Die Verstärker : Wenn irgendwo verdächtige Köder auftauchen, ist das unter Hundefreunden schnell Stadtgespräch. Mit Anzeigen sind viele von ihnen zögerlich, mit Warnungen in Facebook-Gruppen, speziellen Internetseiten und Apps dagegen eher nicht. Mehr als 10 000 Meldungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat die Webseite "Giftköderradar" seit 2011 registriert. "Über die Jahre sind die Zahlen stabil bis leicht steigend", sagt Mitgründer Sascha Schoppengerd.
Fünf bis zehn Meldungen aus ganz Deutschland gehen seinen Angaben nach täglich ein. Etwa 40 Prozent davon veröffentlicht die Seite. "Beim Rest handelt es sich meist um achtlos entsorgte Lebensmittel und damit nicht um Giftköder im klassischen Sinn", sagt er. Oder es seien veraltete Meldungen, die ohne Zeitangaben in den sozialen Medien kursierten. "Die Wahrnehmung in diesem Bereich ist massiv verzerrt, und dazu tragen die Hundehalter selbst natürlich auch extrem bei", sagt Schoppengerd. Diese teilten Gerüchte über mögliche Köder oft unreflektiert.
"Das wird in den sozialen Medien gepostet und dann geht es ab", bestätigt Wolfgang Prehl vom Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg. Die Folgen bekamen die Ermittler Anfang des Jahres zu spüren, als sie vor möglichen Giftködern im Süden und Westen der Stadt warnten. Mehr als 30 verdächtige Leckerlis gaben besorgte Bürgerinnen und Bürger ab. "Da war vom Wurststück bis zum Keks alles dabei", sagt Prehl. In keinem davon konnten die Experten des Landeskriminalamts allerdings Gift finden.
Trotzdem: Kleingeredet werden sollte das Problem auf keinen Fall. Tatsache ist: Es gibt Menschen, die legen Leckerlis mit Gift, Rasierklingen, Reißzwecken oder Nägeln aus, um Hunde zu verletzen oder sogar zu töten. Aber wieso?
Die Motive : In der Regel gelingt es den Ermittlern nicht, eine Täterin oder einen Täter zu schnappen. "Das Entdeckungsrisiko ist für die Täter gering", sagt Nils Matthiesen, Polizist in Bremen. Deshalb gebe es meist keine Zeugen, die Verdächtige beschreiben könnten, und somit keine Hinweise, denen die Ermittler nachgehen könnten.
So war es auch im Frühjahr in Magdeburg. Die Polizei befragte Zeugen, Nachbarn, Hundebesitzer - ohne Ergebnis. "Ein konkreter Tatverdacht gegen eine Person kann derzeit nicht begründet werden", sagt Heidi von Hoff vom Polizeirevier Magdeburg. Über die Motive lasse sich nur spekulieren: Unstimmigkeiten mit den Hundehaltern, fehlende Empathie gegenüber Tieren, Mutproben, Aggressionsabbau oder eine pathologische Veranlagung zur Tierquälerei könnten eine Rolle gespielt haben.
Der Tierschutzbund hält ein weiteres Motiv für möglich: "Oft werden auch zwischenmenschliche Konflikte, zum Beispiel zwischen Nachbarn, über das Haustier ausgetragen", sagt Sprecherin Lea Schmitz. Dann könnte ein klärendes Gespräch helfen. Doch in den meisten Fällen helfe nur: Augen auf beim Gassigehen und dem Hund beibringen, nichts zu essen, was irgendwo rumliegt.