Aber kommen wir noch mal zurück zur Familie. Sie sagten, Sie werden bald Ihren Bruder in den USA besuchen. Die Familie ist ja ein ganz starkes Thema in Ihren Büchern. Ich kann mich an keinen anderen Detektiv aus der Literatur erinnern, der ein glückliches Familienleben führt. Die meisten sind doch einsame Wölfe...
Nein, einen gibt es noch: Ruth Rendells Wexford hat auch eine Familie.

Aber solche Typen sind sehr selten. Die meisten sind eher Frauenhelden...
...oder Alkoholiker. Oder Leute die nur fürchterliche Sachen essen oder ihre Unterwäsche nie wechseln.

Als dieser Herr Brunetti in Ihrem ersten Buch aus dem Boot stieg, wussten Sie da schon, dass er so ein toller Familienvater sein würde?
Nein. Aber ich denke, ich hatte genug Grips, um zu merken, dass ich mit diesem Menschen sechs bis zehn Monate jedes Jahr würde verbringen müssen. Ich wollte nicht über einen von diesen Typen schreiben, die immer nur saufen, abgestandenen Kaffee trinken, sich schlecht ernähren. Käse-Sandwiches mit Erdnussbutter drauf? Uhhhh, das ist doch unvorstellbar. Ich wollte für meine Bücher jemanden, der zivilisiert ist. Wenn ich den Gutteil eines Jahres mit ihm leben muss, dann muss es ein Mann sein, mit dem ich es über dieses Jahr auch aushalte. Ich lebe jetzt seit 17 Jahren mit Brunetti – und ich mag ihn immer noch.

Hat er sich denn entwickelt in all den Jahren?
Das ist für mich nicht einfach zu erkennen. Wenn man ein Buch schreibt, dann versinkt man fast darin. Man macht nichts anderes, außer diesen Text immer wieder und wieder zu lesen. Man hat den Kopf voll damit, neigt dazu, jegliches Gefühl für Objektivität zu dem Geschriebenen zu verlieren. Sobald das Buch fertig ist, ist es erledigt. Ich schaue es dann nicht mehr an. Ich hab’s ja schon gelesen, ich brauche es nicht noch mal lesen. Also kann ich eigentlich nicht beurteilen, ob Brunetti sich verändert hat.

Wenn er nicht nur Fiktion wäre, würde Paola dann Schwierigkeiten bekommen?
Er ist sehr anziehend. Er ist ein sehr, sehr attraktiver Mann. Er ist intellektuell und emotional attraktiv. Und er ist ein ehrbarer, anständiger Mann. Das sind Qualitäten, die ich für außerordentlich wünschenswert halte.

Sir Arthur Conan Doyle war seines Sherlock Holmes schließlich so überdrüssig, dass er sich entschloss, ihn aus dem Weg zu räumen ...
Aber er hat ihn wieder zurückgeholt!

Richtig, auf Druck der empörten Fans. Haben Sie je den Gedanken gehabt, sich Ihres Commissario Brunetti zu entledigen?
Nein. Ich mag ihn gern. Ich mag die Bücher gern, ich mag Brunetti, ich mag die Charaktere in den Büchern. Diese Romane zu schreiben, macht mir große Freude. Sie schaffen es immer noch, dass ich während des Schreibens laut auflache. Und alle meine Freunde sind richtig stinkig, wenn ich wieder mal anrufe und sie nerve: „Hör dir das an, hör dir das an.“ Dann lese ich Ihnen aus dem Manuskript vor, aber nur die lustigen Stellen. Nur die Witze. Und die cleveren Stellen. Also, was ich eben selbst für clever halte. Und so lange mir die Arbeit solchen Spaß macht, werde ich weitermachen. Ich würde ihn auch niemals umbringen, selbst wenn ich seiner überdrüssig würde.

