Kronach - "Dass ich zufällig in Kronach geboren wurde, ist nicht mein Verdienst, erklärt aber vielleicht, warum ich diesen Roman geschrieben habe. Die Stadt Kronach lieferte mit ihrem fränkischen Flair und ihrer Geschichte den unverwechselbaren Hintergrund. Dazu gehören auch ihre heutigen und früheren Bewohner. Allerdings machen fast 400 Jahre Zeitunterschied zu den Geschehnissen im historischen Teil meines neuen Krimis einen Gedankenaustausch, sowohl per Post oder Telefon als auch via E-Mail, unmöglich. Deshalb konnte ich die Wirtin vom ,Scharfen Eck' nicht fragen, ob sie mit ihrem Auftritt einverstanden ist. Auch Lucas Cranach der Ältere blieb über seine Beteiligung ungefragt; ebenso der ehemalige Bamberger Bischof Fuchs von Dornheim." So beschreibt Autor Wolfgang Polifka die Gründe, weshalb er seine einstige Heimatstadt zum Schauplatz eines seiner Krimis gemacht hat.

Ein Fall "ohna Leich"

Und die Handlung hat es in sich. Sie beginnt für einen Krimi auch außergewöhnlich. Es gibt da nämlich zunächst - und auch später - keine "Leich". Stattdessen verhelfen streunende Füchse im Hof der Festung Rosenberg der örtlichen Polizei zu einer einmaligen Entdeckung: wertvolle Dokumente über Kronach aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Doch am Behälter finden sich Blutspuren, und die Pergamente stammen angeblich aus dem Archiv des Topkapi-Palasts der einstigen osmanischen Sultane in Istanbul.

So beginnt die geheimnisvolle Story - der Fall, mit dem sich Polifkas Hauptheld, der Kronacher Oberkommissar Götz Flößer, in jenen schwülheißen Sommertagen auseinander zu setzen hat. Und zwar im allerhöchsten Auftrag, kommt die Anweisung doch direkt aus dem Innenministerium.

Und dann kommt da im Zusammenhang mit dieser Sache noch etwas nach Kronach: Yildiz, angeblich eine Abgesandte des türkischen Staates, die der Sache mit den "Rosenberg-Pergamenten" vor Ort nachgehen soll. Und wer muss sich um den Gast vom Bosporus kümmern? Oberkommissar Götz. Eine "waschechte Türkin" und ein Oberfranke - da scheint der Kultur-Clash schon vorprogrammiert. Doch Yildiz, die ihr "Baba" (Vater) nur "mein Stern" nennt, entspricht keinesfalls den Klischee-Vorstellungen. Wie will man eine Frau aus einem muslimischen Land auch beurteilen, die lieber zu "Kronicher Broudwöschd" mit Kraut greift als zu Lammbraten oder Köften? Und das ist nur die geringfügigste Außergewöhnlichkeit an dieser klugen und tatkräftigen Frau. Götz jedenfalls könnte sich schnurstracks in sie verlieben, kann aber trotzdem nicht übersehen, dass die orientalische Schöne mit dem kupferroten Haar ihm einiges verheimlicht. Die gemeinsame Suche der beiden nach dem Geheimnis der "Rosenberg-Pergamente" löst letztendlich nicht nur eine neuzeitliche Straftat, sondern bringt Yildiz und Götz auf die Spur eines Jahrhunderte alten Verbrechens. Denn geschickt hat Polifka mit seiner Jetztzeit-Handlung ein dramatisches Kapitel aus Kronachs Geschichte und die Biografie einer der abenteuerlichsten Persönlichkeiten, die in der über l000-jährigen Geschichte der Stadt auftauchen, verbunden: mit Kronachs erster Belagerung im Dreißigjährigen Krieg und mit Obristwachtmeister Johann Rudolph Mayer, einem der Befehlshaber der Verteidiger.

Frau Hängerla & Co.

Polifka wäre nicht Polifka, wenn er in seinem jüngsten Werk nicht auch seinen fränkischen Humor zur Geltung kommen ließe. Zudem flossen natürlich die Orts- und Milieukenntnis des Autors in den 240-Seiten-Schmöker ein. Und es ist herrlich, die Bocksprünge nachzuvollziehen, die Oberkommissar Götz machen muss, um die Allüren von Frau Hängerla, der Sekretärin und "rechten Hand" seines Vorgesetzten Hans Kräutlein halbwegs unbeschadet zu ertragen.

Bis auf einige der in den historischen Rückblenden auftretenden Personen sind alle im Krimi handelnden Figuren fiktiv. In seiner Danksagung schreibt Polifka: "Mögliche Ähnlichkeiten sind rein zufällig. Der Verein ,1000 Jahre Kronach' muss leider damit leben, dass die von mir erdachten Vereinsmitglieder niemals einen Mitgliedsbeitrag entrichten werden. Die Kronacher Polizei, obwohl in der ,Gefahrenabwehr' bestens ausgebildet, war gegen die erfundenen Kollegen und Kolleginnen und deren Treiben machtlos."

Ein Krimi und keine Doku

Natürlich sind "Die Rosenberg-Pergamente" ein Werk, in dem die künstlerische Freiheit dem Autoren die Feder führte - auch, was den historischen Teil des Buches betrifft. Und so verlegt er denn die erste Belagerung Kronachs im Dreißigjährigen Krieg durch eine schwedisch-coburgisch-bayreuthische Armee, die teilweise übers heutige Neuhaus-Schierschnitz anmarschiert war, kurzerhand um drei Jahre vor - von 1632 auf 1629. Seltsam allerdings, weshalb er ausgerechnet die vom Rosenberg aus damals die benachbarten evangelischen Territorien arg plündernden kaiserlichen Verbündeten der Kronacher - die gefürchteten Kroaten - der protestantischen Belagerungsarmee zuschlägt. Diese wilden Reiter vom Balkan waren eine berüchtigte Truppe in den kaiserlichen Heeren jener Zeit.

Aber auch dies tut dem von Beginn bis ans Ende spannenden und flüssig zu lesendem Buch im Ganzen keinerlei Abbruch. Nicht umsonst hat Polifka in der Einleitung geschrieben: "Die historische Figur des Johann Rudolph Mayer ist mir in Peter Engerissers Buch über den Dreißigjährigen Krieg - ,Von Kronach bis Nördlingen' - begegnet. Was ich daraus gemacht habe, muss ich allerdings allein verantworten: Einen Krimi - auch für Leser, die normalerweise keine Krimis mögen."

Ach ja: Ein Happy End gibt es in den "Rosenberg-Pergamenten" auch. Zumindest in dem Teil, der in der Jetzt-Zeit spielt.

Die Stadt Kronach lieferte mit ihrem fränkischen Flair und ihrer Geschichte den unverwechselbaren Hintergrund.

Krimi- und Science-Fiction-Autor

Wolfgang Polifka

Biografisches

Wolfgang Polifka wurde 1947 in Kronach geboren. Er lebt mit seiner Familie heute in der Nähe von Marburg, arbeitet als Kommunikationstrainer und Coach. Obwohl in der Welt weit herumgekommen, ist er doch immer von seiner Heimatstadt und ihrer Geschichte fasziniert geblieben. Er schreibt vornehmlich Krimi- und Science-Fiction-Storys.