Coburg - 1813 ist das Geburtsjahr gleich mehrerer bedeutender Künstler in Deutschland. In diesem Jahr werden nicht nur der Komponist Richard Wagner, sondern auch drei Dichter und Schriftsteller geboren, deren Lebens- und Wirkungsgeschichte freilich unterschiedlicher nicht sein könnte: Friedrich Hebbel, mit dem die Geschichte der Tragödie in der deutschen Literatur einen letzten Höhe- und zugleich ihren Endpunkt erreicht, ist ebenso alt wie Georg Büchner, der, politisch verdächtig und steckbrieflich gesucht, früh stirbt und dessen Werk daher erst viel später wirklich entdeckt wird.

Poetischer Realist

Den dritten im Bund kennt indessen heute kaum noch jemand: Otto Ludwig, 1813 geboren im thüringischen Eisfeld, nahe Coburg. Zu Lebzeiten spielte er gerade für die Literatur des Realismus eine nicht unbedeutende Rolle. Ludwig prägte den Begriff "poetischer Realismus", mit dem er eine Wirklichkeitsdarstellung beschreibt, die sich durch eine Objektivität der Erzählerperspektive auszeichnet. Mit "Zwischen Himmel und Erde" schuf er den für die damalige Zeit typischen deutschen psychologischen Roman. Sein Werk geht weit über den Rahmen einer Heimatgeschichte hinaus. Seine Werke, die Novellen zumal, wurden zahlreich gelesen. Anders als seine Dramen, die auch in Coburg aufgeführt wurden, sind die Erzählungen und Romanstudien 1977 im Hanser-Verlag noch einmal veröffentlicht worden, und die Novelle "Zwischen Himmel und Erde" liegt gegenwärtig auch im Reclam-Verlag vor.

In Zusammenarbeit mit der Landesbibliothek Coburg und der Buchhandlung Riemann veranstaltet das Gymnasium Alexandrinum am Dienstag, 16. April, um 20 Uhr in der Aula einen literarisch-musikalischen Abend, der dazu beitragen soll, den Dichter und Musiker Otto Ludwig als einen bedeutenden Erzähler und Dramatiker der nachklassischen Zeit neu zu entdecken.

Im Mittelpunkt steht eine Lesung von Helga Schmidt, einer jetzt in Eisfeld lebenden ehemaligen Gymnasiallehrerin, die unter dem Titel "Und Wahrheit ging mir von jeher über alle Schönheit" jüngst eine Festschrift zur Otto-Ludwig-Ehrung im Jubiläumsjahr veröffentlicht hat. Diese ist zusammen mit anderen Texten von und zu Otto Ludwig an einem Büchertisch der Buchhandlung Riemann erhältlich.

Politisch vereinnahmt

Schülerinnen der 11. Jahrgangsstufe gestalten ein Rahmenprogramm und präsentieren in Vitrinen Dokumente aus Beständen der Landesbibliothek, darunter ein Regiebuch einer Inszenierung des Ludwig-Dramas "Der Erbförster" am Coburger Landestheater und eine Werk-Ausgabe des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar, die belegt, welchen Stellenwert Otto Ludwigs Schaffen vor 100 Jahren genoss. Auch zwei kleine Kompositionen Ludwigs kommen zum Vortrag.

Als "durchaus lohnenswert" erachtet der Leiter des Alexandrinums, Herbert Brunner, die Beschäftigung mit Otto Ludwig. Historische Dokumente aus Eisfeld, die bei der Veranstaltung ausgestellt werden, zeigen, wie der Dichter lange nach seine Tod im Sinne des Nationalsozialismus instrumentalisiert wurde: "Er wurde vereinnahmt und zum Heimatdichter zurückgestuft". Ein Schicksal, das er mit einigen Literaten des 19. Jahrhunderts teilt, merkt Brunner an: Etwa Paul Heyse, dem ersten deutschen Literatur-Nobelpreisträger.

Karten gibt es im Vorverkauf zu 7 Euro, an der Abendkasse kosten sie 10 Euro; der Eintritt für Schülerinnen und Schüler ist frei.

Vita

12. 2. 1813 in Eisfeld geboren

1825 Gymnasium Hildburghausen

1832 Lyceum Saalfeld

bis 1839 tätig im Geschäft seines Onkels

1839 Stipendium des Meininger Herzogs, Musikstudium in Leipzig bei Felix Mendelssohn Bartholdy

1840 Rückkehr nach Eisfeld

Ab 1842 Aufenthalte in Leipzig, Dresden und Meißen

1849 endgültiger Aufenthalt in Dresden

1849 Drama "Der Erbförster"

1852 Ehe mit Emilie Winkler, aus der drei Kinder hervorgehen: Juda (1852), Ernst Reinhold Otto (1854) und Cordelia (1858)

1853 "Makkabäer"

1856 eines seiner Hauptwerke entstand "Zwischen Himmel und Erde"

1857 Doppelerzählung "Die Heiteretei und ihr Widerspiel" und "Aus dem Regen in die Traufe"

25. Februar 1865 Otto Ludwig stirbt in Dresden an einem Nervenleiden


Eisfeld feiert

Bis 26. Mai, Museum "Otto Ludwig": Sonderausstellung "Jedes Blättchen ist mir wie ein Bruder"

19. April, 19.30 Uhr, Schloss:

Szenische Lesung zum Drama "Der Erbförster", Gastspiel des Meininger Theaters

4. Mai, 19.30 Uhr, Schloss:

Festliches Konzert mit Kompositionen und Liedern von Otto Ludwig und Felix Mendelssohn Bartholdy mit Matthias Friedel (Tenor) und Kathrin Gerth (Klavier)

22. Juni, 19 Uhr, Schloss:

"Heiter, Heiterer, Heiteretei..."

Ein sommerliches Otto-Ludwig-Geburtstagsfest des Lions-Club Eisfeld