Länderspiegel "Der Schock äußert sich unterschiedlich"

Gertrud Pechmann

Kurse in Erster Hilfe kennt jeder. Hannah Hofmann, bietet am Lehrstuhl für Pathopsychologie an der Universität Bamberg nun Kurse in Psychischer Erster Hilfe an.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Frau Hofmann, Ihr erster Kurstag in Psychischer Erster Hilfe ist ausgebucht. Haben die Menschen verlernt, andere in Notlagen zu unterstützen?

Das glaube ich nicht. Ich denke, dass die Bedeutung der Psyche heute immer mehr erkannt wird. Menschen leiden nicht nur an körperlichen Wunden, sondern auch an seelischen. Es ist in unseren Kursen zur Psychischen Ersten Hilfe so wie in denjenigen für Erste Hilfe: Gut, wenn ich meine Kenntnisse nie anwenden muss. Aber sollte ich einmal in eine solche Situation kommen, weiß ich Bescheid und kann helfen. Vor allem geht es darum, die erste Zeit sinnvoll zu überbrücken, bis professionelle Hilfe kommt. In Zeiten von Terror und Naturkatastrophen kann das nützlich sein.

Wie geht es Menschen, die einen plötzlichen Todesfall, eine Trennung, eine Katastrophe erleben?

In einer solchen Situation strömen viele Eindrücke auf einen Menschen ein - zu viele, um das gleich zu verarbeiten. Der Schock äußert sich verschieden: Manche Menschen sind überaktiv und hektisch, andere wie erstarrt, wieder andere wollen jedes kleinste Detail wissen. Das sind alles natürliche Reaktionen auf ein außergewöhnliches Ereignis.

Was brauchen die Betroffenen dann?

Diese Menschen leiden unter einem Kontrollverlust, hatten das Gefühl, nichts tun zu können. Deshalb sollte man ihnen dabei helfen, die Kontrolle über die Situation wieder zu bekommen. Zum Beispiel kann man überlegen: Was ist jetzt konkret zu tun? Das können einfache Dinge sein, etwa essen und trinken. Zuhören ist noch ganz wichtig. Beim Gespräch sollte man immer bei der Wahrheit bleiben, etwa sagen, dass die Ärzte sich kümmern und die Polizisten ihr Bestes tun.

Kommen Menschen auch ohne professionelle Hilfe mit belastenden Ereignissen zurecht?

Die Fähigkeit, mit Schocks und schlimmen Erlebnissen umzugehen, ist bei den Menschen sehr verschieden. Manche Menschen können das besser als andere: wieder aufstehen. Grundsätzlich sind wir als Menschen so angelegt, uns auch von belastenden Erlebnissen in unserem Leben zu erholen. Wichtig ist es, zu wissen, dass es ganz normal ist, dass wir nach schockierenden Ereignissen bedrückt sind, schlecht schlafen, traurig sind.

Wie können Betroffene mit dem Erlebten umgehen?

Sie sollten gezielt das tun, was ihnen gut tut, zum Beispiel mit Freunden sprechen, Sport treiben. Ganz schlecht ist es, Alkohol zu trinken, um alles zu vergessen. Das behindert letztlich die seelische Genesung.

Was können Betroffene tun, die mit ihrer Situation überfordert sind?

Wer merkt, dass er nicht alleine mit der Situation zurecht kommt, sollte sich professionelle Hilfe organisieren. Das kann zum Beispiel der Hausarzt sein. Auch Krankenhäuser oder psychosoziale Beratungsstellen helfen hier weiter.

Bilder