Die zarten Lesungen von Dagmar Poppy führten und verführten das Publikum des Sonderkonzertes in der Coburger Reithalle in lichte und tiefe Welten der Romantik und die Weltoffenheit des Dichters und Sprachwissenschaftlers Friedrich Rückert.

Der Bariton des Landestheaters Marek Reichert eröffnete seinen Soloabend mit Robert Schumanns „Widmung“, mit Seele, Herz und Wonne – aber auch Schmerz. Clara Schumanns Bemerkungen im „Ehetagebuch“ vertieften die Grabesstimmung Schumanns, die kongeniale Rückertsche Dichtung zu seiner Musik.

Mit leiser, aber überall hörbarer Stimme brachte Dagmar Poppy die Ehe- und Brautbriefe Claras, die Kommentare Golo Manns zu dem Coburger Dichter und dessen Befindlichkeit („Wir alle sind, was wir sind“), die die Komponisten zu ihren Liedern bewegte, vor die Hörer.

Die Stimme der Schauspielerin passte ebenso zu diesem besonderen Abend neu zu entdeckender Liedkultur, die Marek Reichert mit natürlicher Stimme, angemessenem Vibrato und überwältigender Ruhe und Ausdruckskraft demonstrierte, wie es den innigsten Textvertonungen anstand. „Du bist die Ruh“ (Franz Schubert) voll Lust und Schmerz schmeichelte sich in die „Ohrenzeugen“ ein, und führte zum zentralen Anliegen des Konzertes: den Liedern Gustav Mahlers. Nachdem die Rezitatorin die „Schmerzenstage einer Mutter“ von Luise Rückert geschildert hatte, branden sich die Lieder Mahlers wie ein Fanal nach den frühromantischen Gefühlen in die Seelen der Zuhörerinnen und Zuhörer.

„Nun will die Sonn' so hell aufgehen“ zeigte die gequälte österreichische Seelenlandschaft zwischen Lust und Frust. Alma Mahlers Erinnerungen bestätigten Mahlers Rückert-Adaption „Nun seh' ich wohl, warum so dunkle Flammen“. Eine Muse kann auch deprimierend sein. Mahlers „Fünf Rückertlieder“ versuchen eine Ballance zwischen Lebensfreude und Trauer zu finden. „Ich atmet' einen linden Duft“ kontrastiert mit Rückerts Koranübersetzungen und orientalischen Gedichten, um einzusehen „Ich bin der Welt abhanden gekommen“. Mit „Um Mitternacht“ nimmt Gustav Mahler sich selbst, die „Weisheit des Brahmanen“ näher als nah als Todeshauch in sich auf.

Angemessen dezent und auch aufmunternd frisch begleitete Hans Stähli diese ahnungsvollen Lieder zwischen innerer Ekstase und äußerem Leid am Piano. Die drei Künstler brachten in seltener Harmonie „innere Ruh“ zu ihren begeisterten Hörern. Zeitweise hätte man eine Stecknadel fallen hören können.

Um so befreiender der Abschlussapplaus und ironisch witzig die Zugabe einer der deutschesten Deutschstunden Rückerts in musikalischem Gewand.