Kronach Stadtspaziergang mit Heinrich Schreiber

Peter Müller

Anlässlich seines 85. Geburtstages initiieren die Kinder des 2016 verstorbenen Künstlers eine Ausstellung. Dabei sind seltene Objekte aus Privatbesitz zu sehen.

 
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Kronach - Zum 85. Geburtstag traf sich eine wegen der Coronamaßnahmen begrenzte Gemeinde von Verehrern des 2016 verstorbenen Kronacher Künstlers Heinrich Schreiber (1935 bis 2016) in der Alten Synagoge, um seiner mit einer besonderen, sein breites Schaffen dokumentierenden Ausstellung zu gedenken. Dabei sind seltene Objekte aus Privatbesitz und als Leihgaben zu bestaunen, die den ganzen Antrieb Heinrich Schreibers und seine vielfältigen Interessen verdeutlichen.

Die Termine

Stadtspaziergänge finden am 30. und 31. Oktober um 14 Uhr nach Anmeldung in der Tourist-Information statt. Die Ausstellung "In Memoriam Heinrich Schreiber" läuft in der Synagoge Kronach bis zum 1. November, dienstags bis sonntags 14 bis 17 Uhr.


Dem Künstler galt schon zu Lebzeiten 2010 eine große Retrospektive, die in einem repräsentativen Bildband von Matthias Simon und Alexandra Reiter (816 Seiten, 25 Euro) wiedergegeben wurde und weiter erhältlich ist. Die ausgewählten Ausstellungsstücke ergänzen live diese große Werkschau eines Künstlers, der in die Reihe der großen Söhne Kronachs der Kunstepochen seit dem Mittelalter einzureihen ist, wie Bürgermeisterin Angela Hofmann in ihrer Begrüßung bekannte.

Sein Werk ist stark mit Kronach und seinem fränkischen Charakter verwurzelt. Sandstein wurde zum wesentlichen Ausdrucksmaterial, dem er sein Innerstes anvertraute und dem er funktional in Brunnen, Gotteshäusern und vielfältigen Statuen dauerndes Leben einschlug.

Die Kinder des Bildhauers, die die Ausstellung zum 85. Geburtstag des Vaters initiierten und inszenierten, kannten aber alle Facetten des Menschen hinter dem Künstler, der nicht unumstritten war und auch nicht ohne Konflikte mit Gesellschaft, Obrigkeit oder Kirche auskam. Aber gelassen wie sein steinernes Material überwand der große starke Mann solche Momente und verfolgte standhaft und konsequent den Weg seiner eigenen Überzeugungen. Das hölzerne "Jesuskind" aus Breitenloh, das goldige "Gipskreuz", Zeichnungen, Modelle, Gipsformen und Entwürfe etwa von Kronacher "Brunnen" oder "Brücken" geben Zeugnis von künstlerischen Wollen und den Widersprüchen in der Gesellschaft. Hierzu ist die "Schriftplatte" für Knellendorf zu Beginn des Rundgangs ein guter Kommentar des Künstlers für den Besucher. Dieser Mut und die Treue zu sich selbst kann jeder auf den erzenen historischen Reliefs auf dem Gelände der Landesgartenschau begehen. Von der Freude als Kronacher über die listigen und mutigen Weiber, die Kronacher fetten Hasen ebenso wie der gehenkte junge Mann am Tag der Kapitulation Hitlerdeutschlands. Schöne Momente des Lebens zeigen die Kasperleköpfe, die er für seine Kinder zum Spielen schnitzte, der "Schaukelhase" auf dem sein Enkelkind schaukelt und die persönliche "Hasensammlung", mit der er sein Leben lang ein Nachkriegstrauma humorvoll bewältigte. Die farbig gefassten hölzernen "Tiermasken", mit denen die Aussteller Eva Schreiber-Dümmlein, Johannes und Eckard Schreiber die Gäste begrüßten, fertigte Heinrich Schreiber für sich und seine Frau für den Kronacher Künstlerfasching an. Nach einem von der Empore intonierten "Frankenlied" der Kinder Schreibers, hängte die sie über dem inneren Eingangstor der Synagoge auf, wo sie wie die Insignien eines Ritters auf die Ausstellung hinabblicken. Die Idee des Spaziergangs mit Heinrich Schreiber, den Matthias Simon als plastischen Erzähler beschrieb, der seine Aussagen direkt und ohne Geheimniskrämerei an den Mann brachte, soll ab nächstem Jahr Teil des touristischen Stadtprogramms werden.

Bilder