Der Vorteil der großblättrigen Pflanzen: Sie sind robust, genügsam und gedeihen auch auf kargeren Böden noch relativ gut. Genutzt werden sie auf vielfältige Weise, erklärt der Biolandwirt. Aus den Körnern lässt sich beispielsweise ein hochwertiges Öl pressen. Die eiweißreichen Reste wiederum sind für die Lebensmittelindustrie interessant - als Bestandteil von Powerriegeln. Die Fasern in den Stängeln können zu Bau- und Dämmmaterial verarbeitet werden, zu Seilen, Planen, Teppichen und zu Kleidung. Auch in Fahrzeugen kommen die stabilen Pflanzenteile immer häufiger zum Einsatz, etwa für Hutablagen oder Dachhimmel. Für den holzähnlichen Rest der Stängel, die sogenannten Schäben, gibt es ebenfalls eine Verwendungsmöglichkeit: als Einstreumaterial für Tiere. Und was geschieht mit Blättern, Blütenresten und Stoppeln? "Die bleiben auf dem Feld", sagt Heller. "Das ergibt einen guten Dauer-Humus."
Zufrieden lässt er seinen Blick über den unteren Teil des Feldes am Kreuzberg schweifen. Sattgrün leuchten die etwa anderthalb Meter großen Pflanzen hier. Die extreme Trockenheit in den vergangenen Wochen hat ihnen offenbar kaum geschadet. "Die Kälte im Mai war nicht schlecht, weil man nicht so viel Wasser gebraucht hat", bilanziert der Landwirt. Anders sieht es im oberen Abschnitt des Feldes aus. Hier wirken die Pflanzen kümmerlicher. Vielleicht wegen des steinigeren Bodens, vermutet der 34-Jährige. Auf dem zweiten Feld bei Zeyern sieht es wieder besser aus.
Dass er den Nutzhanf auf zwei verschiedenen Standorten ausgesät hat, hat seine Gründe. Er wolle austesten, unter welchen Bedingungen die Pflanzen am besten gedeihen, sagt Heller. Hanf ist nicht die einzige Sonderkultur, die er in diesem Jahr ausprobiert. Auch Speiselinsen hat er ausgesät, ebenso weiße Süßlupinen - "die Sojabohnen des Nordens" -, Nackthafer und Nacktgerste sowie Speisesenf. Denn, schmunzelt er, "solche Versuche mag ich gern".
Es macht keinen Sinn, das Zeug abzubrechen und zu mopsen. Da kriegt man eher Durchfall davon als sonst was. Landwirt Peter Heller über seinen Nutzhanf
Tradition
Hanf ist eine uralte Nutzpflanze. Schon vor Tausenden von Jahren wurden seine Samenkörner und Fasern genutzt, etwa in China, aber auch in Europa. Wegen seiner schmerzlindernden Wirkung wurde er ebenfalls geschätzt. Nicht nur für die Herstellung von Seilen, Segeltuch und Kleidung war Hanf wichtig, sondern auch für die Papierproduktion. Die berühmte Gutenberg-Bibel wurde 1455 ebenso auf Hanf gedruckt wie gut 300 Jahre später die amerikanische Unabhängigkeitserklärung. (Quelle: wikipedia)
Anbau-Verbot
Dass Hanfpflanzen vom 19. Jahrhundert an mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wurden, lag unter anderem an der wachsenden Verbreitung der Baumwolle - aber auch daran, dass sie wegen ihrer berauschenden Wirkung in Verruf gerieten. Von 1982 bis 1996 war der Anbau in Deutschland verboten, dann wurde er für Landwirte wieder erlaubt. Als Landwirt gilt man in der Regel dann, wenn man bei einer landwirtschaftlichen Alterskasse versichert ist. Für Hobbygärtner ist der Hanf-Anbau weiterhin tabu.
Rückgang
Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) sowie des Bundeslandwirtschaftsministeriums bauten 1997 in Deutschland 505 Betriebe Nutzhanf an und zwar auf einer Fläche von knapp 3000 Hektar. Die Zahlen sanken in den nachfolgenden Jahren jedoch kontinuierlich: 2005 waren es noch 275 Betriebe, die auf 2156 Hektar Nutzhanf kultivierten, 2014 wurden nur noch 100 Landwirte beziehungsweise 715 Hektar registriert.
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Exoten
Peter Heller weiß noch von einem weiteren Landwirt, der bei Wolfersgrün auf knapp einem Hektar Nutzhanf anbaut. Guido Winter, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kulmbach-Kronach, kennt aus der Region keine weiteren Beispiele: "Bei uns sind das Exoten. Aber ich bin froh über jeden, der den Mut hat, solche Experimente zu wagen. Man muss solche Dinge immer wieder mal ausprobieren, auch im Hinblick auf den Klimawandel und die Verschiebung der Vegetationsperioden."