Augsburg (dpa) - In diesem Jahr endete das Brechtfestival in der Geburtsstadt des Dichters mit einem handfesten Streit um die künftige künstlerische Leitung. Ergebnis war, dass der langjährige Chef des Augsburger Brechtfestivals, Joachim Lang, sich zurückzog. Einige Kommunalpolitiker wollten Lang nicht mehr länger als Festivalchef haben, sie favorisierten den Berliner Regisseur Patrick Wengenroth.
Er wird nun vom 3. bis 12. März 2017 erstmals das Brechtfestival verantworten und lobt das Konzept des Kulturfestes. Es gebe in Deutschland kein vergleichbares Festival, das so dem Geiste eines Dramatikers gewidmet sei, sagt Wengenroth. Das Werk von Bert Brecht will er beim bevorstehenden Festival aktuellen Debatten entgegenstellen. Beispielsweise wird die prominente britische Bloggerin Laurie Penny zu einer Diskussion über Feminismus erwartet.

Wengenroth will auch Jugendliche mit einer Schreibwerkstatt an den Schriftsteller heranführen. «Es ist gut, wenn sich auch jüngere Menschen für Brecht interessieren.» Um das Konzept seines ersten Festivals zu umschreiben, nutzt Wengenroth ein bekanntes Brecht-Zitat: «Ändere die Welt, sie braucht es.»
Ebenso wie derzeit das Augsburger Stadttheater muss er allerdings bei seinem Programm reichlich improvisieren. Denn das Augsburger Theater mit seinem 900 Plätze großen Saal musste im Sommer aus Brandschutzgründen binnen weniger Wochen geschlossen werden. Die nächsten Jahre müssen Theatermacher in Augsburg nun durch ehemalige Industriegebäude tingeln, bis das Große Haus modernisiert ist.
Große Gastspiele, die Wengenroth zunächst für das Festival geplant hatte, musste er deshalb kurzfristig wieder streichen und mit der Konzeption von vorne beginnen. «Das war natürlich ärgerlich», sagt der 40-Jährige. «Das hätte ich mir gerne erspart.»

Ergebnis ist, dass Wengenroth nun auf kleinere Eigenproduktionen setzt. Er selbst wird eine Revue mit dem Titel «Die Welt ist: schlecht! Und ich bin: Brecht!» inszenieren und dabei als Bertolt Brecht auftreten. «Es ist ein Novum, dass es einen inszenierenden Festivalleiter gibt, der sogar selber auf der Bühne steht», sagt Wengenroth. Eine weitere Eigenproduktion ist Brechts Lehrstück «Die Maßnahme» in der Regie von Opernsänger Selçuk Cara.

Daneben wird Konstantin Wecker beim Festival mit einem speziellen Brecht-Programm im alten Gaskessel des historischen Gaswerks auftreten. Das Berliner Inklusionstheater RambaZamba wird mit «Der gute Mensch von Downtown» mit Ex-«Tatort»-Kommissarin Eva Mattes als Gaststar in Augsburg erwartet. Insgesamt wird es etwa 50 Veranstaltungen in zehn Tagen geben. Das Festival hat einen Etat von rund 350 000 Euro.
Doch etwas mehr als zwei Monate vor dem Festival steht auch bereits wieder die Frage der künftigen Leitung im Raum. Wengenroth hat als Interimschef zunächst nur einen Ein-Jahres-Vertrag bekommen. Ob er weitermacht, ist offiziell nicht entschieden. Dabei signalisiert er Interesse dafür. Sein Vorgänger Joachim Lang stand sieben Jahre an der Spitze des Kulturfestes. So lange werde er es keinesfalls machen, sagt Wengenroth. «Eine triennale Festivalstruktur ist etwas Sinnvolles», meint er. Ab dem vierten Jahr sollte dann wieder etwas Neues kommen.

Auch Augsburgs Kulturreferent Thomas Weitzel scheint einer Verlängerung nicht abgeneigt. Er will auf jeden Fall vermeiden, dass das Thema der künstlerischen Leitung wieder ins laufende Festival platzt, wie zuletzt im März 2016. «Im Februar sollten wir wissen, wie die nächste Runde aussieht», sagt Weitzel. Dafür müssten sich nun die Fraktionen im Stadtrat einigen.

Weitzel will auch jenseits des Festivals das Thema Brecht in Augsburg aufwerten. Im Geburtshaus des Dichters, in dem es ein kleines Museum gibt, soll künftig zusätzlich eine Künstlerwohnung eingerichtet werden, die von Kreativen wechselnd belegt wird. Weitzel möchte aber kein Stadtschreiber-Modell, bei dem ein Autor ein Wohn-Stipendium erhält.

Außerdem soll der Brechtpreis, der in der Vergangenheit unter anderem an Robert Gernhardt und Franz Xaver Kroetz ging, künftig häufiger vergeben werden. Heuer hat die Autorin Silke Scheuermann den mit 15 000 Euro dotierten Preis bekommen. Der Preis sei wegen des dreijährigen Verleihungsmodus bislang unterbewertet, findet Weitzel. Künftig will er die Auszeichnung alle zwei Jahre verleihen. «Das Ziel ist nicht, den Brechtpreis erst wieder 2019 zu vergeben.»