Länderspiegel Unseliger Ausflug nach Monaco

Nicht gerade Monaco, aber auch beschaulich: Das traditionsreiche Hofer Jean-Paul-Gymnasium ist der Dienstsitz der Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Oberfranken. Foto: Joachim Dankbar

Der neue Ministerialbeauftragte für die Gymnasien Oberfrankens war einst für ein kulturelles Begleitprogramm der WM 2006 zuständig. Das trug ihm ein Gerichtsverfahren ein.

 
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Hof - Man muss nicht wie Franz Beckenbauer eine "Lichtgestalt" gewesen sein, um sich eher unwillig an das "Sommermärchen" 2006, die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland, zurückzuerinnern. Auch Dr. Harald Vorleuter, der gerade eben erst ernannte Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Oberfranken, hat keinen Grund zur Nostalgie. Als Büroleiter der damaligen Kultusministerin Monika Hohlmeier war er der Leiter einer sogenannten "Task Force", die im Vorfeld der WM den Ruhm Bayerns durch ein ambitioniertes, kulturelles Rahmenprogramm mehren sollte.

Das ist ziemlich schiefgegangen: Ein Kongress "Visions of Football" schloss mit einem Defizit von über 1,5 Millionen Euro, weil statt geplanten 1200 nur 240 Besucher kamen, von denen wieder nur 85 den Kongressbeitrag bezahlten. Der schon erteilte Auftrag für ein Musical wurde einkassiert. Der Bayerische Oberste Rechnungshof warf der gemeinsamen Arbeitsgruppe des Kultus- und das Wirtschaftsministeriums Kostenüberschreitungen in Millionenhöhe, gesetzeswidrige Auftragsvergaben und chaotische Aktenführung vor.

Noch Jahre später waren die beiden Ministerien damit beschäftigt, sich gegenseitig öffentlich die Schuld für den Fehlschlag zuzuweisen oder sich gut wegzuducken. Task-Force-Chef Harald Vorleuter kam besonders schlecht weg. Ihm trug der Zweitjob eine Anzeige wegen angeblicher Vorteilsnahme ein. Auch das die Folge eines gescheiterten Projekts: Als die WM-Planer noch von einem Eröffnungsfest in Berlin am Tag vor dem Eröffnungsspiel in München ausgingen, war angedacht, ob der erste Ball nicht mit einem Formel-1-Boliden des bayerischen Herstellers BMW die - gesperrte - A 9 hinunter nach München hätte brausen können. Die aus heutiger Sicht reichlich schräge Idee erledigte sich später von selbst, weil es bekanntlich keine WM-Eröffnungsfeier in Berlin gab. Harald Vorleuter jedoch bekam damals von BMW eine Einladung zum Grand Prix in Monaco inklusive Übernachtung auf einer Luxusyacht und der Teilnahme an teuren Dinners. Mit einer Mitarbeiterin nahm er an. Die Staatsanwaltschaft machte später eine Anklage daraus.

"Diese Geschichte werde ich wohl nie los", seufzt Vorleuter in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Was ihn besonders ärgert, sei aber, dass sie zumeist falsch erzählt werde. Oft werde weggelassen, dass er niemals deswegen gerichtlich bestraft worden sei. Das Landgericht München habe ihm 2009 in zweiter und letzter Instanz eine Verwarnung mit Strafvorbehalt erteilt. Dieses Rechtsmittel wird nur selten und nur bei geringem Verschulden angewandt. Das Strafgesetzbuch verlangt, dass in der "Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Täters besondere Umstände vorliegen, die eine Verhängung von Strafe entbehrlich machen".

Dass die Geschichte nun wieder öffentlich aufgekocht wird, schreibt Vorleuter einem "intriganten Spiel" innerhalb des Ministeriums zu. Dessen Details darzulegen sei leider nicht mit seinen Pflichten als Beamter vereinbar. Die Bemerkung ist auch ohne seine Mithilfe leicht entschlüsselbar. Vorleuter, der von 1998 bis 2002 das Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium (MGF) in Kulmbach leitete, war ein Zögling und Vertrauter der damaligen Kultusministerin Monika Hohlmeier. Deren Interessen setzte der Sportlehrer so energisch durch, wie er nach Erinnerung ehemaliger Schüler das MGF geleitet hatte. Als die Strauß-Tochter wegen der Wahlfälschungsaffäre der Münchner CSU zurücktreten musste, war auch Vorleuter fällig. Hohlmeiers Nachfolger Siegfried Schneider versetzte ihn von der Spitze des Ministeriums ganz nach unten in ein unbedeutendes Referat.

Sein Selbstbewusstsein hat Harald Vorleuter dennoch nicht verloren. Er verweist darauf, dass er sich immerhin noch fünf Jahre im Kultusministerium halten konnte, ehe er 2010 die Leitung eines Gymnasiums in Bad Tölz übernahm. Von hier aus wird er zum neuen Schuljahr nach Hof wechseln und die Aufsicht über die 34 oberfränkischen Gymnasien führen. Traditionell ist damit auch die Leitung des Jean-Paul-Gymnasiums verbunden. Operativ führt die Schule seit Jahren immer der Stellvertreter des Schulleiters, aktuell also Dr. Markus Köhler.

In Pressestellungnahmen wertet Vorleuter seine Beförderung auch als Zeichen einer "Annäherung" des Kultusministeriums unter seinem jetzigen Minister Ludwig Spaenle. Seine Leistungen würden wieder anerkannt. Immerhin habe er schon das MGF Kulmbach in "einer sehr schwierigen Zeit" übernommen, nachdem Teile des Kollegiums sich von der vorhergehenden Leitung entfremdet hätten. Er habe das MGF in ruhige Fahrwasser zurückgeführt und weiterentwickelt. Letzteres gelte in hohem Maße auch für sein gegenwärtiges Gymnasium in Bad Tölz.

Entschieden widerspricht Harald Vorleuter Zeitungsmeldungen, wonach er als "ehemaliger Einpeitscher für das G 8" ein Problem mit der nun anstehenden Wiedereinführung des G 9 habe. Das G 8 sei eine notwendige Folge des Sparkurses gewesen, den der seinerzeitige Ministerpräsident Edmund Stoiber allen Ministerien verordnet habe, sagt Vorleuter. Er selbst könne sowohl mit einem achtjährigen als auch mit einem neunjährigen Gymnasium leben. Aus pädagogischer Sicht sei jedes zusätzliches Jahr menschlicher Reifung zu begrüßen.

Gegenwärtig ist der Beamte zusammen mit seiner Frau auf Wohnungssuche in Oberfranken. Dass man dabei gut fündig werden kann, hat das Beispiel seiner ehemaligen Chefin bewiesen. Fünf Jahre nach ihrem Sturz in München wurde Monika Hohlmeier 2009 als oberfränkische Kandidatin der CSU in das Europaparlament gewählt. Heute lebt sie im Landkreis Lichtenfels. Harald Vorleuter sagt, dass er sich darauf freut, ihr dienstlich wieder einmal zu begegnen.

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