Strössendorf/Burgkunstadt - Einmal Mäuschen spielen und den Bewerbern im Personalbüro bei ihrer Unterredung mit dem Personalchef über die Schultern blicken - noch dazu sonntags in einem Wirtshaus. Wer meint, das gäbe es nicht, musste sich am vergangenen Sonntag eine Besseren belehren lassen. Die Firma "Gutstrom" machte es möglich. Das Unternehmen, das Stromleitungen herstellt, ist der Fantasie des Burgkunstadter Blitzdichters und Vielschreibers Wolfgang Gunzelmann entsprungen.

Der 53-jährige Theaterautor und Regisseur aus Burgkunstadt, der in die Rolle des Personalchefs Metze geschlüpft war, lud am Sonntag in die Gaststätte Reichstein zum öffentlichen "Vorstellungsgespräch". Rund 30 Männer und Frauen waren der Einladung gefolgt und erfreuten sich an dem kurzweiligen Einakter der Theatergruppe "Die Zeitbeschleuniger", der zum Schmunzeln und Nachdenken anregte."Sind sie schwanger?"Personalchef Metze zu einer Bewerberin Es war kein alltägliches Theaterstück. Es agierte kein Vater, der seiner Tochter nicht den Freund gönnte, und es geisterte bei den Zuhörern auch nicht die Frage durch den Kopf: "Werden sie ein Paar oder werden sie es nicht?". Vielmehr stand ein Personalchef auf der Bühne, der das große Flattern bekam, als der Bewerber Gottfried Schraubfest seine wahre Identität preisgab: "Schraubfest, IG Metall. Ich bin für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Ist ja interessant, was sie alles für Fragen stellen. Das gibt einen interessanten Bericht."

Ängstlich und aufbrausend, fies und genervt - souverän verstand es Wolfgang Gunzelmann, einen emotional facettenreich schillernden Personalchef auf die Bühne zu zaubern, der obendrein auch noch mit seinem gestelzten Hochdeutsch wie ein arroganter Schnösel wirkte, der sich einen feuchten Kehricht um gesetzliche Vorschriften schert.

Der Autor hält in seinem Stück, das Vorstellungsgespräche in Echtzeit auf die Theaterbühne bringt, den schwarzen Schafen unter den Arbeitgebern einen Spiegel vor: Er thematisiert die Unsitte, in Vorstellungsgesprächen unzulässige Fragen nach Schwangerschaft, Krankheiten oder der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft zu stellen. Wer meint, in der Komödie würden nur die Arbeitgeber ihr satirisches Fett abkriegen, der irrt. Mit der Figur des Harald Willnich führt Gunzelmann dem Zuschauer einen Faulenzer vor, der sich in der sozialen Hängematte auf Kosten der Allgemeinheit ausruht. Der Kulmbacher Laiendarsteller Manfred Ramming machte daraus mit viel Leidenschaft einen Einfaltspinsel, der alles wörtlich nimmt. Der Redwitzer Ingo Slezak, der einen Gewerkschafter verkörperte, hatte das verschmitzte Lächeln aufgesetzt, dass allen Zuschauern signalisierte: "Wer zuletzt lacht, lacht am besten." Und auch seine Ehefrau Yvonne ging in ihrer Rolle der einfältigen Heike Möchtgern voll auf.

Als sich die Schauspieler zum Abschied vor dem begeisterten Publikum verneigten, ging das Vorstellungsgespräch in die nächste Runde. Mit gutem Grund, schließlich hatte die Theatergruppe einen Aderlass zu verkraften. Nach der Aufführung des Stückes "Der merkwürdige Graf" Anfang des Jahres in Burgkunstadt hatten zehn Schauspieler ihr den Rücken gekehrt. Gunzelmann ging von Tisch zu Tisch, wurde gelobt und fand eine Dame, die sich sofort bereit erklärte, zum "Zeitbeschleuniger" zu werden: Verena Ari. Als Kind habe sie immer gerne Theater gespielt, verriet die Weidnitzerin, die nicht auf den Mund gefallen ist. "Die Leute zu unterhalten, dass würde mir viel Freude bereiten", sagte sie.

Während der Personalchef auf der Bühne mit seinen unzulässigen Fragen nicht fündig geworden war, hatte der Leiter der Theatergruppe, Wolfgang Gunzelmann, bei der Mitarbeitersuche Erfolg. Mit einem dreifachen "Hurra" wurde Ari in den Kreis der Schauspieler aufgenommen.