Hirschfeld Alte Schule als Aushängeschild

Heike Schülein

Hirschfelds Dorfmitte wird dank enormer Förderung wieder zum Zentrum für Bürger. Bei einer Begehung wird das neue Konzept von den Kreisheimatpflegern Kronachs gelobt.

 
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Hirschfeld - Das Ortsbild von Hirschfeld wird seit mehr als 130 Jahren von dem zweistöckigen, massiven Schulgebäude geprägt, welches in der Dorfmitte zwischen der "Marienstraße" und der Straße "Am Anger" an der Kreisstraße 18 liegt und vom Feuerwehrhaus und der Katholischen Filialkirche Mariä Heimsuchung umrahmt ist. Die Chronik von Hirschfeld datiert die Erweiterung des ursprünglichen Baus auf 1901. Mit dem Ende des Schuljahres 1968/69 wurde der Schulunterricht in Hirschfeld eingestellt, sodass eine Nutzung des Gebäudes in den Folgejahren durch Firmen, insbesondere einer Näherei, erfolgte. Ab 1971 fanden Gruppennachmittage für Kinder statt, bevor 1974 der Kindergarten mit einer ganztägigen Vorschulgruppe Einzug hielt.

"Das Gebäude diente in den folgenden 30 Jahren als Heimat für unsere Kleinsten, ehe im Jahre 2004 auch der Kindergarten mit Windheim zusammengelegt wurde", erklärte Steinbachs Bürgermeister Thomas Löffler. Sehr erfreut über das Interesse der beiden Kreisheimatpfleger am ehemaligen Schulgebäude, das im Zuge der Förderoffensive Nordostbayern eine Wiederbelebung erfahren soll, führte er Robert Wachter und Siegfried Scheidig durch die Räumlichkeiten. Dabei informierte er auch über die Nutzung der beiden Wohnungen im nördlichen Gebäudeteil über viele Jahre als Mietwohnungen; während der ursprüngliche Gebäudeteil in den vergangenen Jahren zeitweise Räumlichkeiten für Vereine, insbesondere für die sehr aktive Hirschfelder Dorfjugend, geboten hatte. "Aufgrund des Gebäudezustandes stehen die Wohnungen seit einiger Zeit leer und auch die übrigen Räume lassen keine adäquate Nutzungsmöglichkeit mehr zu", verdeutlichte er.

Im Zuge des Dorferneuerungsverfahrens, das im Jahre 2005 eingeleitet wurde und im Juni 2014 im Rahmen eines großen Bürgerfestes seinen offiziellen Abschluss fand, wurde Hirschfeld an vielen Stellen verschönert. Dabei wurde vor allem der Angerbereich als Mittelpunkt des Dorfes komplett umgestaltet. Ein Umbau des alten Schulgebäudes konnte jedoch trotz des großen Engagements und beeindruckender Eigeninitiative der Hirschfelder nicht realisiert werden. "Die alte Schule wird noch eine Herausforderung der Zukunft werden", hatte das Dorferneuerungsteam damals abschließend gemeint. Auch im Abschlussbericht des 26. Wettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft - Unser Dorf soll schöner werden", bei dem Hirschfeld beim Bezirksentscheid Oberfranken im Jahr 2017 mit Bronze ausgezeichnet wurde, steht geschrieben: "Ein weiterer wichtiger Schritt in der Entwicklung des Dorfes wird die Umnutzung und energetische Sanierung des alten Schulhauses im Rahmen der Förderinitiative Nordostbayern sein."

Bei einer Dorfversammlung am 9. November 2018 wurde schließlich das jetzt ausgearbeitete Nutzungskonzept den Bürgern im vollbesetzten Sportheimsaal vorgestellt. "Eine ambulante Tagespflege des BRK Kreisverbandes Kronach, eine Frühförderstelle der Lebenshilfe Kronach, Räumlichkeiten für die Hirschfelder Dorfjugend sowie moderner Wohnraum im Dachgeschoss bilden ein Gesamtkonzept, welches von der Dorfgemeinschaft begeistert aufgenommen wurde und mitgetragen wird", freut sich der Bürgermeister, der die Schaffung attraktiven Wohnraums als eines der wichtigsten Themen der Gemeinde für die Zukunft erachtet. Besonders beeindruckt hätten sich die Hirschfelder von den in allen Bereichen sinnvollen und zukunftsweisenden Nutzungsmöglichkeiten gezeigt, welche die Struktur des 450-Einwohnerdorfes nachhaltig stärkten. Für viele Menschen beinhalte dieses Anwesen zudem ein Stück Erinnerung an ihre Kinder- und Jugendzeit, welche aufrecht erhalten werden sollte. Das Motto der Dorferneuerung "Ein Dorf mit Herz für Jung und Alt" finde sich in dem Gebäude damit in besonderer Art und Weise wieder. "Für Hirschfeld und die gesamte Rennsteigregion bedeutet das einen wichtigen Schritt in die Zukunft: Ein ortsgeschichtlich wichtiges Gebäude wird mit einer ordentlichen Bezuschussung vor dem schleichenden Verfall gerettet und einer neuen, zukunftsfähigen Verwendung zugeführt", zollte er bereits jetzt allen Mitwirkenden ein herzliches "Vergelt’s Gott".

