Amberg/Bayreuth Durch die Hölle

In Gedenken an Sophia: Beim Trauergottesdienst in Amberg Anfang August erinnert eine Karte an die getötete Studentin. Foto: Daniel Karmann/dpa Quelle: Unbekannt

Vor zehn Wochen ist die Studentin Sophia L. aus Amberg ermordet worden. Ihre Familie muss seither nicht nur mit der Trauer fertig werden.

 
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Amberg/Bayreuth - Es ist der erschütterndste Mordfall des Jahres: Am 14. Juni will die Studentin Sophia L. von Leipzig aus in ihre Heimat in der Oberpfalz trampen, doch in Amberg wird sie nie ankommen. Nicht immer, wenn ein Mensch verschwindet, ist tatsächlich das Schlimmste eingetreten, doch im Fall Sophia ist es so. Im Norden Spaniens findet man eine Woche später ihren Leichnam. Die 28-Jährige wurde ermordet.

Als dringend tatverdächtig gilt der Lkw-Fahrer, der sie bei Schkeuditz an der A 9 mitgenommen hat. Der Marokkaner, der laut spanischen Medien bestreitet, die junge Frau getötet zu haben, sitzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hat einen Auslieferungsantrag gestellt.

Zweieinhalb Monate nach der Tat scheint nun wieder Bewegung in das Verfahren zu kommen. Der Bayreuther Oberstaatsanwalt Herbert Potzel bestätigte auf Anfrage, dass die Ermittler in den nächsten Tagen neue Ergebnisse präsentieren werden. Dann dürfte es auch um die Überführung des Leichnams gehen, den die Familie der Toten verzweifelt fordert. "Es sind nun mehr als sechs Wochen, die Sie meine Schwester in Geiselhaft haben! Wie kann eine Obduktion derart lange dauern?", schrieb der Bruder auf Facebook an die zuständige Richterin in Vitoria-Gasteiz gewandt. Bislang weigern sich die Behörden, die sterblichen Überreste der Studentin nach Deutschland zu überstellen.

Hintergrund: Die spanische Polizei bezweifelt, dass die Tat in Deutschland passierte. Doch selbst wenn es so wäre, gebe es keinen Grund für die Verzögerung, findet der Bruder. Mehrere renommierte Forensiker hätten der Familie bestätigt, dass für weitere Untersuchungen nach der ersten Autopsie am Leichnam auch Gewebeproben ausreichen würden. In Sachen Tatort widersprechen die Spanier den Erkenntnissen der Ermittlungsgruppe Rastplatz. Die 15-köpfige Sondereinheit der Kripo Bayreuth arbeitet seit dem Leichenfund akribisch an der Aufarbeitung des Mordfalls. Dort geht man weiterhin davon aus, dass sich der Tatort an der A 9 befindet. "Darauf deutet vieles hin", sagt Polizeisprecherin Anne Höfer. Die Auswertung der GPS-Daten hatte ergeben, dass der Truckerfahrer auf dem Parkplatz Sperbes bei Plech im Veldensteiner Forst länger gehalten hatte.

Strittig ist bislang auch der genaue Zeitpunkt des Todes. Weil Sophias Leiche beim Auffinden zu einem Teil verbrannt war - der Trucker hatte in Spanien die Fahrerkabine seines Lkw in Brand gesetzt - erweisen sich die rechtsmedizinischen Untersuchungen als schwierig. Spanische Medien gehen davon aus, dass der Tod zwischen dem 14. und 16. Juni eingetreten sein muss. Am 14. war Sophia gegen 18.20 Uhr an der A 9 auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit fündig geworden. Kurze Zeit später schickte sie eine SMS an mehrere Freunde. "Sitze mit dem Marokkaner Bob im Lkw", schrieb sie, daneben ein Smiley. So berichtete es ihr Bruder dem "Spiegel". Danach gab es kein weiteres Lebenszeichen. Schon gegen 20 Uhr seien keine Nachrichten mehr auf ihrem Handy angekommen. Und weil in Frankreich am 17. Juni ein Fahrverbot für Lastwagen bestand, müsste der Truckerfahrer vorher noch bis Spanien gekommen sein. Das aber gilt als wenig wahrscheinlich.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des schrecklichen Verbrechens bekam die Familie des Opfers Hass-Mails und sogar Morddrohungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund. Sophias Bruder, der als Grünen-Politiker für den Bamberger Bezirkstag kandidiert, hatte in einem Brief an die Medien deutlich gemacht, dass die Nationalität des möglichen Täters nichts mit der Tat zu tun habe und geschrieben: "Sophia würde unter keinen Umständen wollen, dass auf ihre Kosten rassistische Hetze betrieben wird."

Bei einer Trauerfeier für die Angehörigen und Freunde in der Amberger Paulanerkirche, wo der Vater der Verstorbenen als Pfarrer tätig war, stellte Landesbischof Bedford-Strohm Anfang August nicht nur deren Menschlichkeit und ihren Einsatz für Flüchtlinge heraus. Er ging auch auf die Hass-Mails aus den Kreisen Rechter ein: "Es ist schwer, diesen Hass auszuhalten. Es ist schwer zu verstehen, wie Menschen in einer solchen Situation ohne jede Rücksicht auf die trauernden Angehörigen zu solchem Hass fähig sind."

Gleichzeitig erreichten die Familie auch viele Reaktionen, die von Mitgefühl und Fürsprache geprägt waren. Zu ihnen gehörte ein Essay, den die Bambergerin Nora Gomringer für die "Welt" verfasste. In Hinblick auf Sophia und ihre Angehörigen schrieb die Lyrikerin: "Die junge Frau, deren Name Weisheit bedeutete, hat eine Familie um sich, die in den Krater eines erloschenen Lebens blickt und daraus allen Ernstes und mit viel Würde neues Leben aus der Asche holt." Und weiter: "Hier machen Leute Ernst mit dem letzten Willen einer Frau, der nie geäußert, deren Leben jedoch Zeugnis war: Liebe, flüstert die Weisheit."

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