Reporter als Hobby-Jurist
Natürlich passieren auch den Redakteuren selbst peinliche Fehler, für die wir uns wirklich schämen. Da werden in der Hektik schon mal Bilder und Namen vertauscht. Kommt nicht häufig vor, passiert aber. Dumm ist es vor allem, wenn ein Termin falsch abgedruckt wird. Einmal musste ein armer Vereinsvorsitzender gar wegen der Frankenpost geschlagene drei Stunden vor Beginn der Jahreshauptversammlung im Vereinslokal erscheinen, weil die Zeitung aus Versehen 15 Uhr statt 18 Uhr geschrieben hatte. Damit ist bewiesen, dass ein kleiner Vertipper große Auswirkungen haben kann.
Immer wieder erstaunen Lokalredakteure ihre Mitmenschen wegen ihres schier unglaublichen Wissens (Ironie!). So saß ein Marktredwitzer Redakteur kürzlich mit Kollegen und Mitarbeitern einer Verwaltung am Mittagstisch. Irgendjemand zitierte den Bibelspruch "Suche der Stadt Bestes". Ganz beiläufig kommentierte der Marktredwitzer Redaktionsleiter "ach ja, Jeremia 29". Stille. Das konnte jetzt niemand glauben. Ist der Mann tatsächlich derart bibelfest, dass er auf Anhieb ein Bibelzitat aus dem Alten Testament dem richtigen Propheten zuordnen kann? Ja, ist er. Zumindest in diesem Fall. Wenige Tage vorher war in einem Frankenpost -Artikel über einen Pfarrer genau dieser Bibelspruch zitiert worden. Da sieht man es: Zeitungsschreiben und -lesen bildet eben doch.
Journalisten trauen sich ja viel zu. Einer aus dem Fichtelgebirge offenbar ein bisschen mehr. Der Mann ist seit Jahren Gerichtsreporter. Er ist mit den meisten Richtern und Anwälten im Amtsgericht per Du und kennt auch so einige Ganoven aus der Region. Offenbar kann er ziemlich gut einschätzen, wie ein Richter tickt. Als er einer Verhandlung beiwohnte, bei der sich der Angeklagte um Kopf und Kragen redete, obwohl der Richter einen guten Kompromiss als Urteil vorgeschlagen hatte, bat unser Reporter kurzerhand um eine Unterbrechung der Verhandlung. Etwas überrascht gab der Richter dem ungewöhnlichen Gesuch vom Mann hinterm Pressetisch statt. In der fünfminütigen Pause wechselte der Journalist schnell mal die Rolle und ließ dem erstaunten Angeklagten eine fundierte Rechtsberatung angedeihen. Wenig später ging der Klein-Ganove auf den Kompromissvorschlag des Richters ein und kam mit einem blauen Auge davon: Eine Geldstrafe und eine relativ kurze Bewährungszeit.