Meinungen Mauer der Vernunft

Elmar Schatz

Donald Trump hat auf seiner Europa-Tour Verwüstung und Verwirrung in treuen Alliierten-Seelen hinterlassen.

 
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Donald Trump hat auf seiner Europa-Tour Verwüstung und Verwirrung in treuen Alliierten-Seelen hinterlassen. Wie kann die westliche Allianz fortbestehen, wenn sich der Mann im Weißen Haus darin gefällt, immer wieder Schüsse auf das eigene Lager abzufeuern - und im Verdacht steht, sensibelste Geheimnisse gegenüber Kreml-Vertretern auszuplaudern? Ganz gewiss wird sich der übrig gebliebene Westen neu sortieren müssen.

Der russische Präsident Wladimir Putin schwadroniert schon länger über das "postwestliche Zeitalter"; durch den Ablauf des Nato- sowie des G7-Gipfels dürfte er sich bestätigt fühlen. Trump handelt ohne nachzudenken und urteilt aus dem Moment, aus dem Bauch, heraus. Die Ideale Freiheit und Mitmenschlichkeit missbraucht er, um ohne Einschränkung seine "Deals" machen zu können. Trump verachtet alle, die er als Schwächlinge einstuft, und biedert sich denen an, die über Massenvernichtungswaffen, unendlich viel Geld und Einfluss verfügen. Deshalb bewundert er Wladimir Putin. So wie der möchte Trump auch gerne schalten und walten können, ohne lästige Journalisten, vor allem jedoch ohne ein Rechtssystem, das dem Herrscher in den Arm fällt.

Amerika hat starke Ankläger und Richter, die den Präsidenten bereits gebremst haben. Dieser Machtkampf hat erst begonnen. Alle Menschen, die auf die amerikanische Demokratie bauen, hoffen, dass sich die unabhängige Justiz durchsetzt. Gerade werden ja die dunklen Verbindungen des Trump-Lagers nach Russland durchleuchtet.

Die westliche Gemeinschaft hat sich währenddessen auf ein neues Amerika einzustellen, das vor allem an sich selbst denkt. Ernüchterte sprechen inzwischen von den G6, die sich eines aggressiven Trumps erwehren müssen. Sobald sich der Pulverdampf von dessen verbalen Ausfällen verzogen hat, könnte jedoch ein großes Zusammenrücken folgen: Zum Beispiel amerikanischer Generale mit den Verbündeten, weil sie die Nato retten wollen. Jedenfalls hoffen alle Menschen, die den Frieden wollen, dass genügend Sicherungen eingebaut sind, damit Trump Nuklearwaffen nicht so ohne Weiteres einsetzen kann wie jüngst die "Mutter aller Bomben" in Afghanistan.

Zum Schulterschluss finden hoffentlich auch die Europäer. Denn selbst Polen, Balten oder Ungarn sollten begreifen, dass sie Trump möglicherweise locker im Stich lässt, wenn es ihm gegenüber Putin opportun erscheint. Zuletzt reagierten sogar die Briten ungehalten, weil nach dem Terroranschlag von Manchester Geheimdienstinformationen von US-Seite verbreitet wurden. Und was denken AfDler, die Trump angehimmelt haben, über dessen Äußerung: "Deutsche sind schlecht, sehr schlecht"?

Der Westen muss trotz Trump nicht zerbersten, wenn es den Einsichtigen gelingt, eine Mauer der Vernunft gegen Trump zu errichten. Im Augenblick sieht es nicht danach aus. In der Klimapolitik legt der US-Präsident eine unglaubliche Ignoranz an den Tag, und eine enttäuschte Kanzlerin Merkel nennt das Ergebnis der Gipfeldebatte in Taormina "unzufriedenstellend". Damit drückt sie den katastrophalen US-Kurs diplomatisch verbrämt und sehr verharmlosend aus. Gerade auf diesem wichtigen Feld drohen verhängnisvolle Rückschritte. Mit einer kaputten Umwelt kann die Welt freien, ergiebigen Handel - und damit Wohlstand - in der Zukunft aber vergessen.

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