Wirtschaft Revolution in der Hosentasche

Von Hannes Huttinger

René Seppeur will den Geldbeutel-Markt verändern. Der 26-jährige Bayreuther startet mit Space Wallet gerade durch. Dabei waren die Anfänge alles andere als einfach.

 
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Bayreuth - Geht da wirklich nichts verloren? Diese Frage muss René Seppeur häufig beantworten. Aber das sieht er entspannt. "Ängste gibt es oft", sagt der 26-Jährige. Dann beginnt seine Vorführung: Er schnappt sich ein kleines, innovatives Teil. Fuchtelt damit herum. Schüttelt es, als würde er gerade einen Cocktail mixen. Und am Ende bleibt tatsächlich alles drin - Münzen, Scheine, Karten. Seppeurs Demonstrationsobjekt nennt sich Space Wallet und ist ein Mini-Geldbeutel, der ganz und gar nicht wie ein Geldbeutel aussieht. Nicht einmal sieben Zentimeter ist er lang, nicht einmal sechs Zentimeter breit.

Seppeur ist der Geschäftsführer der Bayreuther Space Wallet GbR und gerade dabei, international durchzustarten. Kurz vor Weihnachten 2013 hatte der damalige BWL-Student mit einem Kommilitonen eine außergewöhnliche Idee: Das Duo wollte Mini-Geldbeutel auf den Markt bringen. Woher diese Gedanken kamen? "Uns ist aufgefallen, dass dicke Geldbeutel beim Sitzen sehr nervig sein können", sagt der Bayreuther. So zum Beispiel im Uni-Hörsaal. "Fast alle Studenten haben da ihren Geldbeutel auf den Tisch gelegt."

Plötzlich ging alles ganz schnell. Auf einen Prototypen und viele Gespräche mit Experten, Professoren und Mentoren aus der Wirtschaft folgte die erste kleine Produktion - 455 Stück. "In der Woche vor Weihnachten 2013 haben wir 100 Stück verkauft", erinnert sich Seppeur. "Da wussten wir, dass Potenzial vorhanden ist." Die Zahl 100 erscheint heute mickrig: Mittlerweile sind über 50 000 Space Wallets verkauft worden. Die Bayreuther haben sich ihr Produkt unter Mithilfe eines Hofer Anwalts längst patentieren lassen.

Dabei waren die Arbeitsbedingungen zunächst nicht gerade einfach. Amateurhaft sei vieles verlaufen, berichtet Seppeur. "Ich habe im ersten Jahr in meinem 20 Quadratmeter großen WG-Zimmer gearbeitet." Es war eine Studentenbude, die gleichzeitig auch als Lager für die Space Wallets diente. Stück für Stück wurde alles professioneller. So professionell, dass Seppeur mit seinem kleinen Team gerade neue und schon etwas größere Büroräume in Bayreuth bezogen hat. Dort sitzt er mit drei Werkstudenten, einer Praktikantin und dem Mitgründer Matthias Groo, der sich aus dem operativen Geschäft aber weitgehend raushält. Anfang Oktober wird Seppeur einen weiteren Mitarbeiter für den Vertrieb in Vollzeit einstellen.

René Seppeur ist ambitioniert. Seine Augen leuchten, wenn er über mittel- bis langfristige Ziele spricht. Und sein zu hundert Prozent in Deutschland hergestelltes Produkt soll europaweit in die Läden kommen. Seppeur zählt die Anzahl der Geschäfte auf, in denen seine Space Wallets bereits im Regal stehen: Deutschland 120, Belgien 35, England zehn, Italien fünf, Spanien drei. Und so weiter. Tendenz steigend. Aber nicht nur im Einzelhandel ist Space Wallet präsent, sondern auch durch einen eigenen Online-Shop.

Seppeur ist viel unterwegs. In Birmingham und Frankfurt war er zuletzt mit einem kleinen Team auf Messen. Um zu netzwerken - und um Abnehmer vom Produkt zu überzeugen. "Feedback ist mir sehr wichtig. Nur so kann ein Produkt immer besser werden", sagt der Geschäftsführer von Space Wallet.

Besser wird Space Wallet. Das belegen die Zahlen: Im Jahr 2016 peilt das junge Unternehmen einen Umsatz von einer Million Euro an. 2015 war es noch die Hälfte. Mittlerweile steckt Seppeur seine ganze Energie in die Firma. Und das muss er auch, wenn er sein großes Ziel erreichen will: "Meine Vision ist, dass Space Wallet in Europa Marktführer für kleine, innovative Geldbeutel wird."

Seppeur versichert: "Der Space Wallet ist in seiner Form weltweit einzigartig." Es gebe noch Start-ups, die kleine und innovative Geldbeutel herstellen. Diese würden aber mit anderen Konzepten arbeiten. "Eine niederländische Firma verwendet zum Beispiel Metall", sagt Seppeur.

Und Space Wallet? Der revolutionäre Geldbeutel besteht auf der Hinterseite aus einem elastischen Band, das eine deutsche Weberei fertigt, und vorne aus Nappaleder - wobei es auch vegane Versionen aus Kunstleder gibt. Generell gibt es drei Typen des Space Wallet, alle in verschiedenen farblichen Ausprägungen: von hip bis schlicht.

Aber warum sollten sich Leute überhaupt einen Space Wallet zulegen? Auch darauf muss Seppeur oft antworten. Für drei Lebensbereiche sieht er das Produkt geeignet: Sport, Freizeit und Business. Stichwort Anzug. "Da nervt es doch, wenn man einen dicken Geldbeutel im Sakko oder der Anzughose verstauen muss." Auch beim Joggen sei es angenehmer, möglichst wenig Gewicht mit sich herumzutragen. Viele Männer haben das erkannt. Sie nutzen den Space Wallet bereits. Bei Frauen sei es schon schwieriger. "Wir haben auch weibliche Kunden, die nutzen den Space Wallet aber eher als Zweitgeldbeutel", verrät der 26-Jährige.

Stundenlang könnte Seppeur noch von seinem jungen Unternehmen erzählen. Und auch von der möglichen Ausweitung seiner Firma. Ein geräuschloser Schlüsselbund oder neuartige Handyhüllen, all das könne sich der Bayreuther vorstellen. Aber noch will er sich voll und ganz auf seine Geldbeutel konzentrieren. Auf das Projekt, bei dem das finanzielle Risiko übrigens gering war: "Wir haben, bis das Unternehmen lief, nur knapp 4000 Euro investiert."

Gelohnt hat es sich für René Seppeur allemal. Heute lebt er vom Space Wallet. Und so wird er weiter europaweit auf Messen unterwegs sein. Er wird weiter mit dem kleinen Geldbeutel herumfuchteln. Und die Augen werden weiter leuchten.

Meine Vision ist, dass Space Wallet in Europa Marktführer für kleine, innovative Geldbeutel wird.

Geschäftsführer René Seppeur

Drei Varianten

Classic (die einfachste Form des Space Wallet; hat Platz für bis zu 15 Karten, über 20 Scheine und bis zu sechs Münzen)

Pull (ein Gummiband

verschließt das Extra-Münzfach; hat Platz für bis zu 15 Karten,

über 20 Scheine und bis zu zwölf Münzen)

Push (ein Druckknopf

verschließt das Extra-Münzfach; ansonsten identisch mit der Pull-Version)

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