Kommen Sie noch dazu, die Bücher von Kollegen zu lesen? Unter Ihren früheren Jobs war ja auch der als Krimi-Rezensentin bei der Sunday Times. Welche Kriminalschriftsteller bewundern oder schätzen Sie denn persönlich?
Am meisten schätze ich Ross MacDonald, einen amerikanischen Autor der fünfziger und sechziger Jahre. Hammett und Chandler, natürlich. Von den Leuten, die heute schreiben, habe ich die größte Hochachtung vor Ruth Rendell, die ja auch unter dem Pseudonym Barbara Vine schreibt. Ich finde, sie ist Spitze. Ich mag Frances Fyfield. Aber ich muss sagen, ich lese nicht mehr viel Kriminalliteratur. Momentan lese ich Cicero, weil Brunetti gerade Cicero liest. Oder liest er Cicero, weil ich Cicero lese? Egal. Jedenfalls geht es um seine Verteidigungsreden für des Mordes Beschuldigte. Einmal verteidigt er einen jungen Mann, der angeklagt ist, seinen Vater vergiftet zu haben. In einer anderen Verteidigungsrede vertritt er einen anderen Mann, der angeblich seinen Stiefvater umgebracht haben soll. Italiener versuchen ja immer, das Verbrechen in der Familie zu halten.

Die Familie ist Ihnen ja auch ganz wichtig, allerdings in ganz anderer Hinsicht: als Rückhalt in allen Lebenslagen, wie zu Hause bei Brunettis. Das ist doch eine der Kernaussagen Ihrer Bücher?
Ja, natürlich. Ich bin auch in so einer Familie aufgewachsen, einer glücklichen Familie. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum ich ein so glücklicher und positiver Mensch geworden bin. Dafür wurde ich im Kindesalter schon geprägt. In der Informatik spricht man meines Wissens von „default mechanism“, also einer Art Standardfall als Grundlage der Programmierung. Mein „default mechanism“ ist das Glücklichsein. Ich trete dem Leben normalerweise mit einer sehr optimistischen und frohgemuten Haltung entgegen. Und ich glaube, das kommt daher, wie ich aufgewachsen bin. Meine Eltern waren glückliche Menschen, mein Bruder ist einer. Manche Leute haben eine fast depressive Grundhaltung, ich bin das ganze Gegenteil davon. Da hab’ ich doch richtig Glück gehabt, oder?

Aber Ihr Commissario Brunetti ist nicht so ganz glücklich. Er ist doch eher pessimistisch.

Jedenfalls pessimistischer als ich.

Werden Sie denn selber pessimistischer und transportieren Sie das dann über ihn?
Ich persönlich bin optimistisch, weil mein Leben sehr angenehm ist und aller Voraussicht nach so bleiben oder sich sogar noch weiter verbessern wird. Aber wenn es um das zukünftige Schicksal der Welt geht, sehe ich absolut schwarz. Ich glaube schon, dass sich das auch in meinen Büchern widerspiegelt. Da bin ich wirklich hoffnungslos pessimistisch. Aus ökologischen Gründen. Ich bin fest überzeugt, dass wir es bereits versaut haben und der Schaden nicht mehr wiedergutgemacht werden kann.

Keine 13 Jahre, um die Umkehr zu schaffen, wie es vor ein paar Wochen noch hieß?

Ach was. Nein. Manche Forscher, die darüber schreiben, sind sich sicher: Was wir heute erleben, ist das Resultat der vergangenen fünfzig Jahre. Wenn ich Glück habe, lebe ich vielleicht noch zwanzig Jahre. Und in diesen zwanzig Jahren, die ich in den nächsten zwanzig Jahren durchleben werde, werden wir die Belastungen von 1987 bis 2007 zu spüren bekommen.

Dann erhalten wir die Quittung?
Ja. Und das wird keine schöne Sache werden.

Sollte man die Menschen jetzt noch mehr aufrütteln, so wie es Al Gore versucht? Oder können Sie als Schriftstellerin etwas tun?
Ich glaube nicht, dass Al Gore die Antwort ist. Ich denke, die Antwort liegt in unseren Schulen. Kinder sollten lernen, das Licht auszuschalten. Sie sollten dazu erzogen werden, ihren Eltern auf die Füße zu treten, wenn die Wasser verschwenden oder das Licht anlassen. Sie sollten sagen: Wir wollen diese alte Glühlampe nicht, sondern lieber eine Energiesparlampe. Kinder sollten indoktriniert werden mit einer Öko-Gehirnwäsche. Das ist der Weg.

Als Lehrerin sind Sie sicher überzeugt, dass das funktionieren könnte.

