Kronach Ein Stück Menschheitsgeschichte in Gold

Karol Hurec
"Weizenfelder haben mit Natur nichts zu tun. Es geht um Geld", sagt der Künstler Abi Shek. In Kronach präsentierte er symbolträchtig ein "Weizenfeld" aus vergoldetem Blech. Foto: Karin Elsel

Der Kunstverein schafft es immer wieder, große Namen nach Kronach zu holen. 2019 präsentierte Abi Shek hier unter anderem eine Installation, die den Ursprung der Kultur zum Thema hatte.

 
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Kronach - Der Künstler Abi Shek beschäftigt sich mit den elementaren Themen des Lebens: dem Wesen des Menschen, der Tiere, der Natur und der Verletzlichkeit dieses Zusammenwirkens. Im Jahr 2019 war er im Kronacher Kunstverein zu Gast.

Wie hochaktuell die Ausstellung mit Arbeiten des israelischen Künstlers Abi Shek im Kronacher Kunstverein im Januar 2019 war, zeigte sich ganz besonders beim Künstlergespräch zur Finissage der Ausstellung. Das Thema: Mensch, Natur, Kultur im Wandel - auf dem Weg wohin?

Den größten Teil der Ausstellung machten die großformatigen Holzschnitte mit Tiermotiven gedruckt auf Leinwand aus. "Meine Tiere sind ein Mittel, um über den Menschen etwas zu sagen", erklärte der israelische Bildhauer. "Sheks-Tierleben” dient nicht zoologischer Information, das Ziel ist eine kommunikative Beziehung zwischen Betrachter und Sujet - bei aller Fremdheit, die Shek dem Tier zugesteht.

Abi Shek ist Bildhauer - kein Maler, wie er selbst betont. Wenngleich seit Jahren die grafische Tätigkeit, die Holzschnitte in seinem Schaffen überwiegen, kehrt er doch immer wieder zur dreidimensionalen Gestaltung zurück, ohne zu skulpieren oder zu modellieren. Seine bevorzugte Technik dabei ist die Montage von dünnem, fast volumenlosem Material: Blech.

In Kronach zeigte Shek kleine Objekte in Vitrinen und die große Rauminstallation "Weizen”. Wenn man Sheks Bilder als zweidimensionale Skulpturen bezeichnen mag, gezeichnet von der Kunst des Weglassens, so kann man seine Installation als dreidimensionale Grafik bezeichnen.

Objekte ohne Volumen bevölkern den Raum und erobern Aufmerksamkeit. Shek schafft ein räumliches Feld. Er erschafft den Raum in der Fläche der Galerie ohne fühlbares Volumen, ohne Plastizität. Diese damals ganz neue Arbeit beschäftigt sich mit dem Ursprung der Kultur, die Abi Shek im Ackerbau sieht.

Der Mensch habe Pflanzen wie den Weizen kultiviert. Mit seinem Ährenfeld aus vergoldetem Metall möchte Abi Shek die Begriffe Natur und Kultur zusammenbringen und gleichzeitig den Kulturbegriff weiten und ins Bewusstsein rücken.

Im Künstlergespräch zur Finissage der Ausstellung kam man auf Yuval Noah Harari, den israelischen Historiker zu sprechen. In dessen populärwissenschaftlicher Monographie "Eine kurze Geschichte der Menschheit" nimmt Harari den Beginn des Ackerbaus, die Erfindung des Geldes, die Verbreitung von Religion und die Entstehung von nationalen Staaten unter die Lupe.

"Die landwirtschaftliche Revolution war der größte Betrug der Geschichte. Der Weizen hat eher den Menschen domestiziert als umgekehrt”, sagt Harari. "Weizen ist nach der Gerste die zweitälteste Getreideart. Mit seiner Ausbreitung nach Nordafrika und Europa gewann der Weizen grundlegende Bedeutung. Weizen ist für Menschen in vielen Ländern ein Grundnahrungsmittel. Der Anbau von Weizen machte die Tiermast erst möglich. Die Behandlung von Tieren in der modernen Landwirtschaft ist wahrscheinlich das schlimmste Verbrechen der Geschichte", postuliert Yuval Noah Harari. Und Abi Shek kommentiert: "Weizenfelder haben mit Natur nichts zu tun. Es geht ums Geld. Deswegen verwende ich auch in diesem Bezug vergoldetes Blech.”

Künstler nehmen Stellung, verweisen auf gesellschaftliche Entwicklungen, inspirieren, rütteln auf und erfreuen. Kunst ist ein Mittel, um über "den Menschen” etwas zu sagen.

Abi Shek ist Bildhauer, Zeichner und Holzschneider. Er wurde 1965 in Israel geboren und ist in einem Kibbuz aufgewachsen. In Stuttgart hat er an der Kunstakademie studiert, unter anderem bei Micha Ullman. Heute lebt er als freischaffender Künstler in Stuttgart. Er stellt vorwiegend in Deutschland und Israel aus.

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