Lichtenfels Mit Mut etwas bewegen

Von Gerda Völk

Zum 100. internationalen Frauentag fehlen vor allem die jungen Frauen. Die Generation über 60 spricht über Rollenbilder und Gleichberechtigung.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Lichtenfels - Im Jahr 1911 von der Sozialistin Clara Zetkin angeregt, blickt der internationale Frauentag heuer auf sein 100-jähriges Bestehen zurück. Seit einen knappen viertel Jahrhundert begehen auch die Lichtenfelser Frauengruppen diesen Tag. Ein "harter Kern" hält die Fahne hoch, wenn es um Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern geht. Anders als in der Anfangszeit sind junge Frauen bei den traditionellen Veranstaltungen im Myconiushaus mittlerweile aber rar geworden. "Vielleicht haben wir nicht Eure Kämpfernatur", sagt eine 24-Jährige auf Nachfrage. Sie dürfte bei der diesjährigen Veranstaltung die Jüngste unter den Besucherinnen gewesen sein. Das Durchschnittsalter lag etwa bei 65 Jahren. Dabei ging es um ein generationsübergreifendes Thema. "Jung - Ausgebildet - Arbeitslos, Alt - Erfahren - Arm = Dein Name ist Frau." Ein Thema, das im Mittelpunkt einer Diskussion mit Gästen aus Politik und Wirtschaft stand.

Im Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass es "die Frau" nicht gibt. Auch wenn die Schubladen, in die man Frauen gerne steckt, durchaus nicht einseitig sind. Was ist Frau demnach nicht alles: Heulsuse, Mauerblümchen, Emanze, Partygirl oder Eisberg. Die Realität schaut aber ganz anders aus. Auch heute im 21. Jahrhundert verdienen Frauen im Schnitt immer noch deutlicher weniger als Männer, werden als Leiharbeiterinnen ausgebeutet oder hangeln sich in der Generation Praktikum von einem schlecht bezahlten Arbeitsplatz zum nächsten. "Frauen stoßen schnell an eine gläserne Decke", sagt Maria Hollering-Hamers. Es sei beschämend, das die Bundesrepublik in Sachen Gleichberechtigung immer noch zu den Schlusslichtern in Europa zählt. Den Begriff Feminismus definiert Hollering-Hamers als ein Kampf von Frauen für Frauen. Dabei möchten die Lichtenfelser Frauengruppen es nicht bei einem Lippenbekenntnis allein belassen. "Wir gestandene Frauen wollen mit unseren Löwenmut junge Frauen ermutigen", sagte Hollering-Hamers. "Wo immer wir können, bieten wir unsere Unterstützung an."

Für die Gleichstellungsbeauftragte am Landratsamt Lichtenfels, Renate Bergmann-Gareis, werde sich erst dann etwas ändern, wenn es eine berufliche Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern gibt. "Wenn die pflegerischen Berufe auch von der Bezahlung her für Männer einen Anreiz haben". Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wie auch die heimische SPD-Landtagsabgeordnete Susann Biedefeld feststellt. "Denn in den meisten Gremien sitzen immer noch überwiegend Männer". Biedefeld plädiert für klare gesetzliche Regelungen. Sie erinnerte daran, dass laut den Bayerischen Sozialbericht es hauptsächlich Frauen sind, die von Altersarmut betroffen sind. Frauen erhalten im Durchschnitt 499 Euro aus eigener Rente, Männer dagegen 955 Euro. Ob allerdings eine Frauenquote allein ausreicht das Ungleichgewicht der Geschlechter zu beseitigen, dürfte noch bezweifelt werden. "Man braucht auch den Mut, etwas zu tun", lautet die Überzeugung von Vikarin Sigrid Ullmann. Vielfach sei in den Köpfen der Menschen immer noch ein altes Rollenmodell verankert. Nach dem Motto, die Mutti bleibt bei den Kindern und Vati geht arbeiten. Kein Mann werde gefragt, ach Gott sie haben vier Kinder. "Man sieht es als selbstverständlich an, dass bei einem Mann im Hintergrund eine Frau steht", klagt Ullmann. "Was soll die Quote, wenn es keine Frauen gibt, die Führungspositionen auch einnehmen können", gibt die Ebensfelder Bauingenieurin Gisela Raab zu bedenken. Sie wendet sich gegen eine Gleichberechtigung um jeden Preis und in jedem Beruf. Beispiel Bauhandwerk. "Wir Frauen machen uns kaputt, wenn wir auf den Bau arbeiten." Laut Raab können Frauen und Männer nie gleich sein, "das liegt in den Genen".

Ähnlich wie am Girls´ Day Mädchen in typische Männerberufe reinschnuppern können, sollten Jungen am Boys´ Day, den Jungen-Zukunftstag, einen Einblick in die traditionellen Frauenberufe erhalten. Eine Forderung, die Maria Gerstner von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) aufstellte. Als Beispiel nennt sie Altenheime, Kindergarten und Friseursalons.

Einen Grund, weshalb die Chancengleichheit in Deutschland auch heute noch immer nicht realisiert ist, sieht die Rektorin der Grundschule Burgkunstadt-Mainroth, Gertrud Tischer, in der jüngsten deutschen Vergangenheit. Kein anderes Land in Europa sei durch das Frauenkreuz des 3. Reiches belastet.

Positives konnte Bergmann-Gareis von der "Kinderbetreuungs-Front" berichten. Sowohl in Kindergärten des Landkreises wie auch bei den Tagesmüttern sind noch freie Kapazitäten vorhanden.

Auch in diesem Jahr wieder dabei, der Chor "Frauenklänge" unter der Leitung von Karin Dietz. Maria Hollering-Hamers würdigte den Beitrag der Sängerinnen, die die Veranstaltung nicht nur verschönern und bereichern, sondern ihr auch eine extra Note geben. gst

Bilder