Nein, gar nicht. Ich weiß nicht, ob das funktioniert. Weil unsere Gesellschaft völlig vom Konsum überwältigt ist. Eine Wegwerf-Gesellschaft, die sich nichts dabei denkt, Ressourcen zu verschwenden. Und Al Gores Film hat so viel nicht geändert: Die Leute reden und reden und reden. Keiner verbietet die verschwenderischen alten Glühbirnen. Keiner tut sonst irgendwas. Alle machen nur Blabla.

Die globale Erwärmung und das Ansteigen des Meeresspiegels ist natürlich in Venedig ein großes Thema. Ein halber Meter ist da eine ganze Welt.
Ja. Das wäre das Ende.

Wie oft gibt es denn jetzt schon Acqua Alta in Venedig? Wie hoch muss das Wasser denn steigen, um den Markusplatz zu überfluten?
Wenn der Pegel um knapp einen Meter steigt, steht er unter Wasser. Aber wenn der Meeresspiegel nur einen halben Meter steigt, werden wir viele Male mehr im Jahr Acqua Alta haben. Anfangs hatten wir an dreißig Tagen im Jahr Hochwasser, jetzt sind es im Schnitt schon hundert.

So oft
passiert das schon? Hundert Tage pro Jahr?
Ja. Gestern Abend habe ich zu Hause angerufen und sie haben erzählt, dass sie wieder Acqua Alta haben.

Ist es schlimmer geworden, seit Sie nach Venedig gezogen sind?
Aber absolut. Viel schlimmer.

Nochmal Themawechsel: Sie sind so eine starke und charismatische Frau. Warum haben Sie einen Mann als Detektiv und Helden Ihrer Bücher gewählt? Warum nicht eine Frau?
Weil wir in Italien sind. Wäre Commissario Brunetti eine Frau, würde es bei allem was sie tut heißen, sie habe das geschafft, obwohl sie doch nur eine Frau ist. Das wäre doch das schlimmste Klischee.

Aber Signorina Elettra, die allwissende Sekretärin von Brunettis Chef, die würde das doch hinbringen, oder? Ohne ihre Hilfe wäre doch Brunetti aufgeschmissen.
Nein. Das könnte sie nicht.

Nein?
Nein.

Ist denn dort immer noch dieser gesellschaftliche Deckel drauf, wo es für eine Frau kein Durchkommen gibt?
Es würde nicht funktionieren.

Nur in Italien nicht?

Sicher ist das ein typisch italienisches Phänomen.

Würden die Bücher in einem anderen Land spielen, hätten Sie sich dann eine Detektivin ausgewählt?
Auch nicht. Es ist einfacher, wenn es ein Mann ist. Da gibt es keine Diskussion. Männer haben die Autorität, Frauen nicht. Punkt.

Wie geht es Ihnen denn bei so einer Aussage?
Die Leute werden ja schon hysterisch, weil Hillary Clinton Präsidentin werden will. Weil sie eine Frau ist.

Gut, aber wir haben eine Frau Bundeskanzler. Da wird in Deutschland niemand hysterisch. Jedenfalls nicht deshalb, weil sie eine Frau ist.
Da verweise ich noch mal darauf, was ich vorhin über Amerika gesagt habe. Wenn man Amerika mit Deutschland vergleicht, dann muss ich sagen, Amerika ist in das dunkle Zeitalter zurückgefallen.

Vor nicht allzu langer Zeit hat ganz Europa zu Amerika aufgeschaut, es als führendes Gesellschaftssystem betrachtet.
Vorbei.

Wird es
hier auch immer schlimmer?
In den letzten acht Jahren auf jeden Fall. Wir foltern!

Dabei ist Amerika als Nation entstanden, weil man sich der Folter, Ungerechtigkeit und Sklaverei widersetzt hat.
Lassen Sie uns darüber nicht weiterreden, bitte.

Wechseln wir zu Angenehmerem. Lassen Sie uns noch mal zurück zur Oper kommen, einer der großen Leidenschaften in Ihrem Leben.
Gern.

Sie haben eine Menge Geld ausgegeben, um Ihrem Ensemble „Il Complesso Barocco“ auf die Beine zu helfen.

