Hassberge Ruß tritt an

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Die Spekulationen haben ein Ende, eine Überraschung ist es nicht: Der Bezirksrat aus Sand geht ins Rennen um das Amt des Landkreischefs.

 
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Eltmann - Na schön, eine wirkliche Überraschung ist es ja nicht gewesen. Selbst für die, die sich nicht an den üblichen Spekulationen beteiligt haben: Dass die Kreis-SPD nun Bernhard Ruß ins Rennen um das Amt des Landrates schickt, dafür hat es keine Wahrsager und keine Kristallkugel gebraucht. Vielleicht aber irgendwie einen Glückskeks.

In merklich gelöster Stimmung haben sie nach Eltmann eingeladen, SPD-Kreisvorsitzender Wolfgang Brühl, der Kreisfraktions- und Unterbezirksvorsitzende Jürgen Hennemann und der Sander Bürgermeister und Bezirksrat Bernhard Ruß selbst, um der Presse und damit der Öffentlichkeit zu bestätigen, was seit vielen Monaten schon hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde. "Weihnachten wusste ich es noch nicht, im Februar hat es sich verdichtet und im Frühjahr haben wir es in der Familie beraten", verrät Bernhard Ruß und präsentiert ein winziges Stückchen Papier, sein "einziges Redemanuskript heute", wie er schmunzelt. Es ist der Spruch eines Glückskekses, den der 58-Jährige just am Abend seiner familiären Beratung in einem Restaurant erhalten hatte. Und der muss ihn wirklich in seiner Entscheidung bestätigt haben: "Sie sind sehr impulsiv, begeisterungsfähig und für eine Führungsrolle geeignet", steht zu lesen. Seit Anfang Juni ist es fest, doch die Sozialdemokraten wollten erst den "ordnungsgemäßen Weg" durch alle Gremien - Einverständnis von Ortsvereinen, Fraktion und Kreisverband - einhalten, wie Wolfgang Brühl eingangs erklärte: "Wir haben uns einfach nicht drängeln lassen."

Dabei sei der Name Bernhard Ruß freilich schon früh "intern und extern gleichermaßen" gefallen, auch wenn dieser selbst eingesteht: "Ich war nicht der Einzige, der im Raum stand."

Ruß bringt als langjähriger Kommunalpolitiker sowohl einen Namen, als auch eine gewisse Erfahrung mit. Seit zehn Jahren ist er Bürgermeister in Sand am Main, ist Bezirksrat und als stellvertretender Landrat bereits im gesamten Landkreis bekannt. Zahlreiche Termine, ob zu Ehejubiläen oder öffentlichen Veranstaltungen hat Ruß in der vergangenen Zeit auch im nördlichen und östlichen Landkreis wahrgenommen - "weil sich keiner mehr hoch getraut hat", scherzt der Sander, der seinerseits übrigens für die Rückkehr der Altkennzeichen EBN und HOH im Kreistag gestimmt hatte.

Nicht nur deshalb räumen ihm seine Parteikollegen hohe Chancen ein, auch jenseits des Maintals. "Wenn ich Landrat werde, will ich ein Landrat für alle Landkreisteile sein", bekräftigt Bernhard Ruß. Die Themen, die ihm am meisten am Herzen lägen, beträfen ohnehin vor allem die Randgebiete: "Gerade außerhalb der Mainachse, im ländlichen Raum, der nicht so dicht besiedelt ist, müssen wir uns um die Situation der Schulen und Kindergärten kümmern", so Ruß. Dabei wolle er den Landkreis nicht nur als Sachaufwandsträger, der Um- und Neubauten finanziere, sondern als Mit-Organisator in der Pflicht wissen - insbesondere bei der Zukunft der Mittelschule, die "auf Dauer keinen Bestand" haben werde. Dass ein Landrat Bernhard Ruß seine Anschauungen zur bayerischen Bildungspolitik nachdrücklicher vertreten könne als der aktuelle "Schullandrat", dessen ist sich Jürgen Hennemann sicher: "Ihm steht hier jedenfalls keine Parteienbindung im Weg."

Überregionales Profil erlangte Ruß durch seine teils heftige Kritik an der Verteilung der geplanten Gebiete zur Windkraftnutzung im Regionalen Planungsverband Main-Rhön: "Der ganze Steigerwald wäre machbar", sagt Ruß, der "grundsätzlich für Windräder" eintrete: "Das ist der Preis des Fortschritts, den man bezahlen muss." Die gesamte Umsetzung der Energiewende im Heimatkreis hätte man aber anders anpacken können, klagt Ruß: "Es hat gut angefangen, aber es geht nicht voran." Ähnlich sehe es mit der Breitbandversorgung aus, durch die das flache Land ebenso ins Hintertreffen gerate wie durch eine ungenügende Verkehrsanbindung.

Daher hält der SPD-Kandidat eine Ausweitung des Verkehrsverbundes Nürnberg (VGN) bis nach Haßfurt für enorm wichtig "Die Eberner haben hier gute Erfahrungen gemacht." Dabei gehe es nicht nur um Tourismus, sondern auch um wirtschaftliche wie demografische Aspekte - bei "vernünftigen Preisen", so Ruß, könne man so qualifizierte Arbeitskräfte, die zum Job nach Erlangen oder Nürnberg fahren, in den Haßbergen halten. In der Vergangenheit seien viele Landkreisbürger beruflich nach Schweinfurt orientiert gewesen, wo aber viele Arbeitsplätze weggefallen seien. "Wenn es Veränderungen gibt, muss man die Angebote entsprechend anpassen", bekräftigt Bernhard Ruß.

In der Position eines Landrates gelte sein Wort in den Planungsverbänden mehr, hofft der Sander Bürgermeister, der seine Kontakte auch im Bezirkstag pflegt, wie er sagt: "Es ist auch eine sehr gute Vernetzung auf Verwaltungsebene, die ich ins Amt mit einbringe." Mit Platz zwei auf der Kandidatenliste der SPD hat Ruß beste Chancen, im Herbst erneut in den Bezirkstag einzuziehen.

Für seine Kandidatur auf das Amt des Landrates zeigt sich Bernhard Ruß zuversichtlich: "Ich trete nicht an, um auf die Plätze zu kommen."


Termine

Die offizielle Nominierung auf Kreisebene findet Ende Oktober statt.

Zuvor gibt es Wahlkampf auf Landesebene mit dem SPD-Kandidaten auf das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten: Christian Ude kommt am Freitag, 19. Juli, nach Zeil. Nach einem Kaffeekränzchen im AWO-Haus und einem Stadtrundgang soll der Tag im Biergarten ausklingen.


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