Hassberge Starker Auftritt mit schwerer Kost

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Eine beeindruckende Frau mit einer bewegenden Geschichte: Sabrina Tophofen berührte mit der Lesung ihrer eigenen Lebensgeschichte. Foto: Tanja Kaufmann

Sabrina Tophofen bewegt derzeit auf Lesetour: Die junge Frau berichtet aus ihrem harten Leben als Straßenkind.

 
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Ebern - Eine junge, zierliche Frau sitzt auf dem Podium. Es ist ihr ein dringendes Anliegen, den Jugendlichen im Publikum aus ihrem Buch vorzulesen, das merkt man. Doch ab und zu bricht ihre Stimme, sie nimmt ein Taschentuch. Denn die Geschichte, die sie den Schülern erzählt, ist ihre eigene: ein Lebensbericht, der unter die Haut geht. "Ich musste sie einfach zur Lesung holen", sagt Ulla Gräbe. Die Eberner Buchhändlerin hat wie in jedem Jahr anlässlich zum Welttag des Buches am 23. April eine Lesetour an Schulen in Ebern, Pfaffendorf und Baunach organisiert, diesmal mit der 31-jährigen Sabrina Tophofen.

Die junge Frau hat, gemeinsam mit Veronika Vattrodt, aufgeschrieben, wofür es keine Worte gibt. Ihre Schwester stirbt bei einem Brand; mit zehn Jahren zeigt Sabrina ihren Vater bei der Polizei an - jahrelang hatte er sie sexuell missbraucht, vergewaltigt und geschlagen. Sie landet im Kinderheim, aus dem sie im Alter von elf Jahren ausbricht und für die nächsten sechs Jahre auf der Domplatte in Köln als obdachloses Straßenkind lebt - und überlebt. Heute steht nämlich eine aufrechte, starke Person vor den Schülerinnen und Schülern im Friedrich-Rückert-Gymnasium, die es geschafft hat, nicht an ihrer Biographie zu zerbrechen. "Mein Leben als Straßenkind - So lange bin ich vogelfrei" heißt ihr Buch, das stellenweise unerbittlich gefangen nimmt. Es ist nicht die Schreibweise, die nüchtern und detailliert das beschreibt, was nicht zu beschreiben ist.

Mahnung und Bitte

Es ist vor allem die Tatsache, dass die junge Frau, um die es darin geht, nur wenige Meter entfernt sitzt - keine Show, kein Reality-TV, sondern das echte Leben. Die jugendlichen Zuhörer sind sichtlich ergriffen: Als Sabrina Tophofen von ihren eigenen Kindern spricht, denen sie eine so viel bessere Mutter sein will; als sie gesteht, über den Tod ihres Vaters froh zu sein; als sie über ihre Mutter spricht, die ihr nie beigestanden hat und die sie dennoch so geliebt hat. "Ich will alles daran setzen, meinen Kindern eine bessere Mutter zu sein", sagt die sympathische junge Frau. Und noch etwas liegt ihr am Herzen: "Ihr sollt aufeinander achten", bittet sie: "Damit niemand ausgegrenzt oder verachtet wird, nur weil er sich komisch verhält - keiner weiß, was vielleicht bei ihm zuhause los ist."

So lange bin ich vogelfrei

Sabrina Tophofen: So lange bin ich vogelfrei. Mein Leben als Straßenkind. Broschiert: 176 Seiten. Arena-Verlag, Januar 2012.


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