Coburg - "Es ist spannend, es ist witzig, die Texte sind charmant und die Musik ist einfach geil!". Jean Renshaw gerät ins Schwärmen, wenn das Gespräch auf "Curtains" kommt. Das passiert in diesen Tagen eigentlich ständig, in einer Woche ist schließlich Premiere - genauer gesagt: Deutschlandpremiere.

Das Coburger Landestheater wagt sich an die deutschsprachige Erstaufführung eines aberwitzigen Krimi-Musicals aus bestem Hause: John Kander und sein Textdichter Fred Ebb haben sich mit "Chicago", "Cabaret" und "Der Kuss der Spinnenfrau" in den Musical-Olymp eingeschrieben. Vier Jahre nach seiner New Yorker Uraufführung kommt ihr letztes gemeinsames Werk (Ebb starb 2004 im Alter von 76 Jahren) "Curtains" nun mit dem Zusatz "Vorhang auf für Mord" in deutsch heraus - und die Musical-Nation schaut gespannt nach Oberfranken.

Nervös? Jean Renshaw dementiert entschieden: "Angst darf man nicht haben, wenn man inszeniert!" Muss man auch nicht, bei solchen Referenzen: Im Februar gab die Regisseurin in Coburg ihre Visitenkarte ab in Gestalt der zauberhaft turbulenten Broadway-Persiflage "Crazy for you". Aufregend findet sie den Pionier-Job trotzdem - und vor allem ehrenvoll, "dass man mir so viel Vertrauen entgegenbringt".

Britischer Humor

Kein Wunder: Bodo Busse weiß nicht erst seit ihrem Coburg-Debüt um Renshaws Talent fürs schwierige leichte Fach. Die Künstlerkollegen kennen sich seit Jahren und entdeckten schon kurz nach der Uraufführung ihre gemeinsame Begeisterung für "Curtains". "Es ist eine absolute Boulevard-Komödie vom Feinsten", meint die Regisseurin, "sie hüpft von einem Ohrwurm zum anderen". Kurzum: "Curtains" trägt unverkennbar die Handschrift des Erfolgsduos Kander & Ebb - nach Ansicht mancher Kritiker sogar zu sehr. Renshaw freilich ist vom Stück überzeugt - nur nicht von der Broadway-Inszenierung, die sie altbacken und überladen fand. "Das Stück braucht einen neuen Weg" findet die 46-Jährige - und sie weist ihn mit deftig britischem Humor. Dabei lässt sie die Kirche im Dorf, sprich die Story in Amerika: "Diese Geschichte kann man nicht nach Bayern verlegen".

Sie spielt hinter den bekanntlich trügerischen Kulissen des Show-Business, wo - in diesem mörderischen Falle - nicht nur Theaterblut fließt. Das Bostoner Colonial Theatre erleidet zunächst den Flopp seines Western-Musicals "Robbin' Hood" - und sodann den ebenso unerwarteten wie unnatürlichen Tod seiner überreifen Hauptdarstellerin. Um den Giftmord an Ort und Stelle aufzuklären, verhängt Lieutenant Frank Cioffi "Hausarrest" über das Ensemble und beginnt, die dunklen Geheimnisse im Kollegenkreis zu lüften, was weitere Todesfälle nach sich zieht. Nebenher bringt der bühnenbegeisterte Kriminaler Schwung in den Laden und verwandelt den biederen Cowboy-Schwank in eine furiose Show. Dass er dabei von Amors Pfeil getroffen wird, versteht sich von selbst.

Backstage-Komödie

"Es geht um Sein und Schein", erklärt Jean Renshaw das Thema der mörderische Backstage-Komödie, bei der die Grenzen zwischen Show und Realität verschwimmen. Dieses Vexierspiel mit der Wirklichkeit setzt die Regisseurin mit dem Ausstatter Ingomar ins Bild, der auch für "Crazy for you" Bühne und Kostüme entwarf. Die Farce, die ein Krimi ist, findet auf einer riesigen Showtreppe statt, hier wird geliebt und gelogen, getanzt und gestorben, und "es bleibt spannend bis zuletzt" verspricht die Regisseurin. Denn verdächtig sind hier so ziemlich alle - bis auf zwei "weiße Figuren": das scheinbare Naivchen Nicki und der Lieutenant Cioffi. Eine Riesenrolle haben die Autoren dem Hauptdarsteller zugedacht - und Jean Renshaw ist glücklich über die Besetzung: "Jens Janke ist ein sehr ernsthafter Komiker mit einer Superstimme".

In besten Händen liegt nach ihrer Überzeugung auch Kanders Partitur, die neben einer Bandbesetzung eine starke Bläsersection fordert: "Das klingt fantastisch, wenn Roland Fister es leitet". Ab 5. November tut er's - und das ist ein hübsches Geschenk: Tags zuvor feiert Jean Renshaw Geburtstag.

Ein wenig lüftet die "Curtains"-Crew schon am Sonntag, 30. Oktober, den Vorhang: Bei der 11-Uhr-Matinee in der Reithalle geben sie Kostproben des Musicals. Kostenlos, versteht sich.