Coburg/Sylt - Johanna Wagner reist mit Leidenschaft. Doch sie sucht weder Entspannung noch Erholung, auch nicht touristisch aufbereitete Authentizität: "Wenn ich verreise, ist es mir wichtig, mit den Menschen und ihrer Kultur in Berührung zu kommen. Dabei folge ich nicht dem Reiseführer, sondern meinem Gefühl." Dieses Gefühl führte sie im Dezember 2009 zum zweiten Mal nach Südamerika. Für 191 Tage ließ die damals 24-Jährige ihr Handy aus und ihr altes Leben hinter sich, um in Peru "zurück zu den Wurzeln" zu finden, "mit den Händen wieder die Erde zu berühren" und der Frage nachzugehen: Was ist wahrer Reichtum?

Die Studentin stürzte sich mittenhinein in das Leben der lärmenden Acht-Millionen-Metropole Lima und erkundete Land und Leute nicht aus der Touristenperspektive: Vier Monate lang arbeitete die gelernte Physiotherapeutin im Centro Vida Nueva mit Kindern mit Behinderungen - und bereiste während und nach dieser Zeit mit dem Rucksack Peru, Ecuador und Bolivien - meist alleine, streckenweise auch gemeinsam mit ihrem Bruder, ihrem Vater und anderen Volontärinnen aus dem Centro.

Der Blog, in dem sie ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Emotionen schilderte, fand viele Leser, die Johanna Wagner ermutigten, ein Buch daraus zu machen. Und es gelang: Im Dezember 2013 - während ihres Studiums der Integrierten Gesundheitsförderung in Coburg - veröffentlichte Wagner den ersten Teil ihrer Reiseerzählung im Eigenverlag.

"Schlaflos in der Regenzeit - Traumreise nach Südamerika" fand solchen Anklang, dass die Autorin nun Band zwei folgen lässt: "Zwischen den Zeilen reisen" verknüpft wiederum auf sprachgewandte Weise Information und persönliches Erleben. Während Machu Picchu der Besucherin die Stille erklärt und die Silbermine von Potosí das eigene Seelenleben aufreißt, relativiert der gigantische Sternenhimmel über der Atacamawüste die Größe des eigenen Selbst.

Johanna Wagners Bücher sind kundige, lebendige und von der leidenschaftlichen Fotografin selbst illustrierte Reisereportagen und zugleich (selbst)kritische, nachdenkliche Betrachtungen über den westlichen Lebensstil des Höher, Schneller,Weiter. Die Autorin zeigt und fordert Respekt vor den einfachen Menschen und Rückbesinnung auf ein Dasein im Einklang mit der Natur.

Dreh- und Angelpunkt ihrer Reisen ist der "Moloch" Lima, dem sie ein ganzes Kapitel ihres zweiten Buches widmet: "Lima erlebt Tragödien und Komödien in nur wenigen Sätzen hintereinander. Lima ist ein verworrener Buchstabensalat, den ich in eine Reihenfolge bringen möchte, damit man die Stadt zumindest ansatzweise lesen kann."

Ein wichtiges Thema von "Zwischen den Zeilen reisen" ist der "Kulturschock Heimat", der die junge Deutsche überraschend schon im europäisch geprägten Argentinien ereilte. "Er war viel erschreckender, als der während meiner Ankunft auf südamerikanischen Boden", gesteht Johanna Wagner.

Nach Südamerika ist sie seit 2010 nicht mehr gereist, doch für ihr Studium verbrachte sie ein Praxissemester in Australien. Ihre Bachelor-Arbeit über den Gesundheitszustand der australischen Ur-Einwohner trugt ihr den Coburger IHK-Preis 2015 ein. Und eine naheliegende Idee: "Ich spiele mit dem Gedanken, darüber zu schreiben."

Johanna Wagner: "Zwischen den Zeilen reisen"

227 Seiten, 45 Illustrationen,

ISBN: 978-3-00-051755-6, 12 Euro

Erhältlich in Coburg bei Riemann und Thalia. Bestellbar bei der Autorin:

www.marieposamedien.com

Vita

Johanna Wagner, Jahrgang 1985,

stammt aus dem nordhessischen

Melsungen, ist staatlich geprüfte Physiotherapeutin und Managerin für angewandte Gesundheitswissenschaften. Ihre Bachelor-Arbeit, mt der sie ihr Studium an der Coburger Hochschule abschloss, erhielt den IHK-Preis. Neben der ganzheitlichen Gesundheit sind die Fotografie und das Schreiben ihre großen Leidenschaften. 2005 arbeitete sie sechs Monate in einer Kindertagesstätte und in Armenvierteln von Leme, Brasilien. 2009 arbeitete sie vier Monate als Physiotherapeutin mit Kindern mit Behinderungen in Lima, Peru. 2012 führte sie in einem Praxissemester Projekte mit Aborigines in Australien durch. Seit 2014 lebt und arbeitet sie auf Sylt.