„Il Complesso Barocco“ ist ein Barock-Opernorchester, das sich auf die Aufführung von Barock-Opern spezialisiert hat, normalerweise die Opern von Georg Friedrich Händel. Es ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Dirigenten Alan Curtis, der auch in Italien lebt und den ich schon ewig kenne. Wir haben dieses Orchester gemeinsam auf den Weg gebracht. Er macht die ganze Arbeit, ich stehe nur daneben und heimse das Lob ein. Um die internationale Aufmerksamkeit auf dieses Projekt zu lenken, nehmen wir jedes Jahr mindestens eine Händel-Oper als Platte auf. Dieses Jahr im September wird das „Alcina“ sein. Für alle, die Händel-Junkies sind: Wir machen diese „Alcina“-Aufnahme mit Joyce Di Donato, Maite Beaumont, Carina Gavan. Das sind meiner Ansicht nach die drei besten Künstler, um diese drei Rollen zu singen. Es wird sensationell werden. Ich war eben erst beim Händel-Festival in Göttingen, wo sie „Giove in Argo“ aufführten. Auch das war sensationell, nicht weil ich jetzt selbst mit dem Orchester zu tun habe. Es sind wirklich ganz ausgezeichnete Musiker. Wenn ich für das Orchester und das ganze Ensemble so eine Art Maskottchen spielen darf, macht mir das einen Riesen-Spaß. Ich fahre mit ihnen mit, wo immer sie auch spielen. Und ich unterstütze sie auf jede mir mögliche Weise. Ich bin überzeugt: Was sie tun, vermittelt ein die Zeiten überdauerndes Bild davon, wie man so eine Oper aufführen sollte. Ich glaube, das ist ein wichtiger Beitrag zu unserer Kultur.

Vor ein paar Jahren ist, ganz in der Nähe Ihres Hauses, die berühmte Oper von Venedig, „La Fenice“, in Flammen aufgegangen. Wie haben Sie sich damals gefühlt?
Der Brand von „La Fenice“ war ein großer Verlust für die Architektur. Punkt. Mehr werde ich über „La Fenice“ nicht sagen. Ein großer Verlust für die Architektur.

Dann werden dort nicht die Opern gespielt, die Sie gerne sehen möchten?
Nein, da muss ich ins Ausland reisen. Oder zumindest die Stadt verlassen. Das Niveau der Produktionen in Venedig ist, sagen wir, für mich nicht von Interesse. War das diplomatisch genug?

Sie sind ja eine Verfechterin der These, dass junge Menschen besseren Zugang zu klassischer Musik erhalten sollten.
Das stimmt.

Können denn junge Leute nicht auch von moderner Musik etwas lernen?
Nein.

Wieso denn nicht?
Das hört man doch. Ich höre die Walkmen der Kids, die I-Pods. Nur Bummbummbumm. Das ist doch nur Lärm. Keine Musik. Ich bin überzeugt, klassische Musik erfordert ein konzentrierteres, aufnahmebereiteres Zuhören. Und das ist eine sehr gute ästhetische und intellektuelle Übung.

Sie haben früher bei Ihren Lesungen oft Musik dabei gehabt. Werden wir das heute Abend auch erleben?
Nein. Vor einem Monat in Wiesbaden habe ich mit Musik gelesen. Und wenn es klappt, machen wir nächstes Jahr eine größere Lesereise mit Musik durch Deutschland. Wir suchen noch Städte, die an diesem Konzept interessiert sind. Das würde ich sehr gerne auch hier in Bamberg machen.

Dann könnten die Bamberger Symphoniker den musikalischen Teil übernehmen, die sind ja weltberühmt.
Ja schon, aber ich bringe lieber mein eigenes Orchester mit. Nicht weil die Bamberger nicht gut genug wären, aber sie können keine Barockmusik spielen. Es ist ein modernes Orchester und Barockmusik ist ganz anders instrumentiert.

Haben Sie denn von E.T.A. Hoffman mal was gelesen? Immerhin treten Sie hier in dem Theater auf, an dem er früher gearbeitet hat.
Nein, bisher nicht.

Er hat zwar keine mysteriösen Geschichten im Sinne von Kriminalromanen geschrieben, dafür war sein eigenes Leben aber ziemlich ungewöhnlich und mysteriös.
Ich weiß. Ich habe über Hoffmann schon in der Schule gelesen. Aber ich hätte mir natürlich damals nie träumen lassen, dass ich einmal hierher kommen würde.

