Eichelsdorf/Ebern - Auf die Spuren des Sprachwissenschaftlers, Dichters, Übersetzer und Orientalisten Friedrich Rückert hat sich das Kulturcafé des Landkreises Haßberge in seiner zweiten Veranstaltung in diesem Jahr begeben. Mit dem Kreisheimatpfleger für den Altlandkreis Ebern, Günter Lipp, hatte die Organisatorin Sibylle Kneuer einen ausgezeichneten Referenten gefunden, der im Gasthaus "Zu den Haßbergen" in Eichelsdorf einen interessanten und spannenden Vortrag hielt.

In seinem Referat beschränkte er sich hauptsächlich auf die Zeit zwischen 1809 und 1820, in der Dr. Johann Michael Friedrich Rückert, wie er eigentlich hieß, rund sechs Jahre in Ebern verbrachte. Mit vielen Informationen, Zitaten, Bildern und humorvollen Ausführungen wusste Günter Lipp die 40 Zuhörer regelrecht zu fesseln. Der Advokat Johann Adam Rückert, Vater des 1788 in Schweinfurt geborenen Friedrich Rückert, war 1809 zum Rentamtsvorsteher in Ebern berufen worden und mit seiner Familie dorthin gezogen. Damals lebten rund 1000 Bürger in Ebern, hauptsächlich Bauern und Handwerker, von denen immerhin 160 Schulkinder waren. Das Rentamt, in das die Familie einzog, war 1717-19 von dem recht berühmten Baumeister Joseph Greising errichtet worden. Es diente erst als fürstbischöfliches Amthaus von Würzburg, wurde dann Rentamt und beherbergt noch heute das Finanzamt.

Friedrich Rückert war damals 21 Jahre alt und hat sich in Ebern offensichtlich nicht wohlgefühlt und sich besonders im Winter gefürchtet, "in Unbehagen und Unthätigkeit einzuschneien". 1814 klagte er: "... denn ich habe hier eigentlich Niemand, mit dem ich plaudern kann... und hier ist keine Seele, außer einige Tabakraucher, Biertrinker, Kegelschieber und Mädchenjäger." Allerdings hatte Rückert, wie Günter Lipp anmerkte, selbst Pfeife geraucht, gerne Bier getrunken und zumindest zwei Mädchen aus der Gegend verehrt.

Rückert studierte ab 1805 an der Universität in Würzburg Jura und Sprachwissenschaft und promovierte 1811 in Jena. Nach einem Semester als Privatdozent in Jena und wenigen Tagen als Lehrer am Gymnasium in Hanau kehrte er nach Ebern zurück. "Dort dichtete und wanderte er nach Lützelebern und aufs Raueneck, vergnügte sich beim Tanzen im Glasholz, einem Tanzplatz im Wald bei Gereuth, und verliebte sich", so Günter Lipp. Er schrieb Gedichte um hiesige Sagen, verschiedene Gedichte wie das bekannte "Deutschland in Europas Mitte" oder "Aus der Jugendzeit", sowie "Fünf Mährlein für mein Schwesterlein". Seine Liebe galt zunächst Agnes Müller in Rentweinsdorf (1796-1812), für die er 41 Gesänge mit dem Titel "Agnes - Bruchstücke einer ländlichen Todtenfeier" verfasste, und dann Maria Elisabeth Geuß aus Rentweinsdorf. Sie war die Wirtstochter der "Specke", wollte aber von dem jungen Doktor nichts wissen. "So hat er ihr erst Kosenamen wie Liebling, junge wilde Hecke, Fürstin, schöne scheue Taube und dann Schimpfnamen wie feindselige Fee, tolle, schöne, glatte, kalte goldene Schlange, Kaltgesinnte - Satan gegeben", wie Lipp berichtete. Auch der "Marielies", wie sie genannt wurde, widmete Rückert 70 Gesänge.

"Eines Abends hat er wohl aus Langeweile seinen Namen in eine Fensterscheibe im vorderen südwestlichen Ecksaal im zweiten Stock eingraviert" erzählte Günter Lipp. "Weil die Scheibe nicht mehr existiert, wurde auf meine Anregung hin das Autogramm von Friedrich Rückert in Gold am Fenster des heutigen Amtsvorstehers angebracht."

Rückert schrieb auch politische Gedichte, wobei seine "Geharnischten Sonette" von 1814 besonders bekannt sind. Schon zuvor war er zur "Tafelrunde" des Christian Truchseß von Wetzhausen auf der Bettenburg gestoßen, der sich auch Männer wie Jean Paul und Gustav Schwab (1792-1850) zugehörig fühlten. Schließlich reiste er auch gerne, unter anderem in die Schweiz und nach Italien. Dass er auf dem Rückweg in Wien Joseph von Hammer-Purgstall traf, animierte ihn, vermehrt orientalische Sprachstudien anzustellen. Als er 1820 nach Coburg zog und ein Jahr später Luise Wiethaus-Fischer heiratete, löste er sich nach und nach endgültig von Ebern. Zumal sein Vater 1825 nach Schweinfurt versetzt wurde. Günter Lipp ging auch auf den weiteren Werdegang Rückerts ein, der Professor für orientalische Sprachen in Erlangen und Berlin wurde und 1866 in Neuses bei Coburg verstarb.

"Ebern hat Rückert schließlich hoch geehrt, und das Gymnasium, eine Gasse, ein Denkmal in der Rückert-Anlage und einen Stein am Friedrich-Rückert-Weg nach ihm benannt und erinnert mit einer Tafel am Finanzamt an ihn", erwähnte Günter Lipp am Ende: "Immerhin hat er hier seine dichterische Pubertätszeit erlebt!"


Park & Ausstellung

An den Vortrag schloss sich eine kleine Diskussionsrunde an. Dabei verwies Landschaftsarchitektin Silke Kapp darauf, dass die VHS Hofheim Führungen durch den Landschaftsgarten an der Bettenburg anbiete. Ein Besucher bedauerte, dass der Park von Jahr zu Jahr mehr verfalle: Landrat Handwerker versprach, sich zu informieren, wie der Verfall aufgehalten werden könne. Auch wenn der Naturpark Haßberge schon einige Wege wieder instand gesetzt hat.

Mit Hinweisen auf die Bücher von Lieselotte Sörgel aus Eichelsdorf über die Bettenburg, die Friedrich-Rückert-Gesellschaft Schweinfurt und die Ausstellung im Museum Otto Schäfer Schweinfurt vom 26. Dezember 2013 bis 19. Januar 2014 mit dem Titel "Rückert märchenhaft - Eine Ausstellung zum 200. Geburtstag von Rückerts Fünf Märlein" endete ein poetischer Abend. ul