Steinwiesen Steinwiesener Zukunft ist digital

Susanne Deuerling

Demografischer Wandel und Ärztemangel: Mit diesen Problemen haben viele ländliche Gemeinden zu kämpfen. Das Obere Rodachtal gehört nun zu einer Modellregion, in der man Lösungswege testet.

 
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Steinwiesen - Bei der jüngsten Gemeinderatssitzungen in Steinwiesen hat Andreas Hamper vom Fraunhofer-Institut das Gremium über den Stand der Dinge beim "Digitalen Gesundheitsdorf Oberes Rodachtal" informiert. Da er aufgrund der aktuellen Corona-Lage nicht persönlich kommen konnte, wurde er - ein Novum in der Gemeinderatsgeschichte - per Videostream live zugeschaltet. Ebenso galt dies für Eva-Maria Müller vom Caritas-Verband Kronach.

Bürgerversammlungen fallen aus

Aufgrund der momentanen Corona-Pandemie und den eingeschränkten Möglichkeiten finden in diesem Jahr keine Bürgerversammlungen mehr statt. Es wird mit einer Infobroschüre, die verteilt wird, über die Situation im Markt Steinwiesen informiert.

Auch die Abhaltung des Volkstrauertages in bisheriger Form ist in diesem Jahr nicht möglich. Es soll jedoch eine Kranzniederlegung durch die Bürgermeister geben und nach Möglichkeit eine Mahnwache am Ehrenmal durch die örtlichen Soldatenkameradschaften.


Hamper betonte, das Obere Rodachtal sei eine von sechs Modellregionen in Bayern. Allerdings hätte jede einen anderen Fokus. Für das Obere Rodachtal sei dies die "digitale medizinisch, pflegerische Versorgung und assistiertes Wohnen im Oberen Rodachtal". Insgesamt sechs Haushalte mit sieben Probanden seien in der Testphase dabei. Es würden hier drei Elemente miteinander vernetzt, einmal die Pflege, dann das häusliche Umfeld und die beteiligten Hausärzte. "Das Wichtigste dabei ist, dass sich alles noch in den eigenen vier Wänden abspielt. Eingesetzt werden Geräte, die bereits vorhanden, getestet und im Handel sind", so Hamper. Außerdem würden neu entwickelte Geräte, etwa die "Körpernahe textilintegrierte Vitaldatensensorik" zum Zuge kommen. Dabei handle es sich um eine Art T-Shirt, das unter anderem die Herztätigkeit selbstständig überwacht. Diese Daten könnten je nach Wunsch des Patienten teilweise oder ganz an die Angehörigen, den ambulanten Pflegedienst, den Arzt und auch ehrenamtliche Helfer weitergeleitet werden. Hier werde jedoch ausdrücklich Wert auf die digitale Souveränität der Daten gelegt, die sensiblen Daten unterliegen der Datensicherheit und dem Datenschutz.

In diesem Zusammenhang wies Brigitte Geiger (SPD) darauf hin, das das Ganze sicher eine gute Sache, aber mit Sicherheit nicht für alle geeignet sei. Gerade Demenzkranke würden sich bei Veränderungen sehr schwertun. "Man sollte nicht vergessen, dass der Mensch stets an erster Stelle steht, Technik ist nicht alles", betonte Geiger. Bei genauer Betrachtung würden sich hier noch viele Fragen ergeben. Vor allem sei auch noch die Finanzierungsfrage offen.

Dr. Andreas Hamper betonte, dass man hier klar trennen müsse, was die Forschung finanziert und was es bereits für Hilfsmittel gebe. Es würden Ergebnisse gesammelt und die Technologie "menschgerecht" gemacht, um später die Assistenztechnologien und -systeme flächendeckend einsetzen zu können. Bürgermeister Gerhard Wunder zeigte sich überzeigt, dass gerade in der heutigen schwierigen Zeit solche Systeme wichtig seien.

Wie Hamper weiter erläuterte, wird es nach Fertigstellung des "Gerberhauses" in Steinwiesen dort eine lokale Anlaufstelle "In der Heimat wohnen" geben. Dort erfolgt die Beratung zu den Assistenzsystemen, zur Finanzierung sowie zur Inbetriebnahme. Außerdem werden hier Veranstaltungen, Workshops und Vorträge geplant und durchgeführt.

Andreas Hamper ging auch kurz auf die im Zuge von Digi-Ort neu entwickelte kostenlose digitale Nachbarschaftsplattform im Oberen Rodachtal "BayernFunk" ein. Die App sei als Teil des Projektes "Digitale Dörfer" entwickelt und in Zusammenarbeit mit der Versicherungskammer Bayern und dem Fraunhofer IESE Kaiserslautern realisiert worden. Sie ermögliche eine soziale Vernetzung und Hilfestellung innerhalb der Kommune. Die kostenlose App für mobile Endgeräte sei für Nordhalben, Steinwiesen und Wallenfels verfügbar. Sie biete den Bürgern sowie den Vereinen die Möglichkeit zur sozialen Vernetzung, Information und Nachbarschaftshilfe und zwar lokal innerhalb der individuellen Voreinstellung der Reichweite. "Das heißt, nicht die ganze Welt bekommt die Daten zu Gesicht", so Hamper. Informationen der Gemeinde, amtliche Meldungen, Sondermülltermine und geänderte Fahrpläne seien nur einige Inhaltsbeispiele. Die Kommune habe die Hoheit über die Freischaltung von Institutionen, Vereinen und Firmen, es gebe keine Werbeeinblendungen und gehostet sei sie in Deutschland nach der Datenschutzverordnung. Die App BayernFunk werde kontinuierlich durch das Fraunhofer-Institut mit nutzbringenden Funktionalitäten weiterentwickelt. Ansprechpartnerin für den BayernFunk im Digi-Ort Oberes Rodachtal ist Janet Januszewski vom Caritasverband Landkreis Kronach.

Im Anschluss beschloss man, auch für das nächste Jahr den Vereinen verbilligte Eintrittskarten für das Erlebnisbad Steinwiesen anzubieten. In Sachen freie Bauflächen in Neufang wurden die Grundstückseigentümer angeschrieben. Es gab auch schon positive Rückmeldungen.

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