Seinen Dankesworten schlossen sich die beiden Heimatpfleger an. Es sei lobenswert, dass man sich in Hirschfeld - auch im Sinne der Ressourcenschonung - dazu entschlossen habe, das Gebäude nicht abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen, sondern zu sanieren und umzunutzen. Allerdings sei es auch sehr bedauerlich, dass dadurch - aufgrund heutiger Anforderungen an den Brandschutz - die schöne alte Treppenanlage und die noch vorhandenen Türen aus der Jahrhundertwende beseitigt werden müssten. Es bleibe zu hoffen, dass diese Türen und handgefertigten Holzbaluster wenigstens einer neuen Nutzung zugeführt und nicht einfach verschrottet würden.

"In dem Sinne wäre auch einmal zu überlegen, ob man im Landkreis nicht irgendwo ein Lager für die Wiederverwertung von historischen Baustoffen und Baumaterialien einrichten könnte, damit solche Teile, die eigentlich zu schade zum Wegwerfen sind, gesichert und gegen eine maßvolle Gebühr wieder an interessierte Bürger und Denkmaleigentümer weitervermittelt werden könnten", appelliert Robert Wachter. Leider würden in der heutigen Wegwerfgesellschaft viel zu schnell solche handwerklichen und gut erhaltenen Bauteile einfach nur entsorgt anstatt an ihren Wert und ihre Wiederverwendung zu denken. Den Ursprungsbau des heutigen Schulgebäudes würde er zwischen 1888 und 1901 datieren, wobei wirklich auch das Jahr 1901 das eigentliche Baudatum sein könnte: Ein typischer historistischer Bau, wie man ihn noch bis kurz nach der Jahrhundertwende gern errichtet habe.

"Umso bemerkenswerter ist für mich der Erweiterungsbau mit der gleichzeitigen Umgestaltung des Altbaus. Diese Erweiterung würde ich auf die 1930er Jahre datieren, vermutlich nach 1935. Sie ist deswegen interessant, weil sie uns die im Dritten Reich in Mode gekommene Strömung der "Entschandlung" demonstriert, beeinflusst auch von der damaligen Denkmalpflege und des Heimatschutzes", verdeutlicht Robert Wachter. In diesem Sinne habe man damals Stuckelemente und historisierende Fassadenelemente der Gründerzeit abgeschlagen, um zwar traditionelle, aber klare Fassaden zu zeigen. In Hirschfeld habe man auch die vermutlich ursprünglichen Fassaden aus sichtbarem Ziegelmauerwerk, die eigentlich nicht besonders ortstypisch für ein Frankenwalddorf waren, so verputzt, die vertikalen gequaderten Zierlisenen, Gesimsbänder, Schlusssteine und das markante Freigespärre am Giebel entfernt. "So hat man die Hirschfelder Schule der Gründerzeit zu einem klaren, schlichten und hell getünchten Putzbau umgestaltet, allerdings natürlich mit ortstypischen Schieferdach, Gaupen und Sprossenfenstern. Dazu passt auch im Sinne einer traditionalistischen Ortsbildpflege nun auch der hölzerne überdachte Eingangsvorbau mit seinem verschieferten Pultdach", erläutert der Kreisheimatpfleger. In der Nachkriegszeit wurden dann die Sprossenfenster nochmals vereinfacht und durch ungeteilte Fenster ersetzt.

Toll bei dem Gebäude sei vor allem der Erhalt vieler qualitativ hochwertiger Bauteile. Zum Beispiel die unverwüstliche massive Treppe aus wohl Fichtelgebirgs-Granit des Ursprungbaues sowie neben einer zeittypischen Pendeltür mit Griffbügeln aus den 1930er Jahren im Windfang, Türen aus der Zeit um 1900 und vor allem das Treppenhaus des Ursprungbaues mit seinen gedrechselten hölzernen Balustern und Ecksäulen mit Knaufabschluss. Somit sei die Geschichte des Gebäudes in vielerlei Hinsicht aktuell noch nachvollziehbar beziehungsweise ablesbar.

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