Über diese Kontoauszüge sollte Torsten R. Jahre später stolpern. Einer Rechtspflegerin war aufgefallen, dass die Iban-Nummern der angegebenen Konten nicht zur Bankleitzahl der angegebenen Bank passen konnte. Deshalb schaltete sie die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte ein. Wenig später wurde Torsten R. in Untersuchungshaft genommen. Dort sitzt er seit Dezember 2017.
Für das Vorgehen des Bankangestellten gibt es einen gewichtigen Beweis. In den im Dezember 2017 beschlagnahmten Unterlagen der Rechtsanwaltskanzlei befindet sich eine Aktennotiz, die Torsten R. angelegt hatte, um die Erpressung zu dokumentieren - und zwar schon im Jahr 2008. Nachdem seine Zahlungen an den Erpresser die Grenze von 100 000 Euro schon überschritten hatten, schilderte er dem Gericht, habe er beschlossen, Schluss zu machen. Schließlich habe ja auch der Banker dann schon ein erhebliches Risiko der Strafverfolgung tragen müssen.
Sollten seine Vorwürfe stimmen, ist sein Kalkül aufgegangen. Auch als Torsten R. nicht mehr zahlte, ging keine Anzeige gegen ihn ein. Der Bankangestellte lehnte auf Anfrage unserer Zeitung jede Stellungnahme ab. Es handle sich um nichts als unbewiesene Vorwürfe.
Die Staatsanwaltschaft dürfte aufgrund der lange Zeit zurückliegenden Vorwürfe auch prüfen, ob eine eventuell vorliegende Erpressung bereits verjährt ist. Entscheidend dafür wäre der Zeitpunkt der letzten Zahlungen an den heutigen Rentner. Ebenso ist es aber auch denkbar, dass der hohe Angestellte wegen Untreue gegenüber seinem damaligen Arbeitgeber, der Privatbank, verfolgt werden muss.
In dem seit Dezember 2018 laufenden Prozess gegen Torsten R. ist ein Abschluss weiterhin nicht in Sicht. Verhandlungstag um Verhandlungstag gehen Gericht, Staatsanwältin, Verteidiger und Angeklagter gemeinsam mit einem Wirtschaftsreferenten der Staatsanwaltschaft die Kontolisten der 15 Insolvenzverfahren durch, die der Anklageschrift zugrunde liegen. Wie mehrfach berichtet, wird Torsten R. vorgeworfen, sich bei selbst bei den Unternehmen bedient zu haben, die ihm von den Amtsgerichten Bayreuth und Hof anvertraut worden waren. Zum Teil liegt der Beginn der Verfahren inzwischen schon 18 Jahre zurück, abgeschlossen sind sie größtenteils bis heute noch nicht. Die unberechtigten Entnahmen beziffert die Anklage auf rund 5,1 Millionen Euro. Nur 1,8 Millionen Euro seien später wieder eingezahlt worden.
Torsten R. verteidigt sich unter anderem damit, dass er mit den Entnahmen nur Unkosten bestritten habe, die er als Insolvenzverwalter ja selbst gehabt habe. So seien für diese Unternehmen ja auch Steuererklärungen oder die Erstellung einer Buchhaltung erforderlich gewesen.
Die Staatsanwaltschaft geht hingegen davon aus, dass ein Insolvenzverwalter prinzipiell nur auf Antrag und mit Zustimmung der Insolvenzgerichte Gelder aus der Masse entnehmen darf. Handelt er anders, verliert er jeglichen Vergütunganspruch. Da Torsten R. trotzdem mit den Gerichten abrechnete, erhöhe sich der Betrugsschaden noch einmal um 1,3 Millionen Euro.
Die Anklage geht ferner davon aus, dass sich der Jurist in vier Privatinsolvenzverfahren ungesetzlich bereichert hat. Hier habe er Menschen, die einen Insolvenzantrag stellten, über Jahre große und kleine Summen abstottern lassen. Das Geld habe er nicht an die Gläubiger weitergegeben, sondern behalten.