Damals war eine Schriftsteller-Karriere ja auch gar nicht absehbar. Aber dann hat Ihr Leben diese...
...seltsame Wendung genommen. Genau. Ich hatte wirklich sehr viel Glück.

War es Venedig, das Sie in die richtige Richtung gelenkt hat?

Sagen wir: In eine andere Richtung. Denn die Richtung, in die man geht, ist immer die richtige.

Dann wünsche ich Ihnen einen weiteren wunderbaren Weg in dieser Richtung. Und, dass Sie uns dabei noch viele wundervolle Bücher schenken werden.
Dankeschön. Das hoffe ich auch.


INTERVIEW: RAINER MAIER

INFOS:
DONNA LEON - KURZ & KNAPP
Die amerikanische Kriminalschriftstellerin Donna Leon wurde 1942 in Montclair, New Jersey, geboren. Sie arbeitete als Autorin und Lehrerin für Englisch und Literatur unter anderem in England, in der Schweiz, in China, dem Iran und Saudi-Arabien. 1981 nahm sie eine Stelle als Lehrerin auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Vicenza nahe Venedig an. Seitdem lebt sie in der Lagunenstadt.

Donna Leon, deren Bücher in 23 Sprachen übersetzt wurden und weltweit in Millionen-Auflagen erschienen sind, ist vor allem in Deutschland eine der erfolgreichsten Bestseller-Autorinnen. Alle ihre Romane spielen in ihrer Wahl-Heimat Venedig, wo ihr Commissario Guido Brunetti in schöner Regelmäßigkeit seit 1992 jedes Jahr einen Mordfall klärt.

Donna Leons neuestes Buch in Deutschland ist im Mai 2007 erschienen. Commissario Brunettis 15. Fall heißt: „Wie durch ein dunkles Glas“ (Diogenes-Verlag, 336 Seiten, 21,90 Euro). Er spielt auf der berühmten Glasbläser-Insel Murano in der Lagune von Venedig, wo vor einem Glas-Brennofen eine Leiche gefunden wird.

DER SCHAUPLATZ: VENEDIG
Die Lagunenstadt Venedig an der Nordwest-Ecke der Adria war über Jahrhunderte einer der bedeutendsten Handelshäfen Europas. Heute ist die Stadt vor allem eine der wichtigsten Touristen-Attraktionen Italiens: Auf einen der etwa 64.000 Einwohner in der von Kanälen durchzogenen Altstadt kommen an geschäftigen Tagen mehr als drei Touristen. Auf dem Festland und auf verschiedenen
Lagunen-Inseln leben weitere 207.000 Venezianer. Seit 2000 Jahren besiedelt, erreichte der Ort, dessen Kern auf unzähligen in den Lagunenschlamm gerammten Holzstämmen erbaut wurde, seine Blütezeit im Mittelalter als Handelszentrum mit europaweit einmaligen Verbindungen in den Orient und nach Asien. Berühmtester Handelsreisender der Stadt war der venezianische Kaufmann und Forschungsreisende Marco Polo im 13. und 14. Jahrhundert. Nach der Entdeckung von Amerika und des Seewegs um Afrika nach Asien verlor der schon früh als Republik organisierte Stadtstaat an Bedeutung.

1797 verlor Venedig seine Unabhängigkeit und wurde Teil von Österreich. Seit 1866 gehört die Stadt zu Italien. Wichtigste Sehenswürdigkeiten sind der berühmte Markusplatz mit dem Dom San Marco und seinem hochaufragenden Campanile sowie dem prunkvollen Regierungssitz der Dogen von Venedig, die 175 Kanäle rund um den Canal Grande, jahrhundertealte Patrizierpaläste und viele berühmte Brücken, wie die Rialto-Brücke. Vorwärts kommt man in Venedig fasst ausschließlich zu Fuß oder per Boot. Romantischer Gestimmte, wie die vielen Hochzeitsreisenden, nehmen gerne auch eine Gondel mit den berühmten singenden Gondolieri. Besonders überlaufen ist die Stadt beim weltbekannten Karneval von Venedig.