Madrid - „Alt, Soldat, Edelmann und arm.“ So verbrachte Miguel de Cervantes Saavedra (1547-1616) die letzten Jahre seines Lebens, wie sein Zensor Márquez Torres 1615 einer Abordnung der französischen Botschaft berichtete - damals wurde jedes Buch vor dem Druck von einem behördlichen Zensor gegengelesen. Die Franzosen hatten am spanischen Hof nach dem Autor des „Don Quijote“ gefragt, dessen erster Teil bereits ins Französische übersetzt war.

Als sie die Antwort erhielten, zeigten sie sich entsetzt: „Versorgt Spanien einen solchen Mann nicht reich mit öffentlichen Mitteln?“, fragten sie. Und ergänzten andererseits pathetisch: Wenn die Armut Cervantes zum Schreiben bringe, sollte er nie im Reichtum leben, damit er mit seinen Werken die Welt reich machen könne. An Cervantes' Armut änderte sich bis zu seinem Tod tatsächlich nichts. Vor 400 Jahren, am 23. April 1616, starb er in Madrid.

Zeit seines Lebens rang der Dichter um Anerkennung, litt unter Geldnot. Heute gilt er als Spaniens Nationaldichter. Der wichtigste Literaturpreis des Landes ist nach ihm benannt.
Aber nur rund 20 Prozent der Spanier geben an, die beiden Bände des Hauptwerks, des Don Quijote, gelesen zu haben. Spanische Medien interpretieren das immer wieder als geringes Interesse. Und auch um das Gedenkjahr gab es Diskussionen: Für die meisten Spanier sei Cervantes im Grunde ein Unbekannter, kritisierten Intellektuelle.

Der Schriftsteller Juan Goytisolo bedauerte schon vor zwei Jahren, kaum ein Spanier kenne den Dichter wirklich. „Wieviele seiner Leser wissen von seiner Not und Armut, von der Ablehnung seiner Bitte um Auswanderung nach Amerika, seinem Gefängnisaufenthalt in Sevilla wegen seiner Schulden, vom Leben im verruchten Rastro-Viertel in Valladolid mit seiner Frau, Tochter, Schwester und Nichte 1605, also dem Jahr der Veröffentlichung des ersten Teils des Quijote?“, fragte Goytisolo, als er 2014 den Cervantespreis erhielt.
Cervantes, geboren 1547 in Alcalá de Henares, war der Sohn eines verarmten Chirurgen, der oft in Schuldhaft saß. Er zog umher, wurde als spanischer Marinesoldat 1571 in der Schlacht von Lepanto schwer verletzt. Piraten verkauften ihn als Sklaven nach Algier, erst nach fünf Jahren kam er frei. Mit seiner Literatur lange erfolglos, verdiente er sein Geld unter anderem Soldat und Steuereintreiber. Wegen der angeblichen Veruntreuung von Staatsgeldern verbrachte er wohl einige Zeit im Gefängnis.

1605 wurde dann der erste Teil des Don Quijote veröffentlicht, 1615 der zweite. Seine Romanfigur ist bis heute weltbekannt. Orte in der Mancha, der kargen Region, aus der Don Quijote stammt, sind beliebte Touristenziele. Manche Schauplätze des Romans wie die berühmten Windmühlen oder Höhlen besucht man besser bei Sonnenaufgang, bevor die Busse mit Reisenden auf der Suche nach Fotomotiven ankommen.

Lokalhistoriker und Hobby-Literaten beschäftigen sich mit Werk und Autor. Cervantes-Liebhaber Mariano Lizcano aus der Mancha zum Beispiel hat den gesamten Quijote in Versform umgeschrieben. Herausgekommen sind 37.000 Verse in 136 Kapiteln. „Das Werk würde Cervantes gefallen“, ist er sich sicher.
Lizcano hält den Quijote bis heute für aktuell in seiner Gesellschaftskritik, die auch vor Mächtigen nicht Halt macht. Das Werk, das oft auch als erster Roman der Literaturgeschichte bezeichnet wird, ist eine Parodie auf die Rittergeschichten der damaligen Zeit. Antiheld Don Quijote, begleitet von seinem Schildknappen Sancho Panza, kämpft gegen Windmühlen.

Nach der starken öffentlichen Kritik an einem zu geringem Interesse an Spaniens berühmtesten Schriftsteller hat auch die Regierung ein Programm zu Ehren des 400. Todestags mitzusammengestellt. Vom 4. April an bis zum 22. Mai ist in der alten Nationalbibliothek in Madrid die Ausstellung „Miguel de Cervantes: Vom Leben zum Mythos (1616-2016)“ zu sehen, gezeigt werden auch historische Dokumente der Nationalbibliothek und des Amerikaarchivs in Sevilla, des „Archivo de Indias“.

Das Cervantes-Institut, das spanische Pendant zum deutschen Goethe-Institut, widmet dem Autor in seiner Madrider Zentrale vom 20. bis zum 28. April eine Cervantes-Woche. Auch die Cervantes-Institute im deutschsprachigen Raum in Berlin, Bremen, Frankfurt am Main, Hamburg, München und Wien gedenken des Dichters. So lädt das Institut in Berlin Kinder zu einer kreativen Reise mit Don Quijote ein.

Miguel de Cervantes starb im Alter von 68 Jahren an Diabetes in Madrid. Seine Überreste gingen im Laufe der Jahrhunderte verloren: Er wurde auf seinen Wunsch im Kloster Trinitarias Descalzas in Madrid bestattet, doch dessen Kapelle wurde erweitert und die dort bestatteten Gebeine umgebettet.

Nach langer Suche stieß ein Forscherteam im vergangenen Jahr auf ein Gruppengrab mit 16 Bestatteten, darunter waren auch die Überreste eines Mannes mit einer Schusswunde und Verletzungen an der linken Hand. Cervantes hatte sich solche Verletzungen in der Schlacht von Lepanto zugezogen. Die Forscher wollen sich bis heute aber nicht eindeutig darauf festlegen, dass es sich um das Grab von Cervantes handelt.