Madrid (dpa) - Genau 80 Jahre ist es her, dass Faschisten in Spanien den genialen Lyriker Federico García Lorca kaltblütig erschossen. Schergen des späteren spanischen Diktators Francisco Franco streckten ihn vermutlich in der Nacht vom 17. auf den 18. August 1936 wegen seiner linken politischen Einstellung und seiner Homosexualität in der Nähe der andalusischen Stadt Granada nieder. Dann verscharrten sie ihn in einem Massengrab. Aber wo genau? Bis heute ist unklar, wo sich die Überreste des berühmtesten und bis heute meistübersetzten spanischen Poeten des 20. Jahrhunderts befinden. Nach vergeblichen Suchaktionen 2009 und 2014 will sich nun ein Team unter Führung des Archäologen Javier Navarro daran machen, das Geheimnis zu lüften.
«Das ist eine große Herausforderung, die schwierigste Operation meiner Karriere», erklärt Navarro, der immerhin mehr als 150 archäologischen Grabungen vorgestanden hat. Voraussichtlich im September soll es losgehen. Denn es gibt neue Hinweise, wo genau die Gebeine Lorcas und zahlreicher anderer Opfer des spanischen Bürgerkrieges liegen könnten. Das Gebiet an einer Bergstraße nahe des Ortes Alfacar ist bereits abgesteckt - nur das Geld für die Aktion sei noch nicht gesichert, denn sie werde rein privat finanziert, so Navarro. «Ich glaube aber, dass sich seine Überreste wirklich dort befinden. Das Puzzle setzt sich langsam zusammen.»
Lorca war kurz nach Kriegsausbruch mit anderen Gefangenen in der Talschlucht von Víznar bei Granada ermordet worden. Da war er gerade einmal 38 Jahre alt. «Ich habe der schwulen Sau zwei Kugeln in den Arsch gejagt», brüstete sich später der Täter, Juan Luis Trescastro. Die Stelle, wo er erschossen wurde, ist heute Teil eines Parks. Lediglich ein schlichter Steinquader nahe einem Olivenbaum erinnert an den berühmten Volksdichter, der heute als Erneuerer des spanischen Theaters gefeiert wird.
Damals aber, in den ersten Jahrzehnten der Franco-Diktatur (1939-1975), waren die Werke des Republikaners in Spanien verboten, nicht einmal sein Name durfte ausgesprochen werden. «Er hat mit seiner Feder mehr Schaden angerichtet als andere mit einer Pistole», sagten die Militärs über den Weggefährten von Künstlern wie dem Maler Salvador Dalí oder dem Regisseur Luis Buñuel. Dennoch war Lorca mit seinen «Zigeuner-Romanzen» und Theaterstücken wie «Bernarda Albas Haus» oder «Bluthochzeit» weltberühmt geworden.
«Heute herauszufinden, was damals genau geschehen ist, ist äußerst kompliziert, weil all diejenigen, die etwas gesehen oder gehört haben könnten, nicht mehr leben. Sie haben die Wahrheit über dieses schreckliche Verbrechen mit ins Grab genommen», sagt Gabriel Pozo, Autor des Buches «Lorca, el último paseo» (deutsch etwa: Lorca, der letzte Gang). Und trotz aller Zuversicht, Licht ins Dunkel um Lorcas Grab zu bringen, bleibt auch Archäologe Navarro vorsichtig: «Das ist, als würde man eine Nadel im Heuhaufen suchen, denn darüber liegen Tonnen von Erde», erklärt er. «Das ist die große Schwierigkeit - und die große Herausforderung.»