Splitternackt und blutverschmiert rannte der Mann, mit einer Schere in der Hand, aus dem Klinikum und die Albert-Schweitzer-Straße hinunter. Dabei, so berichtet später ein Polizist, habe er sich unter anderem an den nackten Füßen noch weiter verletzt. "Das war schon ein erschreckender Anblick", erzählt ein Augenzeuge.
Die Blaicher Apotheke war das nächste Ziel des Tobenden. Auslagen und auch das Lager der Apotheke habe der Mann durcheinandergebracht, berichtet Georg Löffler. Alle Versuche der Polizei, den 25-Jährigen zu bändigen, schlugen fehl. "Er stand offensichtlich so sehr unter Drogeneinfluss, dass er nicht mehr wusste, was er tat. Er hat sogar auf Pfefferspray überhaupt nicht reagiert." Damit haben Polizisten in der Apotheke versucht, den Mann zu überwältigen.
Doch auch das schlug fehl. "Ohne offensichtliche Wirkung rannte der Mann auf die Straße, schlug mit einem Regenschirm gegen ein Auto und flüchtete in einen neben der Straße abgestellten unversperrten Lieferwagen" berichten Polizei und Staatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Erklärung. Das sollte die Wende sein: Den Beamten gelang es, den Schlüssel abzuziehen und den Tatverdächtigen in dem Fahrzeug einzusperren. Das Gelände rund um den vor dem Mönchshof abgestellten Lieferwagen mit Nürnberger Kennzeichen wurde umgehend weiträumig abgesperrt.
Die Polizei setzte zunächst auf speziell geschulte Kommunikationsbeamte, die an den Einsatzort gerufen wurden. Sie versuchten zusammen mit einer Dolmetscherin für die ungarische Sprache beruhigend auf den Mann einzuwirken. Doch das alles ließ den Mann völlig unberührt. "Er tobte und schrie in dem Transporter weiter herum", fasst die Polizei das Geschehen zusammen.
Der Durchbruch kam dann gegen 14.30 Uhr, zweieinhalb Stunden, nachdem dieser zweite Einsatz im Zusammenhang mit dem Ungarn begonnen hatte. Alarmierte Spezialeinsatzkräfte zündeten, nachdem sie das Fahrzeug genau untersucht hatten, zwei akustische Irritationskörper, öffneten die seitliche Fahrzeugtür und konnten den blutverschmierten Mann schließlich festnehmen und fesseln, ohne dass dabei jemand Verletzungen erlitt.
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Zum zweiten Mal an einem Tag wurde der Mann vom Rettungsdienst in ein Krankenhaus gebracht. Diesmal jedoch nicht ins Kulmbacher Klinikum, sondern ins Bayreuther Bezirkskrankenhaus. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Bayreuth wurde dem Ungarn die Festnahme erklärt.
Beamte der Polizeiinspektionen Stadtsteinach und Kulmbach ermitteln nun gleich wegen zahlreicher Straftaten gegen den Tatverdächtigen, heißt es vonseiten der Polizei.
Gleich auf mehrere Drogen habe der später durchgeführte Test positiv reagiert, sagt Löffler. Welche Rauschmittel der Ungar im Blut hatte, sagt der Beamte nicht. Dass Menschen im Drogenrausch, vor allem wenn sie gleich mehrere Substanzen im Körper haben, so reagieren und offenbar völlig schmerzbefreit sind, komme öfter vor, weiß der Stadtsteinacher Polizeichef. "Der Drogenkonsum ist der Grund allen Übels. Die Leute verlieren zum Teil völlig die Kontrolle über sich."
Von einem einmaligen Vorgang in Wirsberg spricht auch Bürgermeister Jochen Trier. Er ist selbst Polizist, war bei diesem Einsatz aber nicht dabei. Trier kennt dergleichen aus Bayreuth, wo er tätig ist. "Hier bei uns in Wirsberg hat es so etwas aber noch nie gegeben." Trier zeigt sich erleichtert, dass bei aller Aufregung die Taten des Mannes nur Sachschäden hinterlassen haben und niemand sonst verletzt wurde.
Am Montag sollte der Mann, der nur mit vorläufigen Ausweispapieren unterwegs gewesen ist, dem Haftrichter in Bayreuth vorgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft hat einen Unterbringungsbefehl beantragt, bestätigt Leitender Oberstaatsanwalt Martin Dippold. Das heißt, der 25-Jährige soll bis auf weiteres hinter Schloss und Riegel im Bezirkskrankenhaus bleiben. Die Ermittlungen der Polizei sind allerdings noch nicht soweit abgeschlossen. Deswegen soll die Vorführung nun am Dienstag stattfinden. Es wird wohl noch einiges aufzuarbeiten sein, bis das Verfahren gegen den Ungarn schließlich bei Gericht landen wird. "Der Mann hat eine Spur der Verwüstung hinter sich gelassen", sagt der Chef der Staatsanwaltschaft Martin Dippold.