Coburg/London - "Ach ja, es gibt noch Schönheit, Harmonie und Glück, wo es keine rothaarigen Klienten mit all ihrem Unsinn gibt." Dieser Satz fällt in London. Und der ihn spricht, ungefähr im Jahr 1890, weiß, wovon er redet: Es ist Sherlock Holmes. Der Meisterdetektiv ermittelt im Fall des "Klubs der Rothaarigen", einem seiner bizarrsten Abenteuer. Gemeinsam mit seinem Freund Dr. John Watson hat es das Geldleihhaus von Jabez Wilson, einem Klienten mit tatsächlich feuerrotem Haar, besucht. Dessen Geschäft liegt am Saxe-Coburg-Square, also dem Sachsen-Coburg-Platz.

1890, knapp 30 Jahre nach dem Tod des aus Coburg stammenden Prinzen Albert, war der Name der deutschen Adelsfamilie also durchaus noch präsent in der Millionenstadt London - in diesem Fall in einer Detektivgeschichte. Laut den Erinnerungen Dr. Watsons befindet sich der Platz "nur einen kurzen Fußmarsch vom Aldersgate" entfernt.

Doch die Fakten lauten anders: Einen Saxe-Coburg-Square gab und gibt es nicht im realen London. Wie so oft, vermischte der Schriftsteller Arthur Conan Doyle die Realität mit der fiktiven Holmes-Welt. Sherlock-Holmes-Fans wiederum vermuten, dass Dr. Watson hier bewusst keine reale Adresse nannte, um das in den Fall verstrickte Bankhaus nicht zu denunzieren.

Darüber streitet die Holmes-Verehrerschaft - unter ihnen wahre Spezialisten, die sich "Sherlockians" nennen - bis heute. Im Artikel "Getting to Saxe-Coburg-Square" etwa meint der Autor Brad Keefauver, dass es sich eventuell um den Charterhouse Square handeln könnte. Das hätten seine Recherchen ergeben. Dieser Platz liegt gleich nördlich der City von London im Bezirk Islington.

So schön es sein mag, dass ein Abenteuer des Meisterdetektivs am Sachsen-Coburg-Platz spielt, so wenig hält Chronist Dr. Watson von dieser Adresse: "Es war ein schäbiger kleiner Platz, um den von allen vier Seiten Reihen von zweistöckigen Ziegelsteingebäuden standen. Der Rasen war verunkrautet. Ein paar kümmerliche Rhododendron-Büsche hatten einen schweren Stand gegen die vom Rauch der billigen Kohle schwer belastete Luft. Drei glänzende Kugeln und ein Schild verrieten, wo unser rothaariger Freund sein Geschäft führte. Sherlock Holmes blieb stehen und legte seinen Kopf schief auf die Seite. Er betrachtete alles eingehend. Seine Augen strahlten hell unter den nervösen Lidern hervor." Hinter dem Saxe-Coburg-Square hatte der Schriftsteller die "Coburger Zweigstelle der City-Bank", eine der größten Londons, angesiedelt.

Auf diese Weise hat Arthur Conan Doyle eine oberfränkische Stadt in der Weltliteratur verewigt.