Wunsiedel Völlig durchnässt im Auftrag für die Leser

Das BAG bestätigt Zeitungszustellern einen Nachtschichtzuschlag von 30 Prozent. - Symbolfoto Foto: dpa

Viele Verlage in Bayern haben wegen des Sturms am Montag keine Zeitung herausgebracht. Die Zusteller der Frankenpost hingegen wagten sich auf die Straße.

 
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Wunsiedel - Sie sind wahre Helden, wenngleich sie auch kein Aufhebens darum machen: unsere Zeitungs-Zusteller. Obwohl ganz Deutschland vor dem Orkantief Sabine zitterte, ließen sich die Frankenpost-Zusteller nicht schrecken. "Ja, wir haben es unseren Mitarbeitern freigestellt, ob sie die Zeitung austragen oder doch lieber darauf verzichten wollen. Die Gesundheit der Zusteller hat immer Vorrang, daher hätte ich natürlich dafür Verständnis gehabt, wenn sich jemand nicht auf die Straße getraut hätte", sagt Vertriebs-Inspektorin Martina Wendler. Sie ist unter anderem für die Frankenpost-Zustell-Bezirke Marktredwitz, Waldershof, Arzberg, Thiersheim, Schirnding und Umgebung zuständig.

Zu ihren Mitarbeiterinnen gehört auch Daniela Ertl. Seit 2015 bringt die Marktredwitzerin jede Nacht in mehreren Bezirken in Großen Kreisstadt die Frankenpost pünktlich zu den Lesern. So auch am Montag. "Ich bin stets so ab 4 Uhr unterwegs. Nach drei, vier Stunden bin ich fertig", erzählt sie. Als sie am Montag ihr Wägelchen packte und zu Fuß losmarschierte, war es draußen noch "relativ angenehm". "Es regnete zwar heftig, und auch der Wind blies anständig. Doch da bin ich anderes gewohnt. Ich habe schon bei Blitzeis, Schneesturm und Gewitter Zeitungen ausgetragen, das war alles heftiger." Und so marschierte sie im Marktredwitzer Westen Straßenzug um Straßenzug entlang und steckte die Frankenpost in Briefkästen oder Zeitungsrollen.

Erst gegen 5 Uhr änderte sich alles. "Auf einmal entfaltete der Sturm seine volle Kraft, und zwar ausgerechnet, als ich kurz vor der Ziegler-Brücke gegenüber des Mediamarktes den Berg hoch wollte", berichtet Daniela Ertl. Die 55-Jährige kam kaum noch voran, hielt sich an einem Busch fest, um nicht buchstäblich vom Winde verweht zu werden. "Ich habe zwar versucht, die Zeitung pünktlich zu meinen Kunden zu bringen, aber es ging einfach nicht mehr." Gerade als sie ihren Mann anrufen wollte, der ebenfalls Zusteller ist, aber den Vorteil hat, mit dem Auto unterwegs zu sein, kam Martina Wendler angefahren. "Als Sturm Sabine so richtig loslegte und der Regen herunterprasselte, wollte ich meine Mitarbeiter nicht draußen rumlaufen lassen. Ich habe die völlig durchnässte Frau Ertl aufgelesen und heimgebracht." Die Zeitungen sind dann den Lesern etwas später zugestellt worden. "Ich glaube, gestern hatte jeder dafür Verständnis, dass die Frankenpost vielleicht ein wenig verspätet im Briefkasten lag."

Martina Wendler war selbst gute zehn Jahre Zustellerin, bevor sie als Vertriebs-Inspektorin die Mitarbeiter-Organisation übernahm. "Klar, auch ich bin bei Wind und Wetter unterwegs gewesen. Als Zusteller darf man nicht zimperlich sein und muss fast jedes Wetter aushalten können. Doch bei Gewitter habe ich Panik bekommen." Sie habe ein regelrechtes Trauma davongetragen, als sie eines Nachts in Lorenzreuth in ein heftiges Gewitter geraten sei. "Als irgendwo in der Nähe der Blitz eingeschlagen hat, habe ich geschrien vor Angst."

Als Zusteller gibt es aber nicht nur schlimme Nächte. Daniela Ertl zum Beispiel hatte im vergangenen Jahr ein besonderes Erlebnis. "Als ich wieder in der Nähe der Ziegler-Brücke marschierte, stand plötzlich ein Fuchs vor mir. Zunächst bin ich ziemlich erschrocken. Doch der Fuchs war harmlos. Er hat sich für mein Zustell-Wägelchen interessiert und ist dann seiner Wege gegangen." Tiere sieht Daniela Ertl häufig. "Meist Katzen oder auch Marder."

In der Nacht zum Montag haben sich übrigens alle rund 180 Zusteller im Landkreis Wunsiedel dafür entschieden, loszumarschieren und ihre Arbeit zu verrichten.

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