Kronach Lernen 4.0 startet in der Berufsschule

Heike Schülein
Oliver Neuperth unterrichtet in der Klasse EME12 (Ausbildung zum Mechatroniker, 3. Lehrjahr). Die Schüler sind mithilfe der stifteingabefähigen Geräte in der Lage, zeitgleich im Unterricht an einem Dokument zu arbeiten. Durch diesen "digitalen Unterricht" können Schüler, die sich beispielsweise im Betrieb oder in Quarantäne befinden, hinzugeschaltet werden. Foto: Heike Schülein Quelle: Unbekannt

Digital gestützter, personalisierter Unterricht und das unabhängig von Raum und Zeit: Bereits vor Corona wurde die Einrichtung ausgewählt, um ein Pilotprojekt umzusetzen.

 
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Kronach - Die Berufsschule Kronach ist für drei Schuljahre Modellschule für den Schulversuch "PerLen 4.0". Insgesamt nehmen daran in Bayern 14 Modellschulen teil, davon zwei in Oberfranken. Der Name "PerLen" setzt sich zusammen aus dem Begriff "Personalisiertes Lernen". 4.0 und soll - ähnlich der Wandlung der Industrie - auf ein neues Zeitalter der Bildung hinweisen. Geboren wurde die Idee zu diesem Schulversuch bereits vor der Corona-Krise. Die aktuelle Situation hat den Start und die Umsetzung nur beschleunigt.

Träger des Modellversuches ist die Stiftung Bildungspakt Bayern in Kooperation mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) unterstützt das Vorhaben als Hauptpartner, BMW als weiterer Partner. Die am Schulversuch beteiligten Lehrkräfte kommen aus den Bereichen Metalltechnik, Elektrotechnik, Wirtschaft & Verwaltung, den Berufsfachschulen Hotel- und Tourismus-Management sowie Kinder- und Sozialpflege. Dies zeigt zum einen, wie breit das Team aufgestellt ist; zum anderen, dass eine Verzahnung der Fachbereiche stattfindet. Insgesamt sind 15 Personen dem Team zugeordnet.

"Wir werden in der Nach-Corona-Zeit nicht mehr zu einer Normalität wie in der Vor-Corona-Zeit zurückkehren. Nicht die Gesellschaft, nicht die Unternehmen und auch nicht die Schulen", zeigt sich Schulleiter Rudolf Schirmer sicher, dem die Teilnahme seiner Schule an "PerLen 4.0" ein großes Anliegen ist.

Ziel des Schulversuches ist die Entwicklung und Erprobung von digital gestützten, personalisierten Lehr-Lern-Arrangements, die stärker die unterschiedlichen Voraussetzungen der Auszubildenden - etwa Bildungsniveau, Leistungsstand - berücksichtigen und gezielt auf die Herausforderungen der Wirtschaft 4.0 vorbereiten. "Dabei möchte man bewusst an das im Rahmen von ,Lernen zu Hause‘ gewonnene Erfahrungswissen zum Distanzunterricht anknüpfen. Diese Kenntnisse sollen weiterentwickelt und für den schulischen Regelbetrieb systematisch nutzbar gemacht werden. Weiterhin sollen Unterstützungsangebote für das Kollegium zur Nutzung der digitalen Werkzeuge etabliert werden", verdeutlicht der Ansprechpartner an der Lorenz-Kaim-Schule, Studienrat Florian Neder.

Erreicht werden sollen diese Ziele durch die Öffnung der Unterrichtsstruktur durch Auslagerung einiger Lerninhalte in persönliche Selbstlernkurse, getreu dem Motto: "Unterricht unabhängig von Raum und Zeit". Schlagworte dieser Öffnung sind Flexibilität, synchroner/asynchroner Distanzunterricht, Lernortkooperation Zuhause/Schule/Betrieb, Einsatz von Medien, Cloudlösungen, Lehrerhabitus sowie Organisation. Innerhalb der drei Schuljahre sollen die Bereiche Unterrichtsentwicklung, Personalentwicklung und Organisationsentwicklung beleuchtet und so das personalisierte Lernen ermöglicht werden. Hierfür findet der Ausbau von personalisierten Lern- und Unterstützungsangeboten wie beispielsweise die Verwendung des Konzeptes "flipped classroom”, verstanden als raum- und zeitunabhängige Möglichkeit des Zugriffs auf digitale Lerninhalte anhand von vorbereiteten Lernvideos, die Erweiterung der digitalen Infrastruktur und das Etablieren einer Organisationsstruktur für das Kollegium statt. Hierbei sollen auch Fortbildungen für das Kollegium aus dem Team heraus entwickelt werden, um die Multiplikatorenfunktion der einzelnen Team-Mitglieder zu nutzen. Des Weiteren erfolgt ein enger Austausch mit dem QmbS-Team (Qualitätsmanagement an beruflichen Schulen), um die Personal- sowie Organisationsentwicklung zu fördern.

Die Weiterentwicklung der Förderangebote und -strukturen zur Differenzierung der Online-Unterrichtsinhalte wie auch von Angeboten für leistungsstarke Schüler stellen weitere Ziele des Projektes dar. Ein wichtiger Punkt zur Zielerfüllung ist die Vermittlung von Kompetenzen für die Arbeitswelt von morgen ("Future Skills") - wie eben die Kollaboration von Schülern unterschiedlicher Fachrichtungen und der Erwerb von fachlichen, überfachlichen sowie sozialen Kompetenzen.

Hervorzuheben ist die geplante intensive Einbeziehung der Ausbildungsbetriebe, die schon immer stattgefunden hat und mit diesem Projekt gefestigt und ausgebaut werden soll. "In diesem Kontext fühlt sich die Berufsschule besonders geehrt, von Ausbildern für den Deutschen Schulpreis‘ vorgeschlagen worden zu sein", freut sich Schulleiter Rudolf Schirmer.

Der Schulversuch startet mit drei Schulklassen in den Ausbildungsrichtungen Mechatroniker klassisch und dual, Betriebselektroniker, Industriemechaniker sowie Assistenten für Hotel- und Tourismusmanagement. Es werden stifteingabefähige Arbeitsgeräte für Schüler auf Basis branchenüblicher Cloud-Systeme etabliert, die Prinzipien des "flipped classroom" vermittelt und die Erstellung und Sammlung von Lernvideos in Bibliotheken anvisiert. Um den Schülern das personalisierte Lernen zu ermöglichen, werden weitere verschiedene Methoden ausprobiert.

"Wir als Landkreis können stolz sein auf unsere Berufsschule mit ihrem Leiter Rudi Schirmer", würdigt Landrat Klaus Löffler. Dank ihm und seinem engagierten Team sei es gelungen, dieses Projekt in den Landkreis Kronach zu ziehen. "Dies ist ein weiterer wertvoller Impuls für eine innovative Bildungslandschaft wie die unsere und zugleich ein Beleg dafür, dass wir uns als Landkreis - auch dank unserer zahlreichen Partner - auf dem besten Weg hin zur zertifizierten digitalen Bildungsregion befinden", stellt er heraus.

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