Nach dem beruflichen Aus in Hamburg kehrt Florentin in seine geliebte Heimatstadt zurück. Zwar ist auch hier das "süße Leben versiegt", doch der Wunsiedler Bürgermeister will das Luxusgut Zucker aus dem "Stoff der Zukunft" gewinnen: "Eine Rübe ist unsere Rettung hat er im Ernst gesagt. Da hat sein Hirn versagt", meckern die Stadträte. Fast wie im richtigen Wunsiedler Leben lässt sich Frank Logemann auch auf der Bühne als fiktives Stadtoberhaupt nicht beirren: "Franzosen raus, Rüben rein."
Obwohl die Räte weiter stänkern - "Warum nicht gleich eine bayerische Sternenmission wie Bavaria One?" - soll der machtgeile Stadtrat Reisinger die Franzosen ins Boot holen. Mark Weigel gibt ihn als unsympathischen Kniebohrer, der alles besser weiß - Parallelen zu lebenden Personen drängen sich auf.
Doch die Wunsiedler weigern sich, auf diese "ridiküle Rübe" und den vom Bürgermeister angeschleppten preußischen Wissenschaftler zu setzen, den Matthias Zeeb als kuriosen Kopfmensch präsentiert. Stattdessen schmuggeln die Wunsiedler lieber Rohrzucker in Särgen - zunächst äußerst erfolgreich.
Ebenfalls für Lokalkolorit sorgt eine köstliche Szene in der Konditorei Otto Strehle in Marktredwitz. Hier genießen fünf Zuckerpuppen das süße Produkt aus ihrer Nachbarstadt. "Aber gönnen tu’ ich den Wunsiedlern ihren Reichtum ja nicht", macht einer diese blasierten barocken Bonbonnieren klar, die sich als Multi-Taskerinnen des frühen 19. Jahrhunderts entpuppen: Während die Klatschtanten mit ihren Reifröcken und Turmfrisuren singen und tanzen, klären sie nebst neuesten "Wer-mit-wem-Geschichten" gleich die Folgen der Weltpolitik für den heimischen Mikrokosmos: "Wir Rawetzer sind österreichische Böhmen." Jede dieser Zuckerpuppen wird bei ihrem rhythmischen Kaffeetassen-Geklapper von einem befrackten Kellner tanz- und taktvoll begleitet.
Wenig später spielen die pastellfarbenen Paradiesvögel graugewandete Fabrikarbeiterinnen. Diese sind wild entschlossen, den wirtschaftlich wie zwischenmenschlich an die Wand gefahrenen Karren aus dem Dreck zu ziehen. "Das ist, was wir Frauen hier tun" lässt Simmler ihre starke Schauspielerinnen-Riege singen: "Wir helfen einer Frau in Not".
So finden am Franzi und Florentin doch noch ihr Glück, ebenso wie die Wunsiedler: Denn die "grenzüberschreitende Rübe, eine europäische Rübe" ist auf einmal doch "eine Zukunftstechnologie", die das Überleben der Stadt sichert. Ein sehr süßes Ende für diese "Zucker"-Geschichte über Liebe und Verrat rund um das weiße Gold der damaligen Zeit.