Bad Rodach - Zum Auftakt des Rückert-Preis-Wochenendes fand auf Einladung des Rodacher Rückertkreises am Freitagabend im Jagdschloss eine Lesung mit der iranisch-deutschen Schriftstellerin Sudabeh Mohafez statt. Die Autorin stellte ihren im Februar erschienenen Roman "brennt" vor. Die Authentizität der detailliert geschilderten Brandszene am Beginn des Buches machte selbst den Vorsitzenden des Rückertkreises Rainer Möbus, der selbst geschulter Feuerwehrmann ist, sprachlos. "Ich habe so etwas noch nie gelesen", betonte Möbus bei seiner Begrüßung.

Und in der Tat bleibt dem Leser hier die Luft weg, ebenso wie Sudabeh Mohafez' Titelheldin Mané, die sich mitten in der Nacht in ihrer Wohnung von knisternden Flammen und fauchendem Rauch umgeben sieht. Die Autorin schildert das Geschehen aus eigenem Erleben, doch mit ausgereifter schriftstellerischer Reflektion. Der Moment des Erkennens der lebensbedrohlichen Situation, das Reagieren in Sekundenbruchteilen, die wie Minuten erscheinen, die veränderte Wahrnehmung Manés während der dramatischen Rettungsaktion über die Feuerwehrleiter - all das erzählt Mohafez in einem gekonnten dramatischen Bogen, der dennoch Zeit lässt für hin- und herpendelte Gefühle zwischen Angst und Wut und Liebe. Schon allein wegen dieses Einstiegs muss man diesen Roman gelesen haben!

Aber eigentlich geht die Geschichte jetzt erst los. Das traumatische Erlebnis hat Mané verändert. Die Musikproduzentin ist nicht nur ihrer Wohnung und des darin befindlichen Aufnahmestudios beraubt, sondern auch ihre gewohnten Ruhe. Nicht nur, dass sie sich in einen Feuerwehrmann verliebt hat. Seit dem Brand unterhalten sich zwei Stimmen in ihrem Kopf: Lars und Pia. Und diese beiden Stimmen konfrontieren sie mit einem nicht verarbeiteten Erlebnis aus ihrer Vergangenheit. In der Zuschauermenge nämlich meinte sie Hjartan gesehen zu haben, doch der ist seit langem tot. Nun muss sie sich entscheiden, ob sie zurückkehrt nach Island und nach der Ursache für ihre plötzliche innere Eiseskälte forscht.

Die Literaturfeunde waren fasziniert von der ebenso temporeichen wie poetischen Sprache des Romans und dem lebendigen, hervorragend präsentierten Vortrag durch Sudabeh Mohafez. Für manche war es ein Wiederhören, denn vor einigen Jahren war die Adelbert-von-Chamisso-Förderpreisträgerin mit ihrem Erzählband "Wüstenhimmel, Sternenland" zu Gast beim Coburger Literaturfestival "Coburg liest". Verarbeitete sie in diesem Werk Eindrücke aus ihrer iranischen Heimat, so hat sie sich mit "brennt" in die Liga der hervorragenden deutschen zeitgenössischen Romanciers eingereiht.

Die Tochter eines Iraners und einer Deutschen wurde 1963 in Teheran geboren. Zu Beginn der Revolution 1979 floh die Familie nach Berlin, wo Sudabeh Mohafez aufwuchs, Abitur macht und Musik, Anglistik und Pädagogik studierte. Jahrelang leitete sie ein Frauenhaus in Berlin. Heute lebt sie in Stuttgart. Während eines zweijährigen Aufenthalts in Lissabon schrieb sie einen literarischen Blog, für den sie sich zur Aufgabe machte, jeden Tag eine zehnzeilige Geschichte zu schreiben, für die sie nicht länger als 15 Minuten brauchen durfte und die nach höchstens zweimaliger Überarbeitung online gestellt wurde. Die Besten dieser Geschichten sind ebenfalls in diesem Frühjahr unter dem Titel "Zehn Zeilen Buch" erschienen. Zum Abschluss ihrer Rodacher Lesung stellte Mohafez vier der pointierten Geschichten daraus vor.

Sudabeh Mohafez: "brennt", Dumont Verlag, 207 Seiten, 18,95 , ISBN 978-3-8321-9573-1. "Zehn Zeilen Buch", edition Azur Dresden, 111Seiten, 14,95 , ISBN 978-3-9812804-6-3.