Der Angeklagte holte seinen Kollegen in seinem Zimmer ab. Dort sollen die beiden jungen Deutschen einen Schusswaffeneinsatz simuliert haben. Das spätere Opfer soll laut Anklage seine Waffe gezogen, Richtung Fenster gehalten und "Deutschuss" gerufen haben. Ein "Deutschuss" wird in Notsituationen durchgeführt, wenn ein schnelles Ziehen und Schießen notwendig ist. Die beiden Männer hätten laut dem Angeklagten öfter solche Schießübungen nachgestellt. Der damals 19-Jährige drückte den Abzug der Waffe - im Lauf der Pistole befand sich noch eine Kugel, die den 21-Jährigen in den Hinterkopf traf. Schwer verletzt starb dieser wenige Stunden später in einer Klinik.
Laut Gericht hat der Angeklagte gegen zahlreiche Bestimmungen verstoßen und seine Waffe bei der Entladung nicht ordnungsgemäß kontrolliert. Allerdings sei es ihm anzurechnen, dass er bereits drei Stunden nach der Tat ausgesagt hatte. Der Richter begründete das Jugendstrafmaß unter anderem damit, dass sich der Angeklagte zur Tatzeit in Ausbildung befand und mit seinem Kollegen wohl öfter solche Spielchen gemacht habe, in denen er leichtfertig mit der Waffe umgegangen sei. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der 21-Jährige seit der Tat traumatisiert ist.
"Der Angeklagte hat einen guten Freund erschossen und muss mit der Schuld klarkommen", sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer und sprach von "unglücklichen Verkettungen". Er forderte als Strafe ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung nach Erwachsenenstrafrecht, da seiner Ansicht nach beim Angeklagten keine Reifedefizite vorlägen und der Vorfall sich nicht als Jugendverfehlung darstelle.
Für den Rechtsanwalt, der die Eltern des Getöteten in der Nebenklage vertrat, war eine Strafe unter zwei Jahren und im Jugendstrafrecht nicht angemessen. Er forderte in seinem Plädoyer ebenfalls eine Verurteilung nach dem Erwachsenenstrafrecht. Für die Familie habe es vor dem Prozess viele offene Fragen gegeben, und sie habe große Hoffnungen gehabt, nach dem Prozess endlich abschließen zu können - er glaube nicht, dass dies nach dem heutigen Verhandlungstag möglich sei.
Die Folgen der unbeabsichtigten Schussabgabe in der Würzburger Polizeiabteilung hatte die gesamte bayerische Bereitschaftspolizei emotional bewegt, wie ein Sprecher mitteilte. Nach dem Unfall wurde eine Expertengruppe eingerichtet, die die Waffen- und Schießausbildung vollständig überprüft habe. "Im Ergebnis wurden durch diese keine strukturellen Problemfelder erkannt", sagte Polizeihauptkommissar Markus Kern. Durch die unbeabsichtigte Schussabgabe sei der Umgang und die Ausbildung mit Polizeiwaffen im Ausbildungspersonal und bei den Polizeischülern jedoch noch stärker als bisher in den Fokus gerückt.