Hassberge Politik macht Schule

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Zweiter Streich bei der neuen Veranstaltungsreihe am Rückert-Gymnasium: Diesmal kommt Markus Rinderspacher von der Bayern-SPD zu Wort und stellt sich den Fragen.

 
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Ebern - Im Grunde hat jeder etwas vom Besuch des Fraktionsvorsitzenden der bayerischen Landtags-SPD. Die einladende Schule, die damit die hohe Politik aus dem Schulstoff der Sozialkunde konkret werden lässt, die Schüler, die das und die Abwechslung im Unterricht wohl zu schätzen wissen - und Markus Rinderspacher selbst. "Nach einer kurzen Umfrage bei uns waren Sie doch ziemlich unbekannt", resümiert gleich zu Beginn charmant und trocken die 2. Schülersprecherin Laura Blum, die gemeinsam mit Julian Schäff die Moderation führt.

Der "Politik Gesichter verleihen" wollte Schulleiter Klauspeter Schmidt mit der Veranstaltungsreihe, die nach der Ebelsbacher Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär (CSU) nun den 42-jährigen SPD-Politiker aufs Podium im Friedrich-Rückert-Gymnasium Platz nehmen ließ. Nach den beiden Vertretern der Volksparteien sollen auch noch Politiker der Grünen, freien Wähler und Liberalen folgen. "Ebern soll die Topographie der Politiker nachhaltig beeinflussen", scherzt Schmidt. Markus Rinderspacher kennt nun Ebern, und die Eberner Gymnasiasten kennen ihn. Jedenfalls nutzten sie die eineinhalb Stunden recht ausgiebig, um ihn näher kennenzulernen.

Dabei ging es um die großen Fragen, wie etwa die Chancen auf einen Regierungswechsel in Bayern 2013, den Rinderspacher dank des Spitzenkandidaten für nicht unrealistisch hält: "Christian Ude kann vor allem das aufweisen, was viele in der bayerischen SPD nicht aufweisen können - nämlich Regierungserfahrung."

Was die Schülerinnen und Schüler der Q12 aber vor allem bewegte, war die Bildungspolitik. Auf das achtzügige Gymnasium angesprochen gestand Markus Rinderspacher ein, die Verkürzung für sinnvoll zu halten. Allerdings "ging das hopplahopp": Die überstürzte Einführung des G8 tadelte der SPD-Politiker als "nicht wirklich gelungene Reform".

Im Übrigen wolle man die Bildungspolitik in Bayern ergänzen: "Dieses Schulsystem gibt nicht auf alle Fragen eine Antwort." Zusätzlich zu mehr Ganztagsangeboten forderte Rinderspacher mehr Eigenverantwortung für die Schulen statt zentraler Regeln aus München.

Davon abgesehen setze sich die SPD in Bayern für die Abschaffung der Studiengebühren ein, der "Barriere für sozial Schwache", wie Fraktionsvorsitzende formulierte. "Die liegen dann auf dem Konto der Hochschule und machen aus Studiengebühren eine Sparkasse", schimpfte er: "Aber sind sie wirklich nötig?"

Damit traf Rinderspacher selbstredend den Nerv der Jugendlichen, die ihm aber noch für eine andere Tatsache dankbar waren: "Ich freue mich über Ihre Direktheit", freute sich beispielsweise Jan Limpert, der dem Politiker eine klare Wortwahl attestierte. Dieser hatte dem Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg das Hinterlassen eines "Saustalls" in dessen Ressort bescheinigt: "Ich weiß nicht, ob sich die CSU einen Gefallen tut, wenn sie ihn zurückholt."

Gefragt zum heiß diskutierten Rücktritt des Bundespräsidenten entgegnete Rinderspacher lapidar: "Das muss er selbst entscheiden." Allerdings sei es ein großes Problem, dass Wulff die ohnehin spärlich verbreitete Glaubwürdigkeit der Politik innerhalb der Bevölkerung weiter beschädigt habe.

Doch auch mit der eigenen Partei ging der 42-Jährige nicht zimperlich um. Angesprochen von Lehrer Roland Baumann auf die Nachwuchsarbeit, gestand er ein "Riesenproblem": Er selbst zähle mit Anfang 40 zu den Jüngsten im Landtag, das bayernweite SPD-Durchschnittsalter der Mitglieder läge bei 60 Jahren. Ergo: "Reicht es denn, nur zu motzen?", appellierte er an die Jugendlichen, selbst Politik zu machen. Denn: "Ihre Zukunft in der Bildungspolitik entscheiden momentan nicht die Jüngeren, sondern die, die schon länger keine Schule mehr besucht haben!" Da reiche es für Politiker nicht, "bei Facebook zu sein und sich antwittern zu lassen", um die Jugend zu erreichen.

Dies wiederum gelang dem gebürtigen Pfälzer bei seinem Schulauftritt bestens, wie ein Stimmungsbild unter den Oberstufenschüler nach der Veranstaltung zeigte. Er habe sich gut verkauft, bescheinigten ihm Annkathrin und Barbara, die diese Veranstaltung besser fanden als die erste der Politik-Reihe. Die wiederum fand ganz die Zustimmung von Kim Wichler, der die bisherige Vorstellung der jeweiligen Denk- und Programmansätze gut gefallen hat: "Das finde ich gut und wichtig, zumal ich ja bald selbst wählen gehe."

Politik muss schon die Jüngsten erreichen, das weiß Markus Rinderspacher aus eigener Erfahrung: Nach dem Abtragen des heimischen Rodelhügels zugunsten einer neuen Schule entpuppte sich zuhause der eigene Sohn als kleiner "Wutbürger". Selbst die Aussicht auf einen neuen Hügel besänftigte den Achtjährigen nicht: "Bis der gebaut wird, liegt kein Schnee mehr", so der Sohn. So schwierig ist Politik.

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