeiten sind der Spiel- und Hörlust nunmal zeitliche Grenzen gesetzt. Trotzdem gibt’s Zugaben fürs jubelnde Publikum, darunter ein Kanon von Mozart - natürlich auf die Quadro Nuevo-Art globalisiert und angejazzt. An dieser Version von "Bona nox! Bist a rechts Ox" hätte wohl selbst Amadé seinen Spaß.

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