Hassberge Vogelspinne unterm Sofa

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Tierschützer und Polizei befreien verwahrloste Tiere aus einer Wohnung in den Haßbergen. Mit dabei: Vogelspinnen, Skorpion und zwei Pythons.

 
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Ebern/Oberaurach - Sie haben ja schon einiges gesehen, aber das, was sich den Mitarbeitern von Veterinäramt, Polizei und Tierschutzinitiative vergangene Woche in einer Steigerwaldortschaft bot, lässt selbst die Erfahrensten schlucken: Als sie nach einem Anruf eines besorgten Nachbarn, der seit Tagen einen Hund jaulen hörte, das verwahrloste Haus öffneten, entdeckten sie neben dem Hund und zahlreichen Katzen auch Schlangen, Ratten und Mäusen sowie eine Vogelspinne und einen Skorpion. "Die Tiere waren in verdreckten Terrarien untergebracht, die nötigen Licht- und Wärmequelle zum Teil defekt. Auch Wasser und Futter stand keinem der Tiere zur Verfügung", so Britta Merkel von der Tierschutzinitiative (TI): "Einige Tiere waren bereits tot, hier kam jede Hilfe zu spät."

Nach Aussage der Polizei in Haßfurt war das Mietverhältnis bereits einige Wochen zuvor gekündigt gewesen, der Zustand der zurückgelassenen Tiere lasse darauf schließen, dass sie zumindest mehrere Tage alleine gewesen wären. Während eine Maus, ein Skorpion und eine Vogelspinne bereits verendet gewesen seien, habe man die anderen Tiere dehydriert vorgefunden. Die Besitzer erwartet nun eine Anzeige nach dem Tierschutzgesetz.

Fälle von "Animal-Hoarding", dem krankhaften Halten und Sammeln von Tieren, sind leider nicht selten; meist betrifft es aber Hund und Katz. Die Haltung von Exoten in heimische Wohnzimmern nimmt darüber hinaus aber immer mehr zu. Das bestätigt auch die Amtstierärztin im Landkreis Haßberge, Simone Nowak. "Dass sich Menschen exotische Tiere halten und nicht artgerecht versorgen können, kommt sicher sehr häufig vor", vermutet Nowak: "Wir finden sie nur nicht immer!" Die Tiere würden im Internet für kleines Geld angeboten, eine Kontrolle sei da nahezu unmöglich, so die Veterinärin: "Da ist dem Unsinn Tür und Tor geöffnet." Problematisch seien vor allem die vom Hobby-Käufer nicht miteinberechneten Folgekosten der Tierhaltung: Ein in der Größe des teilweise noch wachsenden Tieres entsprechendes Terrarium, dessen Ausstattung sowie die nicht unerheblichen Stromkosten. Denn Reptilien wie Echsen oder Schlangen brauchen es konstant warm. "Es ist schade, dass oft Menschen, die sich selbst nicht finanzieren können, noch Tiere halten", sagt Simone Nowak.

Manchmal werden solche Tiere auch ausgesetzt, nur: "Die wenigsten findet man", erklärt die Amtstierärztin - weil sie die Verhältnisse in diesen Breitengraden nicht überleben.

Nicht nur fehlende Finanzen, sondern auch Mangel an Sachverstand sieht Karin Kraus von der Tierschutzinitiative bei vielen Haltern exotischer Tiere. "Eigentlich sollte da ein Sachkunde-Nachweis erforderlich sein", sagt Kraus, die auch die leichtfertige Verkaufsphilosophie mancher Zoohandlungen kritisiert. Zwar müsse teilweise ein Herkunftsnachweis der Exoten vorliegen, eine Registrierung ist bei einer Python beispielsweise aber nicht erforderlich. Die im Steigerwald vorgefundenen haben die Tierschützer nun fotografiert, das Foto samt Beschreibung bei der Reptilienauffangstation München eingereicht, die dann eine Grobeinschätzung geben können, um was für ein Tier es sich tatsächlich handelt. Bis zur abschließenden Klärung der gesamten traurigen Angelegenheit werden die Tiere nun von der TI Haßberge e.V. versorgt: "Zwei Python, eine Spinne, die Ratten sowie unzählige Katzen", zählt Karin Kraus auf. Der Hund wurde dankenswerterweise vom befreundeten Tierheim in Roth aufgenommen - nachdem im Landkreis Haßberge hinsichtlich der Fundtierbetreuung eine vernünftige Lösung leider noch immer auf sich warten lässt.

Nicht alle Halter sind aber über einen Kamm zu scheren, das weiß auch Karin Kraus: "Viele sorgen sicher auch gut für ihre Tiere." Doch ob alle Halter mit ihren Vier- oder Mehrbeinern zurechtkommen, ist zumindest zweifelhaft, so die Tierschützerin: "Man weiß nicht, was in den Wohnzimmern so los ist."


Kein Kavaliersdelikt

Nach dem Tierschutzgesetz kann das Zurücklassen von Tieren mit empfindlichen Geldstrafen von bis zu 25 000 Euro bestraft werden.


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