Kronach Familientreffen auf der Anklagebank

Jürgen Malcher
Auch das Opfer ist kein Unschuldslamm Quelle: Unbekannt

Ein Mann gerät mit dem "Ex" seiner Freundin aneinander. Danach ruft er seinen Vater an. Dessen Versuch, die Sache zu regeln, endet mit zwei Polizeieinsätzen.

 
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Kronach - Wohl jeder Mensch würde alle Hebel in Bewegung setzen, wenn einem Familienmitglied Ungemach blüht. Doch familiärer Zusammenhalt findet dort Grenzen, wo er in schier mittelalterlich anmutende Bauernfehden ausartet und ein anderer Mensch verletzt wird. Diese Lektion haben ein 46-jähriger Familienvater aus dem Landkreis Kronach und zwei seiner Söhne nun auf finanziell leidvolle Weise erfahren müssen.

Ihr Tun, am 29. September des vergangenen Jahres gegen 17 Uhr in einem Akt von Selbstjustiz einen jungen Mann auf dem Kirchplatz in Steinwiesen festzuhalten und zu schlagen, bescherte dem Trio am Donnerstag eine Vorstellung vor dem Amtsgericht Kronach bei Strafrichter Christoph Lehmann. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung standen am Ende Geldstrafen in Höhe von 450 Euro für den Vater und 1125 Euro für den 23-jährigen Sprössling zu Buche. Gegen den weiteren angeklagten Sohn Mitte 20 wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage von 100 Euro eingestellt.

Sowohl der 23-jährige, einschlägig vorbestrafte Hauptbeschuldigte als auch sein bis dato unbescholtener Vater räumten die Vorwürfe unverblümt ein - und präsentierten eine für die Tatmotive wahrhaft interessante Hintergrundgeschichte: So behauptete der 23-Jährige, im Vorfeld der Auseinandersetzung vom Geschädigten mit Tritten vor einer ortsansässigen Gaststätte traktiert worden zu sein. Den Grund hierfür sah der jüngere Beklagte in einem Verhältnis, das er mit der Ex-Freundin eingegangen war - und wofür sie den Geschädigten schließlich verlassen hatte. Doch anstatt nun die Polizei zu rufen, habe er sich nach dieser Attacke lieber via Telefon an seine Familie gewandt, denn: "Ich wollte, dass Papa mir hilft" - was dieser dann auch prompt tat. Und so habe sich der 46-Jährige zusammen mit einem weiteren Sohn vom Kindergeburtstag der Tochter - bestärkt durch den Konsum von "fünf bis sechs Seidla" Bier - aufgemacht, um den mutmaßlichen Aggressor zur Rede zu stellen. "Ich wollte ihm nur ein paar Takte sagen", beteuerte er, nicht jedoch ohne seine Worte im nächsten Atemzug ad absurdum zu führen: "Und wenn er das nochmal macht, dann bekommt er es mit mir zu tun - und zwar ohne Zeugen!" Der Richter kommentierte mit Unverständnis: "Dass hier die Polizei für Recht und Ordnung sorgt, hat sich bei Ihnen wohl noch nicht herumgesprochen."

Nachdem der 23-Jährige zur Gruppe hinzugestoßen war, konnte das spätere Opfer durch einen nicht freiwillig gegebenen Hinweis eines Bekannten des Geschädigten lokalisiert werden. Nach anfänglichem Gezerre habe der 46-Jährige dann den Geschädigten lediglich festgehalten, um ihn am Gehen zu hindern. Dies nutzte der 23-Jährige - und schlug mit der Faust dreimal zu. "Mir ist einfach die Sicherung durchgebrannt. Ich habe gezittert", entschuldigte dieser sein Tun. Eine direkte Tatbeteiligung des weiteren angeklagten Bruders negierten beide. Diese Umstände konnten im weiteren Prozessverlauf durch mehrere Zeugen glaubhaft bestätigt werden - nur nicht vom Geschädigten selbst, der trotz zweier Ladungen von einem Gerichtstermin auf telefonische Nachfrage des Richters hin nicht gewusst haben wollte und der Verhandlung auch fernblieb.

Der 46-Jährige berichtete zudem von einer weiteren Beinahe-Eskalation dieser "Mini-Fehde" noch in der Nacht des Tattages, als der wundersam genesene Geschädigte mit einem Baseball-Schläger bewaffnet und zahlreichen seiner Kumpels vor dem Anwesen der Geburtstagsfeierlichkeiten aufgekreuzt sei, was den Gesetzeshütern einen neuerlichen Einsatz bescherte.

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