Länderspiegel Oberfrankens Hotellerie skeptisch über neue Corona-Regelungen

Im Rahmen des Programms «Sichere Gastfreundschaft» können sich Hotel-Mitarbeiter in Österreich bis zu einmal die Woche auf Sars-CoV-2 testen lassen. Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa/Illustration

Oberfrankens Hotellerie bewertet die neuen Beherbergungsverbote für Gäste aus innerdeutschen Corona-Risiko-Gebieten kritisch.

 
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Seit dem Donnerstag gilt in Bayern ein Beherbergungsverbot für Reisende aus innerdeutschen Corona-Risikogebieten. Ausgenommen davon sind Reisende mit einem negativen Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Oberfrankens Hotellerie bewertet die Regelung kritisch. Vor allem die praktische Durchsetzung stelle die Betriebe vor Probleme. "Dann steht nun künftig der Gast aus Berlin an der Rezeption und das Personal soll in Windeseile herausfinden, ob er aus einem Risiko-Bezirk kommt oder nicht", verdeutlichte Andrea Lugert, oberfränkische Bezirksvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes, die Probleme, vor denen Hotels und Pensionen nun stehen. Und: "Was sagt man nun einem Stammgast? Dass er wieder gehen muss?" Gleichzeitig versicherte Lugert, dass die Mitglieder des Verbandes sich an diese Regeln halten werden. "Wir werden das machen, weil es das Gesetz ist. Aber wie wir es machen sollen, wissen wir noch nicht."

Notfalls müsse man anhand der Postleitzahl herausfinden, wo genau ein aus Berlin kommender Gast lebe, schlägt Stefan Wild, Vorsitzender des Fachbereichs Hotellerie im bayerischen Hotel- und Gaststättenverband vor. Besser noch sei den angemeldeten Gast zu informieren, bevor er anreise. Und wer trägt die mit der Stornierung verbundenen Kosten? „Das wüsste ich auch gern“, sagte der Ingolstädter Hotelfachmann gestern. Auch er versichert, dass sich sein Verband an die neuen Regeln halten wird. Schon aus einem Grund: „Alles ist besser als ein zweiter Lockdown. Der würde unsere Betriebe umbringen.“

Überwacht wird die neue Verfügung nicht von den Gesundheitsämtern, sondern von den Ordnungsbehörden und der Polizei. Offen ist die Frage, wie eng die Regelung ausgelegt wird. Die bayerische „Infektionsschutzmaßnahmenverordnung“ sieht Ausnahmen bei Reisende vor, die „zwingend notwendig und aufschiebbar beruflich oder medizinisch veranlasst“ sind. Ausnahmen sind auch bei einem „sonstigen triftigen Reisegrund“ möglich. Das ermöglicht vielerlei Interpretationen. Angeschoben wird die Unsicherheit auch durch Ministerpräsidenten Markus Söder. In einem Tweet umschrieb er am Mittwoch die Zielgruppe so: „Wer aus einem Risikogebiet kommt und hier Urlaub machen will.“ Das wird kein Geschäftsreisender auf sich beziehen. Schon einmal war die Staatsregierung mit dem Beherbergungsverbot auf die Nase gefallen. Ende Juli kassierte es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als nicht verhältnismäßig. Die Staatsregierung geht jedoch davon aus, dass der Richterspruch in der neuen Fassung der Verordnung hinreichend berücksichtigt worden sei.

Oberfrankens Gastronomen-Vorsitzende Andrea Lugert verwies gestern weiter auf die weiterhin bedrohliche Situation des Beherbergungs- und Gastronomiegewerbes in Oberfranken. Es sei zwar richtig und erfreulich, dass die ländlichen Feriengebiete wie Frankenwald, Fichtelgebirge und fränkische Schweiz vom Trend zum „Urlaub daheim“ profitiert hätten. Ganz anders stelle sich die Situation aber in den größeren Städten dar. Dort litten die Hotels unverändert unter den gewaltigen Einbrüchen bei den Geschäftsreisen. Zudem seien bedeutsame Events ganz weggefallen oder fänden nur eingeschränkt statt. „Die Wagner-Festspiele in Bayreuth, das Samba-Festival in Coburg, die Filmtage in Hof, das alles holen die Kollegen nie wieder rein“, rechnete die Verbandschefin vor.

Auch die Gastronomie-Betriebe fürchteten sich vor der bevorstehenden kalten Saison. „Sicherlich waren die Biergärten in den letzten Wochen gut gefüllt,“ sagte Lugert, „aber von einem Tag auf den anderen kann nun mit einem Kälteeinbruch Schluss mit der Außengastronomie sein.“ Niemand wisse, ob die Gäste in diesem Herbst und Winter den Wirten in die Gaststuben folgen werden. Die gegenwärtig steil ansteigenden Infektionszahlen machten darauf keine Lust, befürchtet Lugert. Zudem müsse man berücksichtigen, dass in den Lokalen vielleicht gerade einmal die Hälfte der früheren Sitzplätze zur Verfügung stehe.

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