In der Grundschule in Berka vor dem Hainich in West-Thüringen bleiben am Donnerstag viele Stühle leer. Dabei war der Bus mit 22 Kindern an Bord kurz vor dem Ziel, als er gegen 7.30 Uhr auf glatter Landstraße verunglückte. Der Unfall riss zwei Achtjährige der zweiten Klasse - ein Junge und ein Mädchen - aus dem Leben, 20 weitere Kinder zwischen acht und elf Jahren wurden verletzt, fünf von ihnen schwer. Nicht nur in dem 800-Einwohner-Dorf im Wartburgkreis herrscht seither Bestürzung. «Der ganze Ort ist im Schockzustand», sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz in Eisenach. «Wenn zwei Kinder ums Leben kommen, dann bleibt die Welt einen Moment stehen», fasste Landrat Reinhard Krebs (CDU) seine Trauer in Worte.

Nach ersten Erkenntnissen der Polizei gibt es keine Hinweise auf einen technischen Defekt oder ein Fehlverhalten des Fahrers. Der Bus sei gegen 7.30 Uhr kurz vor dem Ortseingang auf glattem Kopfsteinpflaster ins Schlittern geraten und rückwärts einen Hang hinuntergerutscht, sagte der Leiter der Landespolizeiinspektion Gotha, Günther Lierhammer. Dabei habe er sich überschlagen und sei auf der Seite zum Liegen gekommen. Unterhalb des Abhangs gebe es auch einen Bachlauf, hieß es. Lierhammer betonte, dass es sich bei den Angaben «nur um erste grobe Details» handle. Die Ursachenforschung sei noch in vollem Gange.

Ob die Kinder im Bus angeschnallt waren, blieb vorerst unklar. Dazu wollten die Ermittler auf Nachfrage nichts sagen. Der Bus war unterwegs von Eisenach zur Grundschule in Berka. Der Fahrer wurde ebenfalls verletzt - er erlitt einen Schock.

Besonders bitter: Die Strecke, die der städtisch betriebene Bus regelmäßig mit den Schülern zurücklege, sei aus Sicherheitsgründen gewählt worden. So werde verhindert, dass die Kinder eine Straße überqueren müssen, hieß es auf der Pressekonferenz

Innenminister Maier betonte, dass es kein Tag zum Spekulieren sei. Die Polizei müsse den Unfall sauber analysieren und gemeinsam mit den Sachverständigen herausfinden, wie es zu dem Unfall kam. Das Gebot der Stunde sei, den Menschen erst einmal zur Seite stehen.

«Die Situation vor Ort war bedrückend», berichtete der diensthabende Einsatzleiter am Unfallort Christian Grebe. Auch die Einsatzkräfte stammten aus dem Umfeld der Kinder. Sie wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht und hatten schon die Unfallstelle verlassen, als am späten Vormittag der Leichenwagen vorfuhr. Das Buswrack selbst war da noch nicht geborgen.

Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) verwies darauf, dass es auch für die Feuerwehr Unfälle mit Kindern das Schlimmste sei, was passieren könne. Es handle sich um ein dörfliches Umfeld, erklärte Meier am Donnerstag. «Jeder kennt jeden.» Laut Karola Hunstock, der Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft, zu der Berka vor dem Hainich gehört, besuchen etwa 85 Kinder die Grundschule dort.

Die Schule wird nach Worten von Bildungsminister Helmut Holter (Linke) am Freitag geöffnet sein. Dann sollen Schulpsychologen mit den Schülern, Lehrern und gegebenenfalls auch den Eltern arbeiten, sagte er. Zusätzliche Lehrer sollen die Pädagogen vor Ort unterstützen. Den Eltern sei es aber frei gestellt, die Kinder an dem Tag in die Schule zu schicken oder sie zu Hause zu betreuen, hieß es.

Auch sollten alle Schulleiter in Westthüringen über den Unfall informiert werden, erklärte Holter. Die anderen Schulen seien teils indirekt von dem Unfall betroffen, da diese von Geschwisterkindern besucht würden. Das Ministerium schaltete eine Hotline, bei der Angehörige und Betroffene Rat suchen können.

Bestürzt äußerte sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) über das Unglück, ebenso Vertreter vieler anderer Parteien. «Zwei tote Schulkinder sind zu beklagen und ich trauere mit den Eltern und Angehörigen», schrieb er auf Twitter. «Den Verletzten wünsche ich eine schnelle Genesung und den Eltern wollen wir beistehen.»

Am Morgen kam es auch in Oberbayern zu einem Unfall mit einem Schulbus. Dabei wurden neun Kinder leicht bis mittelschwer verletzt.

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