Länderspiegel Coburg einst Motor der Reformation

Norbert Klüglein
Eine Suppenschüssel aus dem protestantischen Zürich zeigt Richard Loibl, der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, bei einem Rundgang durch die Landesausstellung Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, MdB Hans Michelbach, Kultusminister Ludwig Spaenle und Regionalbischöfin Dorothea Greiner (von links). Foto: Wunderatsch

Am Montag öffnete die Landesausstellung zum Thema "Bauern, Ritter, Lutheraner". Ludwig Spaenle würdigt die Impulse, die von der Veste ausgegangen sind.

 
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Coburg - Genau an der Stelle, an der Martin Luther am 15. April 1530 seine erste Predigt in Coburg gehalten hat, fand am Montag der Festakt zur Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung statt. Ludwig Spaenle, bayerischer Staatsminister für Bildung, Wissenschaft und Kunst, würdigte in der Sankt-Moriz-Kirche die zentrale Rolle, die Coburg für die Reformation gespielt hat. Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm forderte die etwa 800 geladenen Gäste dazu auf, die Freiheit des Christenmenschen mit dem Dienst am Nächsten zu verbinden: "Wir können nicht feiern, ohne uns um die Schwachen und Ausgegrenzten zu kümmern", appellierte Bedford-Strohm.

Die Bayerische Landesausstellung steht in diesem Jahr unter dem Titel "Bauern, Ritter, Lutheraner". Auf der Veste Coburg, wo Martin Luther 1530 sechs Monate lang gelebt hatte, und in der Stadtkirche Sankt Moriz beleuchtet das Haus der Bayerischen Geschichte bis zum 5. Oktober die Reformationsgeschichte aus bayerischer Sicht. Ferner gehen die Ausstellungsmacher auf die gesellschaftlichen Umbrüche ein, die durch den Protestantismus Süd- und Mitteldeutschland erfasst haben. Der Bogen spannt sich vom Buchdruck, durch den Luthers Lehre erst Verbreitung finden konnte, über die Rebellion der Bauern gegen die Feudalherrschaft bis hin zur Gegenreformation in den bayerischen Stammlanden.

Kultusminister Ludwig Spaenle, der an der Stelle des in China weilenden Ministerpräsidenten Horst Seehofer die Festrede hielt, ging genau auf diese Umbrüche ein. "Wir begegnen hier einem Stück Weltgeschichte mit bayerischem Resonanzboden", sagte er. Coburg, das seit 1919 zu Bayern gehöre, spiele eine zentrale Rolle, da Luthers Zeit auf der Veste Coburg Wissenschaftlern heute als produktivste Schaffensperiode des Reformators gilt. Martin Luther schrieb in den sechs Monaten nicht nur 120 Briefe, sondern übersetzte auch große Teile der Bibel in die deutsche Sprache. "Die Reformation hat auch südlich des Rennsteigs starke Wurzeln", schlussfolgerte der Kultusminister. Die Landesausstellung bezeichnete er als Schau "von bayerischem Weltniveau".

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der selbst als Pfarrer an der Coburger Morizkirche gewirkt hatte, fand es gut, dass Coburg 1530 noch zu Kursachsen und nicht zu Bayern gehört hatte. "In Bayern wäre der Reformator verhaftet worden", schmunzelte Bedford-Strohm. Dennoch könne sich Bayern zu den Kernlanden der Reformation zählen. Die Freien Reichsstädte Augsburg und Nürnberg und natürlich Coburg hätten sich zu Hotspots des Protestantismus entwickelt, der seit 200 Jahren nicht mehr aus dem Freistaat wegzudenken sei. Erst durch Luther sei vielen Menschen des ausgehenden Mittelalters der Inhalt des Glaubens verständlich vermittelt worden. Der Landesbischof forderte dazu auf, "auch heute den Menschen aufs Maul zu schauen und ihre Nöte zu erkennen". Nur so könnte man beispielsweise einem wieder aufkeimenden Nationalismus - Bedford-Strohm beschrieb diese Bewegung als "Menschen, die in sich selbst verkrümmt sind" - wirkungsvoll entgegentreten.

Der Coburger Oberbürgermeister Norbert Tessmer wies darauf hin, dass bereits vor 20 Jahren eine Landesausstellung in Coburg stattgefunden hatte, die sich damals mit den dynastischen Beziehungen des Hauses Coburg beschäftigte. Auch wenn nun ein ganz anderes Thema im Fokus stehe, gebe es doch eine verbindende Klammer: das Haus Sachsen-Coburg und Gotha. "Meine Familie war es, die den Reformator beschützt und der Reformation zum Durchbruch verholfen hat", habe Prinz Albert, der Prinzgemahl der englischen Königin Viktoria, über die Rolle seines Geschlechts einmal gesagt.

"Diese Ausstellung ist nicht nur eine Luther-Ausstellung, sondern ein Zeitpanorama", betonte Dr. Richard Loibl, der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte. Sie befasse sich mit den Menschen unterschiedlicher Stände in all ihren Dimensionen: politisch, wirtschaftlich, mental und kulturell. "Die Landesausstellung zeigt, wo nach 1500 die Musik im Reich gespielt hat: natürlich in der Mitte und vor allem im Süden Deutschlands", fasste Dr. Loibl zusammen. Er dankte vor allem Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und dem ehemaligen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, die die Initialzündung für die Landesausstellung in Coburg gegeben hatten.

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